Weiter Gezerre um Ron Sommers Zukunft

Chef der Deutschen Telekom will nicht zurücktreten

Die Zukunft von Telekom-Chef Ron Sommer ist weiter ungewiss. Wegen der sich häufenden Rücktrittsfordungen soll womöglich in der kommenden Woche der Aufsichtsrat tagen, wie am Mittwoch aus informierten Kreisen verlautete. Eine zehnstündige Krisensitzung der Aufsichtsrats-Spitze des Unternehmens (Börse Frankfurt: DTE) hatte am Dienstag kein Ergebnis gebracht: Das Gremium war vielmehr gespalten in der Frage, wie mit den Forderungen aus der Politik nach einer Ablösung Sommers umzugehen sei.

Der Telekom-Chef lehnte einen Rücktritt ab. Die Bundesregierung gerät nun zunehmend unter Druck, rasch einen überzeugenden Nachfolger zu präsentieren. Aktionärsschützer kritisierten „wahlpolitischen Aktionismus“. Ob der Aufsichtsrat in der kommenden Woche zusammenkommt, wurde am Mittwoch zwischen den Vertretern von Arbeitnehmern und Arbeitgebern weiter diskutiert.

Wenn es dazu komme, sei Dienstag der anvisierte Termin. Mit der Krise des Unternehmens und der Zukunft von Sommer befasste sich auch die Aufsichtsrats-Spitze gestern abend. Beteiligte des zehnstündigen Treffens, in das per Telefon zeitweise auch weitere Aufsichtsratsmitglieder eingeschaltet waren, kritisierten den Angaben zufolge, dass von der Regierung kein schlüssiges Konzept für eine Zeit nach Sommer vorgelegt werde.

Es bestehe sowohl auf Arbeitgeber- wie auch auf Arbeitnehmerseite die Befürchtung, dass Unternehmensteile unter einem Sommer-Nachfolger „zu Schleuderpreisen“ verkauft werden sollten, um die hohen Schulden des Konzerns von 67 Milliarden Euro zu reduzieren, hieß es in den Kreisen weiter. Es bleibe die Frage: „Was soll der Neue machen?“ Auch Aktionärsschützer betonten, mit einem Personalwechsel an der Spitze der Telekom allein sei es nicht getan. Allerdings hätten die Märkte kein Vertrauen mehr in Sommer, von daher könne eine neue Führung ein positives Signal für einen Neustart setzen, sagte Petra Krüll von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in Düsseldorf.

Nötig sei ein möglichst neutrale und zugleich kompetente Person, um die Telekom zu führen. Sommer könne erst zurücktreten, wenn ein solcher Nachfolger gefunden sei. Die Bundesregierung betonte erneut, es sei nicht Sache der Politik, über die Personalie zu entscheiden. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering sagte allerdings, er erwarte von der Telekom-Spitze, dass sie etwas gegen den dramatischen Kursverfall der Telekom-Aktie unternehme. „Der Aufsichtsrat muss wissen, dass da Handlungsbedarf ist.“ Das hänge aber nicht an einer Person allein, betonte Müntefering mit Blick auf Sommer. Unterdessen wurde die Kritik am Verhalten der Bundesregierung lauter. Krüll warf der Bundesregierung vor, das Thema nur aufgeriffen zu haben, um Punkte im Wahlkampf zu machen.

Die Politik habe in den enttäuschten Telekom-Aktionären das Wählerpotenzial entdeckt, sagte die Aktionärsschützerin. Es stelle sich die Frage, warum Sommers Vertrag vor einem halben Jahr noch einmal um fünf Jahre verlängert worden sei. Auch FDP-Chef Guido Westerwelle bezeichnete die Spekulationen um eine Entlassung Sommers als „billiges Wahlkampfmanöver“.

Kontakt: Deutsche Telekom, Tel.: 0800/3301000

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3 Kommentare zu Weiter Gezerre um Ron Sommers Zukunft

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  • Am 10. Juli 2002 um 18:25 von Paul

    Lächerlich!
    Ich begreife nicht, warum alle auf Sommer rumhacken. Welche Aktien sind denn nicht bodenlos gefallen? Eins sollte auch klar sein: solange wir immer billiger telefonieren wollen und jedes Mal Beifall klatschen, wenn Regulierungsbehörde, Kartellamt oder sonst wer der Telekom auf die Finger klopft – solange sind sinkende Gewinne und damit auch fallende Aktienkurse vorprogrammiert. Da sollte sich niemand wundern, und Sommer kann dafür auch nichts.

  • Am 11. Juli 2002 um 7:27 von Andreas Brecht

    Sommer ist nicht im Kabinett
    Eine Entlassung Sommers demonstriert die "Handlungsfähigkeit" des Kanzlers und schlachtet einen bequemen Sündenbock. In der Tat hat Sommer jedoch nicht halb soviel Mist gebaut wie Scharping, Trittin, Riester etc. Würde der Kanzler allerdings einen seiner unfähigen Minister entlassen, wäre eine Umbildung des Kabinetts angesagt. Dann steht allerdings jeder Minister zur Disposition (oder hat auch nur einer von denen einen ordentlichen Job abgeliefert) und natürlich auch der Kanzler.

  • Am 11. Juli 2002 um 8:37 von Matthias

    Den Hauptanteil
    am Aktienschwund hat die Regulierungsbehörde und die Regierung. Die Regulierungsbehörde versagte oft genug der im Aufbau befindlichen Telekom die Unterstützung und bevorzugte Mitbewerber aus dem Ausland (AOL, Mobilcom und andere). Die UMTS Versteigerung brachte zwar auf den ersten Blick Milliarden ins Staatsäckel, über die Schuldenbelastung der Telekom aber auch einen Verlust in Aktien für den Hauptaktionär Staat, der sich gewaschen hat. Damit entzog der Hauptaktionär der Telekom Mittel, die sie für einen weiteren schnellen Ausbau seiner Stellung auf der Welt gebraucht hätte. Für all das kann Ron Sommer nichts. Bei den Verwandten Post sieht das nun ähnlich aus. Anstatt Gewinne aus dem Postgeschäft für den weiteren Ausbau der globalen Präsenz ausgeben zu können, verliert man auf Grund eines Beschlusses der Regulierungbehörde Milliarden und kann nicht weiter an der Globalisierung teilhaben oder und muss Leute entlassen. Danke SPD solche Nachrichten helfen sicher im kommenden Wahlkampf zu punkten.

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