Chef der STRATO-Mutter TELES: „Viele Firmen sind an einer Zusammenarbeit interessiert“

ZDNet sprach mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden von Strato und Vorstandsvorsitzenden von Teles, Professor Sigram Schindler, über die Entwicklung bei KPNQWest und der Zukunft des Strato-Rechenzentrums

Seit mehreren Jahren betreut KPNQWest die Strato-Server in seinem Karlsruher Rechenzentrum exklusiv. Jetzt ist KPNQWest Deutschland insolvent und die Kunden fragen sich, wie es jetzt weitergeht. Dazu kommt, dass Hauptkonkurrent 1&1 selbst ein Angebot für das KPNQWest Rechenzentrum vorgelegt hat.

ZDNet: Ende Mai hat Strato in einer Pressemitteilung angekündigt, dass man die aktuelle Finanzkrise bei KPNQWest nutzen will und dabei einige bekannte Firmen – darunter Microsoft, Intel, Cable & Wireless und IBM – genannt. Was steckt hinter dieser Ankündigung und wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen?

Schindler: Die Anbieter sind sehr interessiert und mehrere von Ihnen haben bereits eine due dilligence (übersetzt: Überprüfung mit angemessener Sorgfalt, die Redaktion) bei KPNQwest durchgeführt. Gegebenenfalls würden wir das Rechenzentrum zunächst alleine übernehmen. Jedenfalls ist unserem Konkurrenten 1 & 1 bzw. der United Internet eine etwaige Übernahme des Rechenzentrums gerade per einstweiliger Verfügung gerichtlich untersagt worden. Zu den Verhandlungen mit unseren Gesprächspartnern kann ich zurzeit nicht mehr sagen.

ZDNet: Schon Ende letzten Jahres hatte Strato Verhandlungen mit einem „großen Webhosting-Anbieter“ angekündigt. Was ist aus diesen Verhandlungen geworden?

Schindler: Diese Verhandlungen laufen weiter. Der andere Anbieter müsste auf seiner Seite noch ein paar Änderungen vornehmen und der Vorgang ist recht kompliziert, daher dauert es länger als von uns erwartet. Es kann auch sein, dass es zu Überlappungen mit den neuen Verhandlungen kommt, das müssen wir dann im Einzelnen sehen.

ZDNet: In einer der letzten Pressemitteilung hat Strato angekündigt, dass man das KPNQWest Rechenzentrum nicht „alleine schultern“ wolle. Warum diese Kehrtwende? Bisher wurden doch Ihre Server auch ausschließlich von KPNQWest betreut.

Schindler: Wir hatten schon immer die Strategie mit einem Blue Chip zusammenzuarbeiten und vor drei Jahren sah KPNQWest auch genau so aus. Heute sind wir schlauer und werden viel mehr auf die Cash Position achten. Wir betreuen mit unserem Mitbewerber 1&1 rund 60 – 70 Prozent der deutschen Internet-Domains und hier muss eine solide Lösung für den deutschen Mittelstand in Deutschland gefunden werden. Firmen wie Intel und Cable & Wireless sind Großkonzerne, bei denen das Risiko einer Insolvenz deutlich geringer ist als selbst bei uns, die wir „nur“ über rund 35 Millionen Euro Free Cash verfügen. Wir suchen also für die Zukunft Partner, die sehr viel Geld – im Milliarden-Bereich – zur Verfügung haben und schon seit Jahren sehr erfolgreich sind.

ZDNet: In den Pressemitteilung von Strato ist immer wieder vom „Strato-Rechenzentrum“ die Rede. Aber die Server stehen doch immer noch bei KPNQWest in Karlsruhe. Wie kommt das zusammen? Werden die Server nur von Strato-Mitarbeitern betreut oder wie?

Schindler: Strato macht mit seinen Servern den allergrößten Teil des Rechenzentrums von KPNQWest in Karlsruhe aus. Die Server werden von KPNQWest Mitarbeitern betreut. Bei uns sind es Mitarbeiter der Cronon AG (einer Teles Tochter), die mit ihnen sehr gut zusammenarbeiten.
Die KPNQWest-Mannschaft hat damals unter dem Namen Xlink Pionierarbeit geleistet und wir wollen dies würdigen. Die Mitarbeiter sollen wieder eine Zukunft bekommen.

