Insider-Story: Warum Novell die Unix-Rechte an SCO verkauft hat

Der Ex-Novell-Manager Joe Firmage nimmt Stellung zu SCOs Anstrengungen, Lizenzgebühren für Teile des Linux-Quellcodes zu kassieren. Firmage und SCO CEO Darl McBride kennen sich gut: Vor acht Jahren waren sie noch befreundete Kollegen.

Der aktuelle Streit zwischen der SCO Group und der Linux-Community weckt Erinnerungen an den Sommer 1995. Das war für mich eine unvergessliche Zeit – allerdings keine schöne.

Als Vice President of Strategy von Novells Network Systems Group hatte ich über ein Jahr lang an einem Plan mitgearbeitet, NetWare und Unix in ein zukünftiges Netzwerk-Betriebssystem zu integrieren. Unsere Techniker-Teams hatten bereits ein Jahr eines auf drei Jahre angelegten Entwicklungsplans hinter sich, der die Markteinführung einer bahnbrechenden gemeinsamen Plattform mit dem Namen NetWare 5 für 1997 oder 1998 vorsah.

Diese Plattform der nächsten Generation sollte den veralteten Kernel von NetWare 4, der für Datei- und Druckdienste optimiert war, durch ein ultramodernes, Intel-basiertes, 64-Bit-fähiges, nativ TCP/IP (Transmission Control Protocol/Internet Protocol) unterstützendes Unix-Betriebssystem ersetzen, das die notwendige Robustheit nicht nur für Netzwerk-Dienste, sondern auch für Anwendungen und Anwendungsentwickler bieten sollte. Die grundlegenden Datei- und Druckdienste von NetWare sollten zusammen mit seinen bewährten Diensten für unternehmensweite Verzeichnis-, Sicherheits- und Netzwerk-Verwaltung nahtlos in einen Internet-fähigen Unix-Application-Server von Weltklasse integriert werden.

Zu der Zeit war Novell dank seiner NetWare- und Unix-Produktfamilien mit weitem Abstand Marktführer bei Server-Betriebssystemen. Novell trat in den 80er und frühen 90er Jahren als Pionier bei LANs (Local Area Network) auf und erwarb dann im Rahmen seines Aufkaufs der Unix Systems Laboratories von AT&T im Jahr 1992 Unix. Ray Noorda, Novells Mitgründer, Chairman und CEO, hatte sich zum Kauf von Unix entschlossen, da er immer mehr zu der Überzeugung gekommen war, dass das NetWare-Betriebssystem nicht darauf ausgelegt war, die Art von universell einsetzbarer Plattform zu bieten, wie sie die Palette der sich rapide entwickelnden Enterprise Application Services erforderte.


RAY NOORDA

Ende 1993 entschied sich Noorda, in den Ruhestand zu gehen, und Novells neuer CEO, Bob Frankenberg, verfolgte seine Vision weiter. Doch im Verlauf der Jahre 1994 und 1995 sahen sich Frankenberg und der Rest seines Management-Teams einer zunehmend aggressiven Marketingkampagne aus Redmond, Washington, für Microsoft Windows NT gegenüber. Obwohl NT seinerzeit nicht die Funktionen bieten konnte, die ein Unternehmensnetzwerk und eine Anwendungsplattform erforderten, war die dahinterstehende Marketing-Macht überwältigend.


BOB FRANKENBERG

Im Laufe weniger Monate gewann eine Kombination aus übermäßigen Ängsten, heftigen internen Kämpfen und den unzutreffenden Argumenten einer lautstarken Gruppe von Novell-Führungskräften letztlich die Oberhand über den frustrierten Frankenberg, so dass dieser 1995 für armselige 100 Millionen US-Dollar die Lizenzrechte für Unix an SCO verkaufte, nur wenige Monate, nachdem Netscape Communications an die Börse gegangen war. Genauso wichtig war die gleichzeitige Entscheidung von Novell, jegliche Bemühungen einzustellen, mit Microsoft auf dem Gebiet der Application-Server-Betriebssysteme zu konkurrieren.

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