Microsoft und Sun: Befreiungsschlag oder Sonnenuntergang?

Tatsächlich ging es dem Unternehmen vor acht Monaten besonders schlecht, als der Sun-Chef die Verhandlungen mit Microsoft aufnahm. Doch um die Kasse aufzubessern hätte es keiner zehnjährigen Technologie-Partnerschaft bedurft. Schon der Verzicht auf Rechtsmittel hätte bei Microsoft die Börsen geöffnet. Eine Rolle mag dagegen gespielt haben, dass etwas Aufsehen erregendes geschehen musste, um die Analysten davon abzuhalten, den Unix-Spezialisten in Grund und Boden zu bewerten. Darüber hinaus tut McNealy immer was er will. Wer ihm in den vergangenen Monaten zugehört hat, weiß, dass der Mann auf Innovation, auf Erfindergeist setzt. Stur haben ihn Analysen dafür gescholten, ihm geraten, abzutreten und unlukrative Bereiche wie Java abzustoßen. Nun beflügelt gerade die versprochene Interoperabilität zwischen .Net und Java die Fantasie der Branche. Interoperabilität kann bedeuten – so ein Insider – dass sich eine Reihe von Anwendungen, insbesondere wenn sie Standards wie Soap benutzen, mit beiden Techniken entwickeln lassen. Schon begeistern sich Programmierer dafür, vielleicht schon bald Microsofts Visual Studio als Frontend zum Erstellen von Java-Anwendungen zu nutzen.

Doch die Träume reichen weiter. Sie sind eingebettet in die derzeit laufende Diskussion darüber ob, und wie weit mit Konzepten wie Model Driven Architecture (MDA) die Programmierung automatisiert werden kann. Die dafür nötigen Standards können in Zusammenarbeit von Sun und Microsoft weit einfacher vorangetrieben werden. Microsoft vor Gericht zu besiegen, hätte nur die Spaltung der Lager vertieft, die Einigung jedoch dürfte nicht nur Sun, sondern der ganzen Branche neue Märkte erschließen.

Eine solche Vision würde zu Scott McNealy passen, doch aus den bislang bekannten Quellen ist sie nicht zu entnehmen. Im Gegenteil. Insider schütten Wasser in den Wein und verweisen darauf, dass eine Verschmelzung von .Net und Java – so wünschenswert sie auf lange Frist sein mag – weder auf Sun- noch auf Microsoft-Seite gewünscht ist. Beide Unternehmen wollen Konkurrenten bleiben. Helfen wird dabei, dass sie sich in verschiedene Richtungen entwickeln. Während Sun sich mit seinem Hightech-Angebot zunehmend zum Systemlieferanten für IT-Dienstleister entwickelt, ist Microsoft dabei, den Anwendungsmarkt mit Techniken zu erobern, die andere längst erfunden haben. Diese Perspektive mag es Scott McNealy leicht gemacht haben, den Friedensschluss mit Microsoft zu suchen, um mit dem Dauerstreit Ballast auf den Weg in eine eigenständige – wenn auch ungewisse – Zukunft frei zu räumen.

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3 Kommentare zu Microsoft und Sun: Befreiungsschlag oder Sonnenuntergang?

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  • Am 15. April 2004 um 19:21 von Hurricane

    Pakt mit dem Teufel!
    Also wer die taktiken die sun mit borland, netscape und auch sun versucht hat beobachtet hat der weiss eigentlich dass das ein riesenfehler von sun war.

    Mit dem umbauen und gratis verteilen einer nicht java-kompatiblen java-version haben m$ sie nicht kaputtgekriegt.
    Jetzt folgt halt plan b: Ein unvoteilhafter deal damit sun seine internas rausgibt, danach diese nutzen um sun im eigenen geschäft auszubooten.

    Die frage ist nur welcher trottel bei sun dafür verantwortlich ist bzw das unterschrieben hat. Sofort feuern sage ich!