ZDNet: Strato hat vor kurzem vermeldet, dass man die eigenen Server in Zukunft zusätzlich über Lamdanet- und Cable & Wireless-Leitungen ans Internet anschließen will. Bisher lief alles über den Euroring von KPNQWest, der bekanntlich von der Abschaltung bedroht ist. Warum hat nicht schon viel früher für eine solche Absicherung gesorgt?

Schindler: Es gab bisher einen Exklusiv-Vertrag mit KPNQWest und deswegen konnten wir keine zusätzlichen Leitungen verlegen. Deren Insolvenz war für uns quasi die Chance, endlich zusätzliche Leitungen in Betrieb zu nehmen und diese haben wir dann auch schnell genutzt. Wir versuchen dies seit Frühjahr letzten Jahres. Wir rechnen nicht mit einer Abschaltung des Eurorings von KPNQWest und wir wollen die neuen Leitungen für ein Load Balancing nutzen, um die Ausfallsicherheit zu erhöhen.

ZDNet: Mit Frühjahr letzten Jahres meinen Sie wohl den Ausfall kurz nach der CeBIT. Damals wurde ja unter anderem versprochen, dass man das Rechenzentrum an einem anderen Ort spiegeln will. Dies ist aber scheinbar bis heute nicht passiert, oder?

Schindler: Teilweise ist es passiert. KPNQWest hat Teile der Daten wirklich in München gespiegelt, aber nicht das komplette Rechenzentrum. Wir haben nach dieser letzten großen Panne gerichtlich einen Gutachter durchgesetzt, der sich die Anlage genau anguckt und daraus haben wir sehr interessante Erkenntnisse gewonnen.

ZDNet: Wenn Sie nun schon gerichtlich einen Gutachter durchsetzen müssen, muss das Verhältnis zwischen Strato und dem Hosting-Partner KPNQWest sehr angespannt sein. Warum hat man dann nicht einfach gekündigt und sich einen neuen Partner gesucht?

Schindler: Das Verhältnis zwischen Strato und KPNQWest ist seit Herbst letzten Jahres sehr angespannt. Wir haben auch schon seit diesem Zeitpunkt angeboten, das Rechenzentrum komplett zu übernehmen und die Verträge waren schon fast unterschriftsreif, aber dann wurde alles wieder verschoben, weil KPNQWest unglaubliche finanzielle Forderungen ans uns gerichtet hat. Der Umzug von zwei Millionen Domains kann nicht von heute auf morgen erfolgen, dies erfordert lange und sehr genaue Planungen.

ZDNet: Hat denn Strato dem Insolvenzverwalter schon ein Angebot für das KPNQWest-Rechenzentrum vorgelegt und wie möchte Strato das Rechenzentrum dann weiterentwickeln?

Schindler: Ja, wir haben bereits ein Angebot eingereicht und wollen das Rechenzentrum dann mit einem anderen starken Partner übernehmen. Wir als Strato sind viel flexibler als eine Firma Microsoft oder eine Firma Intel und könnten daher das Rechenzentrum sofort allein übernehmen, um es später mit einem Bluechip weiterzuentwickeln. Wir möchten dann in Zukunft das volle Programm, also auch Dedicated Server und weitere interessante Dienste anbieten, die es in dieser Form in Deutschland noch nicht gibt. Wir werden aber unseren Kunden nicht das Einstellen von eigenen Server anbieten.

ZDNet: Intel hat uns auf Anfrage bestätigt, dass es Gespräche mit Strato gibt. Würden denn Intel dann auch Ihre SUN-Server übernehmen oder muss dann die Plattform gewechselt werden?

Schindler: Intel kommt grundsätzlich mit jeder Plattform zurecht, ein Plattform-Wechsel würde – wenn überhaupt – nur sukzessive passieren und nicht von heute auf morgen. Wichtig ist für uns, welche neuen Dienste wir anbieten können. Wir sind davon überzeugt, dass das Thema Sicherheit eine immer wichtigere Rolle spielen wird und wollen hier entsprechende Dienste anbieten.

