Juristen zum Java-Urteil: „Copyright für APIs ist gefährlich“

Das Teilurteil der Jury lässt viele Fragen offen. Richter William Alsup behielt sich selbst die Grundsatzentscheidung vor, ob sich APIs urheberrechtlich schützen lassen. Copyright für APIs könnte eine Flut weiterer Prozesse auslösen.

Das Teilurteil der Jury im Java-Prozess zwischen Oracle und Google lässt viele Fragen offen und wirft neue auf. Von News.com befragte Rechtsexperten kamen zu unterschiedlichen Auffassungen darüber, wie die Entscheidung zu bewerten ist und den weiteren Prozessverlauf bestimmen wird.

Die Geschworenen hatten zwar eine Copyright-Verletzung durch Google bei 37 Java-APIs bejaht, sie konnten sich jedoch nicht in der Frage einigen, ob Google zu einer angemessenen Nutzung („Fair Use“) in seiner Android-Plattform berechtigt war. Damit scheint einerseits klar, dass Oracle nicht mehr mit dem angestrebten Schadenersatz in Höhe von einer Milliarde Dollar rechnen kann. Zu erwarten ist nur noch ein geringerer Betrag, wenn das Verfahren nicht sogar als ergebnislos eingestellt werden sollte. Selbst wenn in der zweiten Prozessphase eine Verletzung von zwei Java-Patenten festgestellt wird, ist eine größere Entschädigungssumme unwahrscheinlich.

Eine ungelöste Kernfrage aber bleibt, nämlich ob sich APIs überhaupt urheberrechtlich schützen lassen, wie von Oracle behauptet. Diese Entscheidung hatte sich Richter William Alsup selbst vorbehalten und die Geschworenen deshalb unter der Annahme beraten lassen, Copyright-Schutz für Programmierschnittstellen wäre grundsätzlich möglich. Es ist unklar, ob er die eigentliche Entscheidung zum urheberrechtlichen Schutz von APIs in diesem Verfahren noch angehen will. Sollte ein Copyright für APIs etabliert werden, könnte es die Schleusentore zu anhaltenden juristischen Auseinandersetzungen öffnen – ähnlich wie bei Patenten.

„Es hat potenziell gefährliche Auswirkungen, wenn wir anfangen können, APIs unter Copyright zu stellen“, erklärte dazu Julie Samuels, Anwältin der Electronic Frontier Foundation (EFF). „Copyright sieht keinen Schutz funktionsfähiger Computerprogramme vor. Es sieht vielmehr den Schutz dessen vor, was man mit Programmiersprachen oder Programmen wie APIs schaffen kann.“

„Wenn Googles API-Nutzung als ‚Fair Use‘ eingestuft wird, dann kommen wir nie zur Frage, ob sie urheberrechtlich zu schützen sind“, so Samuels weiter. „Der Richter muss entscheiden, ob Copyright überhaupt auf APIs anwendbar ist. All das muss geschehen, bevor Google wegen Copyright-Verletzung dran ist. Sollte das passieren, kommt es zu einer Berufung und es könnte sich jahrelang hinziehen. Das ist wirklich die Kernfrage in diesem Fall.“ Die EFF-Juristin sieht deshalb „weitreichende und gefährliche Konsequenzen für die verschiedensten Entwickler, die APIs täglich für ihre Arbeit einsetzen, sowie für all diejenigen, die sich mit ihren Computern und der gesamten Internetnutzung darauf verlassen“.

Sollte Richter Alsup jedoch gegen den urheberrechtlichen Schutz von APIs entscheiden, wie es der Europäische Gerichtshof in der letzten Woche bereits tat, bleibt andererseits eine Google zugebilligte Fair-Use-Klausel wirkungslos. Als „ein bisschen gemischt“ sieht die Entscheidung daher Tyler Ochoa, Professor an der Santa Clara Law School: Es sei kein klarer Sieg für die eine oder andere Seite.

„Ich neige zur Übereinstimmung mit Googles Position, dass letztlich kein Verstoß festgestellt werden kann, bevor die Fair-Use-Frage beantwortet ist“, sagte Brian Love von der Stanford Law School. „Wenn die Jury nicht entscheiden kann, ob Google zur angemessenen Nutzung berechtigt war, dann kann sie Google auch keine Copyright-Verletzung zuschreiben. Denn wenn etwas unter ‚Fair Use‘ fällt, kann es von Haus aus keinen Verstoß darstellen.“

Miles Feldman von der auf IP-Recht spezialisierten Anwaltskanzlei Raines Feldman hingegen billigt Oracle das stärkere Argument zu, da die Geschworenen einhellig von verletztem Copyright ausgegangen seien: „Oracle kann hoffen, dass der Aspekt der Verletzung erhalten bleibt und die Fair-Use-Frage in einem neuen Verfahren geklärt wird.“

[mit Material von Charles Cooper, Elinor Mills und Daniel Terdiman, News.com]

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