EU plant Zugriff auf Clouddaten unabhängig vom Speicherort

Ein Gesetzentwurf soll im März dem Parlament und den Mitgliedstaaten vorliegen. Die EU-Justizkommissarin kritisiert die Dauer des aktuellen Verfahrens für den grenzübergreifenden Datenzugriff. Ermittler dürfen ihr zufolge nicht langsamer sein als Kriminelle.

Die Europäische Union will offenbar eine rechtliche Grundlage für Zugriffe auf Clouddaten schaffen, die außerhalb der EU gespeichert sind. Das berichtet die Agentur Reuters unter Berufung auf zwei Quellen, die mit den Plänen der EU vertraut sein sollen. Bisher wollte die EU vor allem Strafermittlern den Zugang zu in anderen EU-Staaten gespeicherten Daten erleichtern – nun soll ein Zugriff unabhängig vom Speicherort im Gespräch sein.

EU-Flagge (Bild: EU)Das würde bedeuten, dass Technikfirmen auch dann Auskunftsersuchen von Ermittlern oder Geheimdiensten beantworten müssen, wenn die Daten gar nicht im EU-Rechtsraum vorgehalten werden. Die extraterritoriale Anwendung von Gesetzen ist jedoch umstritten. Eigentlich sind für solche Fälle bilaterale Rechtshilfeabkommen zwischen Staaten erforderlich, wie sie beispielsweise zwischen der EU und den USA bestehen. Nach Ansicht von Ermittlern verlängern die Rechtshilfeersuchen unter Umständen die Ermittlungen „unnötig“.

Bisher hatte sich die EU gegen eine extraterritoriale Anwendung von Gesetzen ausgesprochen. Beispielsweise versuchen US-Behörden schon länger, auf von Microsoft in Irland gespeicherte Daten eines US-Nutzers zuzugreifen, der dort wegen Drogenvergehen angeklagt ist. Microsoft lehnt die Herausgabe der Daten bisher mit dem Argument an, dass ein Durchsuchungsbefehl eines US-Gerichts nicht in Irland umgesetzt werden kann. Das Justizministerium argumentiert indes, dass weder Mitarbeiter von Microsoft noch US-Ermittler das Rechenzentrum in Irland betreten müssen, um die Daten zu erhalten. Der Fall beschäftigt inzwischen den Supreme Court in den USA.

Sollte das oberste US-Gericht jedoch zugunsten des Justizministeriums entscheiden, ergäbe sich für Microsoft ein rechtlicher Konflikt. Nach US-Recht müsste es die Daten herausgeben, nach EU-Recht würde es jedoch gegen geltende Gesetze verstoßen.

Das neue EU-Gesetz, das dem Bericht zufolge Ende März dem EU-Parlament und den Mitgliedstaaten vorgelegt werden soll, könnte diesen Konflikt lösen. Es würde Technikfirmen verpflichten, die in der EU eine Niederlassung unterhalten, jegliche Daten von ihren Nutzern auf Basis eines Gerichtsbeschlusses herauszugeben, egal wo die Daten gespeichert sind und egal ob die Nutzer Bürger der EU oder eines anderen Staates sind. Das würde dann der Rechtspraxis entsprechen, die das US-Justizministerium vor dem Supreme Court einklagt.

Widerstand kommt in der EU jedoch auch schon Datenschützern, deren Bedenken bis zuletzt die EU-Kommission teilte. Inzwischen scheint sich die Kommission jedoch den Argumenten der Befürworter eines grenzüberschreitenden Datenzugriffs anzuschließen. EU-Justizkommissarin Vera Jourova sagte laut Reuters, dass die heute gebräuchlichen Verfahren zu langsam und ineffizient seien. Strafverfolger müssten auch bei grenzüberschreitenden Ermittlungen schneller sein als die Kriminellen.

Whitepaper

Studie zu Filesharing im Unternehmen: Kollaboration im sicheren und skalierbaren Umfeld

Im Rahmen der von techconsult im Auftrag von ownCloud und IBM durchgeführten Studie wurde das Filesharing in deutschen Unternehmen ab 500 Mitarbeitern im Kontext organisatorischer, technischer und sicherheitsrelevanter Aspekte untersucht, um gegenwärtige Zustände, Bedürfnisse und Optimierungspotentiale aufzuzeigen. Jetzt herunterladen!

[mit Material von Tom Jowitt, Silicon.co.uk]

Tipp: Wie gut kennen Sie sich mit der europäischen Technologie-Geschichte aus? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de.

Themenseiten: Cloud-Computing, Datenschutz, EU-Kommission, Privacy

Fanden Sie diesen Artikel nützlich?
Content Loading ...
Whitepaper

Artikel empfehlen:

Neueste Kommentare 

2 Kommentare zu EU plant Zugriff auf Clouddaten unabhängig vom Speicherort

Kommentar hinzufügen
  • Am 1. März 2018 um 0:20 von Andreas

    Bei diesem ganzen Hin und Her gibt es nur 2 Lösungen-.
    – Daten nur in der Privaten Wolke ablegen.
    – Daten nur verschlüsselt in der öffentliche Wolke speichern.
    Auch im privaten Bereich ist die Verschlüsselung nicht von Nachteil.

  • Am 1. März 2018 um 19:41 von David H.

    Ja das mit dem Rechtstaat ist schon hinderlich. In eine Diktatur geht alles viel schneller und einfach. Da reicht oft ein Standgericht und manchmal braucht es nicht mal das.
    Genau diese Einstellung ist heutzutage leider in weiten Kreisen der Politik, der Geheimdienste und der Polizei verbreitet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *