Neue Antiterror-Richtlinien geben US-Behörden weitreichenden Zugriff auf private Daten

Das National Counterterrorism Center kopiert vollständige Datenbanken von Bundesbehörden. Auch die privaten Daten unverdächtiger US-Bürger bleiben fünf Jahre lang gespeichert. Bürgerrechtler warnen vor der schrittweisen Umsetzung eines kompletten Überwachungssystems.

US-Justizminister Eric Holder hat in der letzten Woche neue Richtlinien unterzeichnet, die mit dem Kampf gegen Terrorismus begründet werden, aber auch die privaten Daten von US-Bürgern betreffen. Sie erlauben dem 2004 gegründeten National Counterterrorism Center (NCTC), vollständige Datenbanken verschiedener Bundesbehörden mit persönlichen Informationen zu kopieren.

Außerdem können die Daten nicht nur wie bisher 180 Tage, sondern fünf Jahre lang gespeichert und ausgewertet werden. Wie Geheimdienstmitarbeiter gegenüber der New York Times bestätigten, betrifft das auch die privaten Daten amerikanischer Bürger, gegen die kein Terrorismusverdacht besteht.

Bürgerrechtsorganisationen sehen in den neuen Richtlinien eine stückweise Umsetzung des von der Bush-Regierung geplanten Überwachungssystems TIA (Total Information Awareness), obwohl es 2003 im US-Kongress abgelehnt worden war. Die Electronic Frontier Foundation (EFF) macht zugleich auf ein zwei Milliarden Dollar teures Rechenzentrum aufmerksam, das die National Security Agency (NSA) in Utah baut. Der Militärnachrichtendienst beabsichtigt in vier jeweils 2500 Quadratmeter großen Serverhallen die langfristige Speicherung von Überwachungsdaten. Wired nennt es das größte Spionagezentrum des Landes und warnt seine Leser: „Sei vorsichtig, was du sagst.“

Als Begründung für die erneut ausgeweiteten Befugnisse muss herhalten, dass der von „Unterhosenbomber“ Umar Farouk Abdulmutallab im Dezember 2009 versuchte Anschlag nicht früher erkannt wurde. Mehr Datamining mit komplexen Algorithmen erlaube die erfolgreiche Suche nach verdächtigen Mustern, argumentieren die Geheimdienste.

Keine Auskunft gibt das NCTC darüber, welche behördlichen Datenbanken es komplett spiegeln will. Die Richtlinien erwähnen auch nicht, inwieweit Informationen von privaten Datenvermittlern und Wirtschaftsdatenbanken einfließen. „Wir tappen alle im Dunkeln“, sagt Kate Martin vom Center for National Security Studies. „Nach allem, was wir wissen, könnte es eine Neuauflage von Total Information Awareness sein, das der Regierung erlaubt hätte, eine computergestützte Datenbank zu schaffen, die alles über jeden enthält.“

Themenseiten: Big Data, Datenschutz, Electronic Frontier Foundation, Politik

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