Microsoft nutzt Diplomatie in China

Microsoft setzt in China auf Diplomatie, um Software-Piraterie auszumerzen und der wachsenden Beliebtheit von Open-Source-Software Einhalt zu gebieten.

Der Software-Gigant aus Redmond, Washington, umwirbt offizielle Regierungsvertreter, stiftet Geld für Bildungsprojekte und investiert in Joint Ventures mit lokalen Firmen, so Jun Tang, Präsident von Microsoft China. Noch vor wenigen Jahren hatte die Firma mit weitverbreiteter Software-Piraterie zu kämpfen sowie mit Anschuldigungen von ihrem ehemaligen Top-Manager in China, dass die Firma ihre chinesischen Kunden übervorteile.

„Wir haben gerade einen Vertrag mit dem Staatsrat unterzeichnet [Chinas wichtigstem Regierungsorgan]“, sagt Tang. „Jetzt benutzen sie dort alle Microsoft-Produkte.“

Und dennoch, das Unternehmen muss sich mit den Gegebenheiten des Marktes in China zurechtfinden. Linux holt hier auf. Anfang des Jahres gab die Asien-Pazifik-Filiale des Marktforschungsinstituts Gartner bekannt, dass 15% aller Firmen in der Region – Japan ausgenommen – im vierten Quartal 2001 Linux benutzten, im Vergleich zu 5 bis 7% im Jahr davor.

Und der Reiz von Linux war besonders anziehend für Regierungen, die fürchten, zu stark auf das in den USA ansässige Microsoft angewiesen zu sein. Am Montag gaben sowohl die deutsche als auch die Regierung von Taiwan bekannt, ernsthafte Anstrengungen in Richtung Open-Source-Software zu unternehmen. Und China ist auch dabei.

Ende vergangenen Jahres wies die Stadtverwaltung von Peking ein Gebot von Microsoft zurück und gab Red Flag Linux, einem lokalen Linux-Entwickler, den Zuschlag für einen Vertrag über E-Government im Umfang von 2000 Desktop-Betriebssystemen.

„Ehrlich gesagt ist der Vertragswert recht gering, aber die Auswirkungen sind groß“, sagt Liu Bo, CEO von Red Flag. Die Regierung ist der größte Käufer von Software, und die dort gesammelten Erfahrungen werden häufig für private Firmen genutzt. Seit dem Kauf haben einige Hersteller PCs mit der Linux-Version von Red Flag auf den Markt gebracht. „In China hat außer Legend fast jeder OEM-Hersteller – Founder, Great Wall, TCL – einen Vertrag mit uns unterzeichnet“, so Liu.

Bei Servern arbeiten das nationale Wissenschaftsministerium, das Statistikministerium und die National Labor mit Linux. Und IBM, Hewlett-Packard und Legend verkaufen Server mit der Red Flag-Version des Betriebssystems. Die Regierung forciert Forschung und Investitionen in Open-Source-Software, was auch bei der chinesischen Akademie der Wissenschaften, der führenden Universität in China, höchste Priorität hat.

„Sie [Microsoft] sind einfach zu arrogant“, sagt Liu, der als geschäftsführender Direktor für anderthalb Jahre für Microsoft China arbeitete, bevor er im Jahr 2000 zu Red Flag ging. „Microsoft denkt: ‚Wir sind die Nummer Eins. Also müsst Ihr unsere Produkte kaufen.'“

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