E-Business: Die Gefahr zu großer Zurückhaltung

Es gibt nichts Besseres als eine Rezession, um die Finanzierung innovativer IT-Programme zu stoppen. Doch ist diese zurückhaltende Einstellung die richtige Strategie?

Es gibt nichts Besseres als eine Rezession, um die Finanzierung innovativer IT-Programme zu stoppen.

Nach einem ungefähr neun Jahre währenden blühenden Wachstum der Investitionen im IT-Bereich, welches vom wirtschaftlichen Aufschwung der 90er Jahre herrührte, überdenken Unternehmen angesichts der ernüchternden Aussichten einer rückläufigen Wirtschaftslage die Planung ihrer Ausgaben für IT und E-Business nun noch einmal ganz genau. Einige der jüngsten Untersuchungen und Prognosen bezüglich der Ausgaben im Technologiebereich belegen dieses vorsichtige Investitionsverhalten.

Laut einer Studie der Gartner Group vom Januar 2002 stagnierten die Ausgaben für IT im Jahr 2001, nachdem es im Jahr 2000 noch einen Gesamtanstieg um 16 Prozent gegeben hatte. „Dieser Rückgang fiel erheblich stärker aus, als wir vorhergesagt hatten: 250 Milliarden US-Dollar weniger IT-Investitionen als erwartet“, so der Bericht. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine im Dezember 2001 veröffentlichte Studie der Meta Group IT, die feststellt, dass die Ausgaben in diesem Bereich im vergangenen Jahr nur um 0,1 Prozent gestiegen waren.

Wird sich an dieser Situation 2002 etwas ändern? Kaum.

Die Meta Group prognostiziert für 2002 einen geringen Anstieg der Unternehmensausgaben im IT-Bereich. Morgan Stanley geht davon aus, dass die IT-Ausgaben 2002 um 1,5 Prozent und die IT-Budgets um 2 Prozent anwachsen werden. Gartner vermittelt etwas mehr Optimismus: Hier wird ein Anstieg der IT-Ausgaben um 7 Prozent in diesem Jahr und um 10 Prozent im kommenden Jahr erwartet, wobei von einer Erholung ab der Jahresmitte ausgegangen wird. Dennoch stimmen alle Prognosen darin überein, dass das Wachstum im Jahr 2002 weit hinter dem des Jahres 2000 zurückbleiben wird.

Die neuerdings eher zurückhaltende Einstellung gegenüber Investitionen im IT-Bereich stellt eine kalte Dusche für den enormen Boom im E-Business dar. „Es liegt auf der Hand, dass mit den großzügigen E-Commerce-Ausgaben nun Schluss ist“, sagte Chris Brahm, Vice President von Bain & Company. „Während der vergangenen beiden Jahre waren die IT-Investitionen durchschnittlicher Unternehmen nahezu doppelt so schnell gestiegen wie deren Einnahmen.“ Dies stellt eine abrupte Umkehr der Geschäftsstrategien dar, wenn man bedenkt, dass noch bis vor kurzem die Unternehmen alles daran setzten, ihre Strukturen den radikalen Veränderungen anzupassen, die man vom Internet erwartete. Dagegen lautet die Devise für den Bereich E-Business im Jahr 2002 laut Marc Cecere, Research Manager bei der Giga Information Group, wie folgt: „Die Reduzierung der IT-Kosten stellt den wirksamsten und einflussreichsten Einzelfaktor für Einsparungen dar.“

E-Business umfasst eine breite Palette von Anwendungen, weshalb es Unterschiede hinsichtlich des Wachstums in den verschiedenen Kategorien geben könnte. Die Analysten liefern jedoch keine einheitlichen Prognosen zu den jeweiligen Ausgabestrategien in den einzelnen E-Business-Kategorien. Eine von Morgan Stanley im Dezember 2001 veröffentlichte Umfrage unter CIOs ergab, dass 37 Prozent von ihnen aus einer Liste von 50 IT-Bereichen E-Commerce als wichtigsten Sektor für das Jahr 2002 betrachteten. Software für Customer Relationship Management (CRM) und die Erweiterung von Websites rangierten auf dem siebten Platz, während Software für Supply Chain Management von den befragten CIOs erst an 32. Stelle genannt wurde.

Eine Untersuchung der Meta Group deutet darauf hin, dass 2002 ein Anstieg der IT-Ausgaben vor allem in den Bereichen Systemintegration, CRM, Sicherheit, Netzwerke und ERP zu verzeichnen sein wird. Meta sieht das Wachstum hinsichtlich der Systemintegration durch „den ständigen Bedarf der Unternehmen nach Unterstützung bei CRM, E-Business und anderen Projekten mit hohem Integrationsaufwand“ begründet.

Gartner wiederum geht davon aus, dass die IT-Ausgaben bis einschließlich 2003 in den Bereichen E-Commerce, CRM und ERP unter dem Durchschnitt liegen werden, während u. a. in mobile Infrastrukturen, Sicherheit sowie Collaborative und Content Management mehr investiert werden wird.

Zumindest scheint man darin einig zu sein, dass die Unternehmen erheblich weniger als früher in E-Business investieren werden. Doch stellt das Kürzen von Ausgaben nur eine bloße Reaktion und keinesfalls eine durchdachte Geschäftsstrategie dar. Seit dem 11. September sind fast fünf Monate vergangen, und noch immer warten zahlreiche Unternehmen ängstlich auf Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung, bevor sie sich auf einen Kurs für die Zukunft festlegen wollen. Doch aus Zurückhaltung wird schnell ein übertriebenes Zaudern – man darf nicht vergessen, dass übervorsichtige Unternehmen leicht gegenüber wagemutigeren und innovativeren Konkurrenten ins Hintertreffen geraten.

Der ideale Zeitpunkt, um Wettbewerber aus dem Rennen zu werfen, ist dann gekommen, wenn diese ohne klare Konzepte dahindümpeln. Marktführer sind stets diejenigen Unternehmen, welche die jeweils aktuellen Geschäftsmodelle ihrer Konkurrenz genau kennen und auf dieser Grundlage einen ganz neuen Vorstoß wagen. Technologie spielt hierbei häufig eine wichtige Rolle, da sie oftmals den Ausgangspunkt für die Erneuerung von Geschäftsmodellen darstellt.

Es steht außer Zweifel, dass E-Business-Projekte einen erheblichen Wettbewerbsvorteil schaffen können, wenn sie geschickt an die allgemeine Marktposition und Geschäftsstrategie des jeweiligen Unternehmens angepasst werden. Clevere Unternehmen mit klaren Visionen werden genau deshalb weiter in den Bereich E-Business investieren, weil dessen gegenwärtiger Rückgang es ihnen ermöglicht, zögerlichere Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen.

Seien Sie daher vorsichtig, wenn Sie Ihre E-Business-Plänen auf Eis legen wollen. Überlegen Sie lieber, ob nicht eines dieser Projekte geeignet wäre, Ihre Mitbewerber auszustechen und sich eine gute Position für bessere Zeiten zu sichern. Andernfalls sollten Sie vor Ihrer Konkurrenz auf der Hut sein.

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