Interview mit AMD-Chefentwickler Dirk Meyer

CNET: Digital Equipment war ein interessantes Unternehmen. Jede Menge Ideen für Chip-Design – Multi-Threading, die Integration des Speicher-Controllers – scheinen von Digital zu stammen. Was war damals los? Können Sie den Ursprung des Opteron bis Digital zurückverfolgen?

Meyer: Ich möchte keine bestimmten Produkte von AMD bis zu Digital zurückverfolgen, aber Digital verfügte einfach über ein in allen möglichen Bereichen unglaublich talentiertes Ingenieurs- und Technikerteam. Man braucht sich nur einmal in der Branche umzusehen und zu schauen, was die Leute gemacht haben, die von Digital kamen. Der Intel StrongArm wurde zum Beispiel von einigen Leuten entwickelt, mit denen ich am Alpha gearbeitet habe. Es war einfach eine unglaubliche Umgebung.

CNET: Ist Hypertransport nicht ursprünglich aus dem Alpha hervorgegangen?

Meyer: Ich glaube, Sie verwechseln das mit dem ersten Athlon, der den Frontside-Bus des EV6 beinhaltete. Hypertransport war größtenteils eine Erfindung von AMD.

CNET: Ich dachte, er sei von einer Alpha-Gruppe gekommen.

Meyer: Alpha Processors war eine hundertprozentige Tochterfirma von Samsung. In einem Versuch, den Alpha-Markt größer als Digital werden zu lassen, war API damit beschäftigt, Chipsätze und Hardware zu kreieren. Da sie Chipsätze mit dem EV6-Bus bauten und wir gleichzeitig mit dem EV6-Bus beschäftigt waren, hatten wir also einen Grund, API zu besuchen. Von Hypertransport waren wir noch weit entfernt aber wir sind sehr gut miteinander ausgekommen. Einige dieser Ingenieure haben beträchtlich zur Hypertransport-Spezifikation beigetragen. Als Samsung schließlich API schloss, haben wir alle API-Ingenieure eingestellt. Unser Design-Center in Boston besteht nur aus Leuten von API.

CNET: Aber wie kann man vermeiden, dass das, was Digital widerfahren ist, auch AMD widerfährt? Die Leute waren sehr talentiert und hatten großartige Ideen. Trotzdem sind sie nie über einen Marktanteil von vier bis fünf Prozent hinausgekommen.

Meyer: Digital befand sich in einer schlimmen Falle. Die Firma entstand im Kontext der alten, vertikal integrierten Computer-Firmen, in deren ökonomischen Modell es darum ging, teure Mini-Computer mit hohen Gewinnspannen an eine feste Stammkundschaft zu verkaufen. Wie wir alle wissen hat sich die Computer-Branche zu einer horizontal integrierten Branche verändert und besteht heute nicht mehr aus vertikal integrierten Unternehmen. Digital ist es nie gelungen, sich aus dieser Falle zu befreien. Und obwohl Alpha eine wunderbare Technologie war, ist es Digital nie gelungen, den Alpha über den eigenen Markt hinaus wachsen zu lassen. Dies führte zum Untergang dieses Geschäftsmodells.

Interessant ist jedoch, dass es Sun sehr viel erfolgreicher gelungen ist, Sparc groß genug zu bekommen, um als Basis für ein Unternehmen dienen zu können. Ich glaube aber, dass heute viele Leute Suns Geschäftsmodell in Frage stellen.

CNET: Themawechsel. Die Desktop-Version des Athlon-64-Chips wird frühestens im September auf den Markt gebracht werden. Warum diese Verzögerung?

Meyer: Das hat verschiedene Gründe. Wir wollten unsere Energien auf den Opteron konzentrieren, da er für uns eine Gelegenheit darstellt, in einen neuen Markt vorzudringen. Eine weitere Dimension ist, dass die Fähigkeit des Barton (eine neue, im Februar erschienene Version des Athlon-Chips) unsere Erwartungen ein klein wenig übertraf. Wir sind dadurch in der Lage, den Barton im oberen Bereich des Desktop-Marktes zu verkaufen. Unter der Voraussetzung, dass wir also in der Lage sind, den Barton in allen Preissegmenten anzubieten, gibt es keine dringende Notwendigkeit, den Athlon 64 auf den Markt zu bringen. Von einem geschäftlichen Standpunkt aus war es also für uns sehr sinnvoll, unsere Ressourcen auf den Opteron zu konzentrieren.

Konzeptuell ist vorgesehen, den Athlon 64 ganz oben im Markt einzuführen und ihn dann langsam nach unten durchlaufen zu lassen. Ungefähr genauso schnell, wie unsere Prozessoren für gewöhnlich im Markt nach unten wandern. Man kann zurückgehen, sich unseren Produktverlauf anschauen und den Athlon 64 an der gleichen Grafik entlang zeichnen.

CNET: Nun wird er aber zur gleichen Zeit wie der Prescott erscheinen, der nächste wichtige Chip von Intel. Seit Jahren reden Hector (Hector Ruiz, CEO von AMD) und Jerry Sanders (Gründer von AMD) nun schon über den Vorteil von AMD in Bezug auf die Größe des Die und dass kleinere Chips niedrigere Kosten verursachen. Der Prescott wird ein 90 Nanometer Chip sein. Der Athlon 64 wird auf 130 Nanometern erscheinen. Wird der Vorteil der Die-Größe dadurch verschwinden?

Meyer: Es ist vielleicht etwas irreführend, einen Chip von 130 nm mit einem von 90 nm zu vergleichen. Vergleicht man Technologien, 130 mit 130 und 90 mit 90, haben wir einen Vorteil bei der Größe des Die. Ich gehe davon aus, dass dies auch in Zukunft so sein wird.

Es war auch schon häufiger der Fall, dass Intel eine neue Technologie – sei es 180 oder 130 oder 90 – kurz vor uns auf den Markt bringt. Wir folgen jedoch sehr schnell nach und können unsere Produktion letztendlich sehr viel schneller umstellen. Den Übergang von 180 auf 130 erledigten wir im Verlaufe von nur zwei Quartalen. Es ist eine Frage, die sich nur sehr schwer beantworten lässt, wenn man sich gerade mitten im Übergang von einer zu einer anderen Technologie befindet.

CNET: Im Hinblick auf die Größe könnte das Verhältnis zwischen den beiden Chips zu Beginn also etwas ausgewogener sein, aber wir reden doch hier auch über geringe Mengen.

Meyer: Das ist richtig.

CNET: Hector Ruiz sprach kürzlich auch darüber, dass AMD-Ingenieure und Entwickler ins Hinterland von New York wechseln, um bei IBM die Mikroprozessor-Technologie der Zukunft zu entwickeln. Wie viele Ihrer Ingenieure befinden sich momentan bei IBM?

Meyer: Unser Semiconductor Development Center in Sunnyvale (Kalifornien) beherbergte sowohl die Entwicklung von Flash-Speicher als auch die Logiktechnologie-Entwicklung. SDC stellt diesen Bereich momentan so um, dass hier nur noch Flash untergebracht ist. Währenddessen wird unsere Logiktechnologie-Entwicklung gemeinsam mit IBM fortgeführt werden und eine Reihe von AMD-Ingenieuren wird in East Fishkill (New York) arbeiten. Schließlich wird diese Technologie in unseren Produktionsanlagen eingesetzt werden.

CNET: Es sind also die Leute der Logikentwicklung und nicht die Prozessor-Designer, die nach New York gehen?

Meyer: Es sind ausschließlich die Leute, die Fertigungsprozesse entwickeln.

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