Staatstrojaner: Bundeskriminalamt will Messenger hacken

Der weiterentwickelte Staatstrojaner soll auch Mobilbetriebssysteme wie Android und iOS ausspähen. Alternativ plant das Bundeskriminalamt den Einsatz der kommerziellen Spyware FinSpy. Ein im Juni durchgepauktes Gesetz erlaubt massiv ausgeweitete TK-Überwachung.

Das Bundeskriminalamt baut den eigenentwickelten Staatstrojaner weiter aus, um ihn auf Mobilbetriebssysteme wie Android und iOS auszudehen und damit auch die Kommunikation mittels Messenger-Apps überwachen zu können. Außerdem ist der alternative Einsatz der auch als FinFisher bekannten kommerziellen Spyware FinSpy vorgesehen, die bereits für das Ausspähen verschiedener Plattformen ausgelegt ist.

Staatstrojaner (Bild: Shutterstock)

Das geht aus einem als geheim eingestuften Bericht des Innenministeriums hervor, den Netzpolitik.org im Wortlauf veröffentlicht hat. Dieser bezieht sich auf die Tätigkeit des Kompetenzzentrums Informationstechnische Überwachung (CC ITÜ) im BKA zwischen dem 18. Februar 2016 und dem 30. April 2017. Demzufolge wurde im 3. Quartal 2016 mit der Weiterentwicklung des Bundestrojaners RCIS (Remote Communication Interception Software) zur Version 2.0 begonnen. Fertigstellung und Freigabe der staatlichen Spähsoftware, die auch die Kommunikation über Messenger mitschneiden kann, sind noch für 2017 vorgesehen.

Zur ersten RCIS-Version sickerte im letzten Jahr durch, dass sie nicht praxistauglich ist und sich insbesondere nicht für die Überwachung von Messenger-Programmen wie WhatsApp, Telegram oder Threema eignet. Stattdessen sei die Software lediglich in der Lage, Internettelefonie über Skype abzuhören. Zudem sei der Einsatz auf Windows-Computer beschränkt – bei macOS oder Linux müsse der Bundestrojaner ebenfalls passen.

Der Einsatz der zusätzlich beschafften Quellen-TKÜ-Software FinSpy wird im jetzt veröffentlichten Dokument mit Redundanz begründet, etwa für den Fall, dass die eigenentwickelte Spähsoftware entdeckt wurde. Nachdem der FinSpy-Einsatz bisher an rechtlichen Hürden scheiterte, wolle das Bundesinnenminsterium nun ihren Einsatz freigeben. Der Bericht stellt außerdem fest, dass es keine „grundrechtschonenderen Alternativen“ zu der als Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) bezeichneten Maßnahme gebe.

„Sobald die Zugriffsmöglichkeiten per Gesetz in Kraft sind, schert sich niemand mehr um die Versprechen, die einst gegeben wurden: Jetzt werden zum Staatshacken wieder Dienstleistungen von Unternehmen in Anspruch genommen, in die kein Beamter oder Kontrolleur hineinschauen durfte“, kommentierte gegenüber Netzpolitik.org Falk Garbsch, Sprecher des Chaos Computer Club (CCC). „Man vertraut stattdessen den Zusicherungen und Präsentationen von kommerziellen Anbietern, deren Leumund nur unter Diktatoren fabelhaft ist.“ Das staatliche Hacken weiterhin als eine bloße Überwachungsmaßnahme wie jede andere zu verkaufen, sei angesichts der jetzt veröffentlichten Papiere eine dreiste Entstellung der Wahrheit.

Noch vor der Sommerpause verabschiedeten Abgeordnete von CDU, CSU und SPD im Eilverfahren ein Gesetz, das Behörden den Einsatz eines sogenannten Staatstrojaners erlaubt. Der umstrittene Gesetzentwurf wurde mit Verfahrenstricks ohne öffentliche Debatte und unter Ausschluss des Bundesrats durchgepaukt. Während das BKA bereits seit 2009 einen Staatstrojaner zur Prävention von internationalem Terrorismus einsetzen darf, erlaubt das neue Gesetz den Einsatz auch bei geringeren Anlässen. Die Rede ist etwa von Steuerdelikten, Computerbetrug und Hehlerei, was eine massiv ausgeweitete Überwachung zulässt. Bei Branchenverbänden und Experten stieß das Gesetz auf scharfe Kritik.

Themenseiten: Messenger, Politik, Telekommunikation, Überwachung

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8 Kommentare zu Staatstrojaner: Bundeskriminalamt will Messenger hacken

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  • Am 22. Juli 2017 um 12:46 von D.hanske

    Die sind schlimmer wie die stasi.die sollen lieber die ausspionieren die dem staat schaden zufügen wie daimler,vw & co.aber diese regierung wird ja von den konzernen gesteuert,weil sie ja in den vorständen mit drin sitzen.

  • Am 22. Juli 2017 um 13:10 von C

    Frage:
    Die ganz überzeugten Apfel-Fans haben hier im Forum immer erklärt, ihre Plattform (mac OS, iOS) sei „sicher“, „sicherer“ und überhaupt per se nicht anfällig.

    Die Gamma Group & das BKA behaupten nun das Gegenteil.
    Ich auch, da zumal der Hersteller ja rudimentäre Gegenmaßnahmen zumindest im mac OS mitliefert.