    Ich meine den java-erfinder haben die sich ja schon geschnappt. Jetzt haben die sich warscheinlich ’n manager in die tasche gesteckt. (der nicht unbedingt rübergewechselt sein muss)

    Naja… ich hoffe wenigstens java bleibt mindestens so frei wie jetzt und verbreitet sich weiter.

    Ein gutes hat die open-source-bewegung ja: Es gibt keine firma die man angreifen kann. Auch die entwickler lassen sich nicht abwerben, weil sie das anwerben vom coden am "konkurrenzprodukt" niemals abhält.

    Die firmen können meinetwegen alle in arsch gehen. Brauchen eh mal ’ne neue wirtschaftsform…

    • Am 19. April 2004 um 12:25 von Rainer Herrmann

      AW: Pakt mit dem Teufel!
      Wenn ich das rchtig weiß macht ein Hurricane viel Wind und zerstört wahllos. Wie kann man nur so naiv sein und glauben, dass "klein und arm" grundsätzlich gut und "groß und erfolgreich" grundsätzlich schlecht ist. Die Arroganz der Leute, die Java buchstabieren können und dabei den normalen User vollkommen ignorieren geht mir schon die längste Zeit auf die Nerven. Ich habe außerhalb der IT noch nie so viele Leute erlebt, die grundsätzlich alles für schlecht halten was nicht von denen kommt, die 100% auf ihrer Wellenlänge liegen. Auch wenn sie selbst noch nie messbare Spuren hinterlassen haben, sind sie von ihren Meinungen und ihren Leistungen so überzeugt, dass sie total vergessen, dass 1. Menschen nie unfehlbar sind und 2. nicht alle solche fragwürdigen Genies sein können. Ich habe einige Installationen hinter mir und ich muss sagen, dass ich lieber mit den Problemen durch Microsoft lebe, als mit denen eines Betriebssystems, von dem es seit 30 Jahren heißt, dass es jetzt aber zum absoluten Erfolg wird – und dann ist wieder ein Bug in der Shell und wir kommen wieder zum heimeligen Spezialisten-Modus zurück.
      Ich finde, man muss die Kirche im Dorf lassen und das Maß an Arroganz etwas zurückschrauben.

  • Am 19. April 2004 um 12:06 von Rainer Herrmann

    Sun und Microsoft
    Man muss Microsoft ja nicht lieben und dass ihre Produkte zu komplex sind und damit voller Fehler ist eine Tatsache. Aber andere sind doch auch nicht besser! Sich an den Kleineren zu reiben, befriedigt aber das Ego bei Weitem nicht so gut. Keiner kann abstreiten, dass Microsoft erfolgreich ist und dass es – vielleicht die einzige – große Leistung von Gates und den Seinen war, im IT Markt Standards einzuführen und aufgrund des Erfolgs auch durchzusetzen. Erfolg bringt halt auch Neider und wenn man ihn schon selbst nicht oder nur wenig hat – wie Sun – dann verteufelt man die bösen Erfolgreichen denn man will trotzdem auch ein Stück vom Kuchen. Die Methode, das mit endlosen Klagen durchzusetzen, ist Erpressung! Das Motto heißt "Gibst du mir ein größeres Stück ab, dann gehe ich dir nicht mehr mit Klagen auf die Nerven!". So macht es so mancher – siehe der Verbrechernachlass von SCO – und natürlich sind Politiker vorne mit dabei – siehe EU-Kommission. Wegen eines Media-Players eine halbe Milliarde Euro kassieren zu wollen bestätigt voll meine Meinung. Mögen alle Neidhammel, Besserwisser und Querulanten in Zukunft ihre Energien auf konstruktive Arbeit konzentrieren, dann wird unsere Welt ein ganzes Stück leichter zu ertragen, denn Microsoft ist sicher ein kleineres Problem als diese Oberschlauen.

    rh

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