US-Regulierer wollen Facebook-Börsengang untersuchen

Die Emissionsbanken sollen Großanleger noch vor dem Börsengang über sinkende Gewinnaussichten Facebooks informiert haben. SEC und FINRA kündigen Ermittlungen an. Der US-Bundesstaat Massachussetts lädt die Emissionsbank Morgan Stanley vor.

Die beiden wichtigsten US-Behörden, die für die Regulierung der Finanzbranche zuständig sind, wollen die Umstände des Börsengangs von Facebook untersuchen. In der Kritik steht neben der US-Börse Nasdaq vor allem Morgan Stanley als maßgebliche Emissionsbank, die offenbar wider besseres Wissen einen überhöhten Ausgabepreis angesetzt hatte. Außerdem sorgte die Nasdaq durch technische Probleme ihrer vollelektronischen Handelsplattform schon am ersten Tag für enttäuschte und aufgebrachte Anleger.

Besondere Aufmerksamkeit erregten Berichte darüber, dass Morgan Stanley ebenso wie JP Morgan und Goldman Sachs noch während der IPO-Werbetour ihre Gewinnprognosen absenkten. Das wäre an sich schon ungewöhnlich – aber Morgan Stanley soll nur einen engen Kreis institutioneller Investoren darüber informiert haben, nicht jedoch die Vielzahl kleinerer Anleger. Am ersten Handelstag schloss die Facebook-Aktie trotz erheblicher Stützungskäufe mit 38,23 Dollar nur knapp über dem Ausgabepreis. In dieser Woche driftete der Kurs immer weiter ab – bis auf rund 31 Dollar.

Neben der US-Börsenaufsicht SEC fühlt sich die Financial Industry Regulatory Authority (FINRA) zuständig, die für die Beaufsichtigung von Mitarbeitern der Wertpapierbranche verantwortlich ist. „Das löst regulatorische Besorgnisse bei uns und sicher auch bei der SEC aus“, erklärte FINRA-Chef Richard Ketchum gegenüber Reuters. „Und ohne vorwegnehmen zu wollen, ob wir oder die SEC das machen, werden wir uns gemeinsam darauf konzentrieren.“ Der US-Bundesstaat Massachussetts untersucht ebenfalls und ließ Morgan Stanley bereits eine Vorladung zukommen.

Wirtschaftsblogger Henry Blodget enthüllte die nur gegenüber ausgewählten Investoren korrigierten Prognosen zuerst bei Business Insider und schließt mit einem harten Vorwurf: „Bei einem der größten Börsengänge der Geschichte, in dem eine große Anzahl von Aktien an kleine Anleger verkauft wurde, haben privilegierte Wall-Street-Insider wieder einmal erstklassige Informationen bekommen … und die kleinen Anleger wurden aufs Kreuz gelegt.“

Blodget ist selbst ein früherer Aktienanalyst, der eine Millionenstrafe wegen irreführender Empfehlungen akzeptieren musste und seither nicht mehr in diesem Beruf arbeiten darf. Er sollte demnach wissen, wovon er spricht, wenn er Morgan Stanley Rechtsverletzung vorwirft und durch die „selektive Verbreitung von Informationen“ in der Nähe von Insiderhandel sieht.

Seinen Informanten zufolge gingen die verblüffend ähnlich reduzierten Gewinnprognosen der Banken zudem auf die Informationen eines Facebook-Managers zurück, der um das zunehmend schwache Geschäft seines Unternehmens wusste. Er habe praktisch im Voraus verraten, dass die Ergebnisse des zweiten Quartals deutlich unter den Schätzungen der Analysten bleiben. In einer sechsten Aktualisierung seines Börsenprospekts hatte Facebook lediglich auf die Schwierigkeiten hingewiesen, aus der zunehmend mobilen Nutzung seiner Dienste Werbeeinnahmen zu erzielen.

Facebooks schwacher Börsenstart zog auch die Kurse weiterer Internetfirmen wie Groupon und LinkedIn nach unten, könnte sie darüber hinaus weiter unter Druck bringen. Besonders hart traf es den eng mit Facebook verflochtenen Spieleentwickler Zynga, dessen Kurs auf den niedrigsten Wert seit seinem Börsengang im Dezember sank. Der Handel mit seinen Aktien musste wegen hoher Verluste sogar wiederholt ausgesetzt werden.

[mit Material von Steven Musil, News.com]

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