    Wem soll Ich nun mehr Glauben schenken und trauen?
    Der Marketing-Geblendeten – oder denen, die sogar ein Geschäft daraus machen?
    Außerdem hängt über all dem der Patriot Act. Und – das sagt schon alles.

    • Am 23. Juli 2017 um 0:11 von Klaus

      Du solltest konzentrierter lesen: „Der weiterentwickelte Staatstrojaner soll auch Mobilbetriebssysteme wie Android und iOS ausspähen. Alternativ plant das Bundeskriminalamt den Einsatz der kommerziellen Spyware FinSpy.“

      Und: „Das Bundeskriminalamt baut den eigenentwickelten Staatstrojaner weiter aus, um ihn auf Mobilbetriebssysteme wie Android und iOS auszudehen und damit auch die Kommunikation mittels Messenger-Apps überwachen zu können.“

      Soll, plant, zu können. Bedeutet: sie können es unter iOS nicht.

      „Zudem sei der Einsatz auf Windows-Computer beschränkt – bei macOS oder Linux müsse der Bundestrojaner ebenfalls passen.“

      Also auch nicht unter macOS.

      Wie Du Dir das aus den Fingern saugst, ist schon spannend zu sehen.

      Wieder interessierst Du Dich für Apple, und Microsoft/Windows erwähnst Du mit keinem Wort.

      Da stellt sich die Frage: wer ist nun wirklich ‚geblendet‘?

      Hint: Ich ‚plane‘ ebenfalls bald zum Mars zu fliegen, meine Rakete ’soll‘ 1.000 Personen transportieren, damit wir den Mars besiedeln ‚können‘.
      Kann ich das also bereits? Den Mars besiedeln?

      Wenn Du das beantworten kannst, weißt Du, warum Dein Kommentar sinnlos war.

      • Am 23. Juli 2017 um 13:43 von C

        Zitate aus dem Artikel:
        „Fertigstellung und Freigabe der staatlichen Spähsoftware, die auch die Kommunikation über Messenger mitschneiden kann, sind noch für 2017 vorgesehen.“

        „Der Einsatz der zusätzlich beschafften Quellen-TKÜ-Software FinSpy wird im jetzt veröffentlichten Dokument mit Redundanz begründet, etwa für den Fall, dass die eigenentwickelte Spähsoftware entdeckt wurde“

        Also: das BKA will noch in 2017 auf mac OS und iOS eindringen können.
        Alternativ FinSpy zum Einsatz kommen wird.

        Was habe Ich sinnlos hier kommentiert?

      • Am 23. Juli 2017 um 18:06 von Antiappler

        „Der weiterentwickelte Staatstrojaner soll auch Mobilbetriebssysteme wie Android und iOS ausspähen.“
        Das heißt nicht, dass sie es noch nicht können, der Trojaner kann durchaus schon fertig sein und es fehlt nur noch die Gelegenheit ihn zu platzieren. Oder er wird sogar schon schrittweise unter die Leute gebracht.

        „Soll, plant, zu können. Bedeutet: sie können es unter iOS nicht.“
        Wenn man nach Deiner Logik geht, gilt das auch für Android. Und funktioniert selbst auf Windows noch nicht mal richtig.
        Du wirfst C vor sich nur für Apple zu interessieren, warum erwähnst denn Du nicht Android und Windows? Warum hebst Du nur hervor, dass es nicht bei Apple funktioniert?
        Da brauche ich mir nicht die Frage zu stellen, wer hier nun „geblendet“ verblendet ist.
        Übrigens, bei Deinem Raketenbeispiel ist bekannt, dass man den Mars noch nicht besiedeln kann, aber es ist nicht bekannt wie weit der Staatstrojaner schon ist, und ob er nicht sogar schon verbreitet wird.
        Denn Du arbeitest doch ganz bestimmt nicht in entsprechender Position beim BKA, um hier mit Deinem „Wissen “ zu „glänzen“. ;-)
        Und damit dürftest jetzt auch Du wissen, warum Dein Kommentar sinnlos war.

  • Am 22. Juli 2017 um 22:46 von Rex

    Tja unsere so geliebte,ach ne unsere so genannte Demokratie geht immer mehr den Bach runter.Die Politiker bringen immer mehr Gesetze zur Überwachung der Bevölkerung raus “Erdowahn läst grüßen“.Sie vertreten nur noch die Interessen der Großkonzerne und der Mittelstand darf dafür bluten.Demokratie gibt es schon lange nicht mehr.Der Bürger wird unter scheinheiligen vorwänden ausspioniert“Stasi läst grüßen“Ach ja heisst ja jetzt BKA .

  • Am 22. Juli 2017 um 23:13 von Manfred Heini

    Man darf nicht vergessen, das der Trojaner irgendwie aufs Endgerät gelangen muss. Am besten keine Software vom Bundeskriminalamt herunterladen. ;-) Auch wenn es immer wieder heisst, in dieser Hinsicht seien alle Messenger gleich schutzlos, sollte man trotzdem in einen sicheren Messenger (wie z.B. Threema) investieren und nicht die Datenkrake WhatsApp verwenden.

  • Am 24. Juli 2017 um 0:28 von FiAsKo

    Wem es möglich ist den Trojaner zu installieren, kann doch theoretisch das belastende Material gleich mit installieren. Dann weiß er auch gleich wo er es suchen muß……..

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