ZDNet: Unter den Bietern für das KPNQWest Rechenzentrum in Karlsruhe befindet sich auf Ihr Hauptkonkurrent, die 1&1 Internet AG. Sie stehen da kartellrechtliche Bedenken, 1&1 kann diese mit seinen Anwälten nicht sehen. Abgesehen davon: Was machen Sie, wenn 1&1 den Zuschlag erhält und dann in Zukunft auf die Strato-Server betreut.

Schindler: Die Position ist meines Ermessens für 1&1 völlig aussichtslos. Wir haben aber selbst für diesen Fall Notfallpläne erarbeitet, aber das sind reine Vorsorge-Maßnahmen.

ZDNet: Wie erklären Sie sich das Angebot von 1&1? Ein Marketing-Gag, um die Strato-Kunden zu verunsichern und möglichst viel von der Situation zu profitieren?

Schindler: Nein, wir glauben einfach, dass 1&1 nicht umfassend beraten wurde. Wir haben in Berlin sehr gute Anwälte und die deutsche Rechtsprechung ist größtenteils auf unserer Seite, auch wenn dies für die Kunden nicht so einfach zu erkennen ist.

ZDNet: Kommen wir zum Schluss noch zu dem Ausfall Ihrer Datenbank-Server in der letzten Woche. Erst wurden Wartungsarbeiten angekündigt, dann plötzlich neue Server aufgesetzt. Was ist da genau passiert?

Schindler: Der bisherige Datenbank-Server war völlig überlastet und sollte durch neue Server ersetzt werden. Zunächst waren zwei Termine für die Umstellung vorgesehen, doch beim zweiten Termin wurde entschieden, dass noch ein dritter Termin notwendig ist. Eins können wir aber definitiv ausschließen: Es ist zu keinem Zeitpunkt zu Datenverlusten gekommen, die durch uns zu verantworten wären. Unsere Datenbank-Server arbeiten einwandfrei.

Kontakt:
Teles, Tel.: 030/3992800 (günstigsten Tarif anzeigen)
1&1, Tel.: 01805/605405 (günstigsten Tarif anzeigen)

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2 Kommentare zu Chef der STRATO-Mutter TELES: „Viele Firmen sind an einer Zusammenarbeit interessiert“

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  • Am 20. Juni 2002 um 9:48 von BigBrother

    Strato, nie wieder!
    Am Anfang dachte ich Strato wäre besser als sein Ruf. Doch heute bin ich zu tiefst enttäuscht. Gute Angebote, schlechter bis nichtvorhandener Support.

    Man kommt z.B. tagelang nicht an seine e-mails heran usw.

    Da ist die KPNQuest Pleite nur noch das I- Tüpfelchen.

    "Es ist zu keinem von uns zu verantwortenden Datenverlust gekommen."

    Also lässt das den Schluss zu, das es doch zu Datenverlusten gekommen ist und man jetzt die Schuld von ich weist.

    Für mich ist Strato ein für allemal gestorben.

  • Am 20. Juni 2002 um 18:58 von Matthias

    Ärger gibts bei jedem
    auch wenn man es nicht glauben will, es gibt keine 100% ig sichere Software oder Hardware und jedes Unternehmen hat da so seine Probleme. Strato hat sich zu lange an einen defizitären Partner gehangen und die haben alles getan um Ihre Kosten zu reduzieren. Dafür bezahlt man halt nur sehr wenig für das Hosting. Wer etwas besseres haben will, muss in dem Bereich auch mehr bezahlen. Ich habe seit 2 jahrwe bei Strato noch keine Daten verloren und konnte immer Emails holen. Ich habe allerdings meine Daten auch zusätzlich selbst noch mal gespiegelt auf CD-RW’s liegen, das heißt mein Webangebot kann jederzeit neu eingespielt werden. Wer anders verfährt, begeht in meine Augen sowieso Harakiri.

    MfG Matthias

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