Prozeß: Microsoft-Manager verstrickt sich in Widersprüche

Auch Dan Rosen gelingt es nicht, den Software-Konzern zu entlasten

Erneute Prozeß-Pleite für Microsoft: Mitten in der Befragung des Firmenmanagers Dan Rosen brach der Chefankläger im Kartellrechtsprozeß gegen Microsoft (Börse Frankfurt: MSF), David Boies, ab. Er hatte sein Ziel erreicht: Rosen hatte sich selbst widersprochen.

Der General Manager der Abteilung New Technology bei Microsoft sollte klären helfen, was wirklich am 21. Juni 1995 in einem Meeting zwischen der Netscape- und der Microsoft-Führungsriege geschah und wer wem ein Angebot über die Aufteilung des Marktes machte. Netscape-Boß Jim Barksdale hatte ausgesagt, Bill Gates habe dies vorgeschlagen, mehrere Microsoft-Zeugen hatten ihn der Lüge bezichtigt.

Rosen, damals ebenfalls anwesend, berichtet in einem Schreiben vom 22. Juni 1995 an Bill Gates, daß eines der Hauptziele des Treffens gewesen sei, „Microsoft als Besitzer des Internet“ durchzusetzen. Das hätte aber nicht bedeutet, so Rosen, daß man Netscape habe schaden wollen. Vielmehr habe man den Browser-Rivalen unterstützen wollen.

„Besitzen bedeutet also unterstützen?“ fragte der Richter Thomas Penfield Jackson. Nachdem Rosen die Frage bejaht hatte, verdrehte der Richter die Augen und legte den Kopf in den Nacken.

Im Anschluß erklärte Rosen noch, einen „Browser-Krieg“ habe es nie gegeben. Bei Microsoft habe niemals jemand dieses Wort benutzt, schließlich habe es doch das Abkommen mit Netscape-Boß Barksdale gegeben. So sei Netscape niemals, auch nicht in den Jahren 1995 bis 1997, ein wirklicher Rivale gewesen.

Als Boies den Microsoft-Zeugen mit den Aussagen seiner Kollegen Paul Maritz und Brad Chase sowie seines Chefs Bill Gates konfrontierte, wonach man durchaus in einem „Wettbewerb“ mit Netscape gestanden habe, meinte Rosen lediglich, da sei man eben anderer Ansicht gewesen.

Daraufhin legte Boies eine E-Mail von Rosen selbst vor, in der von Netscape als „Bedrohung“ die Rede war. Rosen zum Richter: „Ich weiß nicht, wie fair es ist, mich zu einer Mail zu befragen, die ich nie abgeschickt habe.“

In der Mittagspause wurde dann klar, daß die Mail durchaus abgeschickt worden war. Vom Richter am Nachmittag darauf angesprochen, erklärte Rosen: „Ich sagte, ich habe geglaubt, sie niemals abgeschickt zu haben.“

Jackson hatte zu Beginn der gestrigen Verhandlung eine Prozeßpause um den 26. Februar herum angekündigt – abhängig davon, wie lange die letzten drei Microsoft-Zeugen für ihre Aussagen brauchen. Das Verfahren soll dann erst ab Mitte April fortgesetzt werden.

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Kontakt: Microsoft, Tel.: 089/31760

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