USA: Regulierungsbehörde will Netzneutralität aufheben

Der neue FCC-Vorsitzende Ajit Pai will die rechtliche Grundlage für die Regeln zur Netzneutralität beseitigen. Internet Service Provider könnten bezahlte Überholspuren im Internet einrichten und alle anderen Angebote benachteiligen. Start-ups fürchten um ihre Wettbewerbsfähigkeit.

Der neue Vorsitzende der US-Telekomaufsicht FCC will die Netzneutralität zurückrollen, die sein Vorgänger während der Amtszeit von Barack Obama rechtlich abgesichert hatte. Mit der Berufung von Ajit Pai zum Vorsitzenden änderten sich die Mehrheitsverhältnisse in dem fünfköpfigen Gremium, das nun der republikanischen Regierung Trump nahesteht. Die Behörde wirkte bereits an gelockerten Datenschutzregeln mit, die den Internet Service Providern den Verkauf von Browserdaten erlauben.

Internet (Bild: Shutterstock/LanKS)

Im Februar 2015 hatte die FCC – damals noch unter Chairman Tom Wheeler – wegweisende Netzneutralitätsregeln erlassen und bezahlte Überholspuren im Internet untersagt. Die Regeln gelten für Breitbandverbindungen mit einer Übertragungsrate von mindestens 25 MBit/s. Auch Blockaden und Drosselung wurden verboten. Die US-Breitbandanbieter klagten vergeblich gegen die Regeln zur Netzneutralität.

Dennoch will FCC-Vorsitzender jetzt die rechtliche Grundlage für die Netzneutralität aufheben (PDF), nämlich die Einstufung von Internetdiensten als Telekommunikationsdienste statt Informationsdienste („Title II“ des Communications Act). Erst durch diese neue Klassifizierung war es der US-Telekombehörde möglich, eine strikte Netzneutralität festzuschreiben, da sie klare Befugnisse für eine Regulierung der Breitbandanbieter bekam. Ihre Aufhebung gäbe daher den Weg frei für eine Deregulierung, die bezahlte Überholspuren im Internet erlaubt und alle anderen Angebote benachteiligt.

„Da die meisten Amerikaner keine Wahlmöglichkeit beim Breitbandzugang haben, hätten ISPs die ungehinderte Macht, Mautgebühren von Ihnen und von Unternehmen zu kassieren, die Sie erreichen wollen“, kommentiert die US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF). „Während etablierte große Unternehmen wie Facebook und Netflix sich diese Maut vielleicht leisten können, wird es das nächste Facebook oder Netflix äußerst schwer haben, im Wettbewerb zu bestehen. Investoren halten sich bei der Finanzierung von Start-ups zurück, die der Erpressung von ISPs ausgesetzt sind. Und die Situation ist noch schlimmer für gemeinnützige Institutionen wie Schulen, Bibliotheken, Bildungsangebote und politische Gruppen.“

Gewinner wären insbesondere die Kabelnetzbetreiber Comcast und Time Warner Cable, die in den USA über ein flächendeckendes Duopol verfügen. In den meisten Regionen sind für die Kunden Breitbandinternetzugänge jeweils nur von einem dieser beiden Anbieter verfügbar. Problematisch ist auch, dass beide Provider zugleich im Mediengeschäft aktiv sind und versucht sein könnten, ihre eigenen Inhalte vorrangig zu behandeln. Zu Comcast gehört NBCUniversal – und insbesondere sein Filmgeschäft sorgte dafür, dass seine jüngste Quartalsbilanz die Erwartungen übertraf.

Nach der Ankündigung Ajit Pais, die Title-II-Klassifizierung aufheben zu wollen, reagierte eine Gruppe von Start-ups, Investoren und anderen betroffenen Organisationen mit einem gemeinsamen Brief (PDF) an den FCC-Vorsitzenden. „Der Erfolg von Amerikas Start-up-Ökosystem hängt von mehr als verbesserter Breitbandgeschwindigkeit ab“, argumentieren sie. „Wir sind außerdem abhängig von einem offenen Internet – einschließlich durchsetzbarer Netzneutralitätsregeln, die sicherstellen, dass große Kabelbetreiber nicht Menschen wie uns benachteiligen können. Wir sind äußerst beunruhigt über Ihre Absicht, die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen beseitigen zu wollen.“

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