Neue Technologien: Eher Chance als Bedrohung

Künstliche Intelligenz, Roboter, Big Data und Industrie 4.0 werden der Gesellschaft in den kommenden Jahren tiefgreifende Veränderungen bringen. T-Systems-Manager Stefan Bucher plädiert im Gastbeitrag für ZDNet.de für Offenheit gegenüber den Neuerungen. Seiner Ansicht nach kommt es drauf an, was man draus macht.

Die Digitalisierung schreitet unaufhörlich voran und beeinflusst die Art wie wir leben und arbeiten. Ein entscheidender Teil dieses Wandels erfolgte zuletzt mit dem Einsatz von Robotern. Sie sind aus der Produktion bereits nicht mehr wegzudenken. Und der nächste Schritt ist schon in Sicht: Die rasend schnelle Entwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) sorgt dafür, dass künftig noch mehr Aufgaben durch smarte Maschinen übernommen werden. Doch ist dies keineswegs eine Gefahr. Vielmehr eröffnen sich dadurch ungeahnte Möglichkeiten für uns alle.

Stefan Bucher, der Autor dieses Gastbeitrags für ZDNet.de, ist operativer Geschäftsführer der IT Division von T-Systems (Bild: T-Systems)Stefan Bucher, der Autor dieses Gastbeitrags für ZDNet.de, ist operativer Geschäftsführer der IT Division von T-Systems (Bild: T-Systems)

Ende 2015 bevölkerten 1,6 Millionen Industrieroboter die Fabriken weltweit, so der Roboter-Verband „International Federation of Robotics“. In den nächsten drei Jahren soll noch einmal eine Million hinzukommen. Deutlich höher liegt laut der Organisation sogar die Menge der Service-Roboter: Bis 2019 soll ihre Anzahl auf etwa 13 Millionen anwachsen. Sie mähen den Rasen, verteilen Essen im Krankenhaus oder beraten Kunden. Und das ist nur der Anfang.

Nicht nur die Zahl der einsatzbereiten Roboter wird weiter steigen, sondern auch ihre Fertigkeiten und Einsatzgebiete. Technologien wie Big Data, Künstliche Intelligenz (KI) und das Internet of Things (IoT) spielen hierbei eine immer größere Rolle: Durch sie werden Maschinen mehr Daten verarbeiten können, immer selbstständiger agieren und durch die Kommunikation untereinander zunehmend produktiver werden. Das treibt nicht wenigen Menschen Sorgenfalten ins Gesicht.

Robotik muss für den Arbeitsmarkt nicht schlecht sein

Je besser die Robotik wird, desto mehr Arbeitsplätze gehen verloren, prophezeien Pessimisten. Doch hat es ähnlich skeptische Zukunftsprognosen auch früher immer wieder gegeben – etwa bei der Einführung der Fließbandarbeit. Dass damit nicht das Ende der menschlichen Arbeit eingeläutet wurde, belegt eine Branche, die Vorreiter beim Einsatz des Fließbandes als auch der Robotik ist: So beschäftigte die deutsche Automobilindustrie 2015 rund 800.000 Menschen. Fünf Jahre zuvor waren es noch 100.000 weniger.

pepper-aldebaran-wohnzimmer-800 (Screenshot: ITespresso)Der seit 2015 in Japan erhältliche Roboter „Pepper“ soll nicht nur menschliche Gefühle verstehen, sondern selbst etwas ähnliches entwickeln und ausdrücken können (Screenshot: ITespresso).

Auch für den restlichen Arbeitsmarkt zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: Obwohl Deutschland über den größten Robotermarkt Europas verfügt, und in der Hochtechnologie auch global eine Spitzenposition einnimmt, hat das der Zahl der Jobs nicht geschadet. So zählte 2016 das Statistische Bundesamt 43,4 Millionen Erwerbstätige in Deutschland – ein Jobwunder, für das die Bundesrepublik weltweit Bewunderung erfährt.

Die klugen Maschinen kommen

Natürlich werden Roboter langfristig vielfältige Aufgaben übernehmen – etwa die von Lkw-Fahrern, Postboten oder Kassierern. Denn die rasante Entwicklung macht KI-Systeme und Roboter immer schlauer und erweitert ihren Einsatzbereich enorm.

Sogenannte Chatbots, sprich textbasierte Dialogsysteme, sind bereits vielfach im Kundenservice im Einsatz. Sie gehen beim Live-Chat am Bildschirm gezielt auf die Fragen der Konsumenten ein. Dass sie mit einer Maschine kommunizieren, merken die Kunden oft gar nicht. Schon bald wird die Technik in der Lage sein, echte Unterhaltungen führen zu können. Auch wir testen gerade virtuelle Assistenten wie Amelia von IPsoft für unsere Geschäftskunden.

Roboterarme (Bild: Google)Einsatz von Roboterarmen im Labor (Bild: Google)

Das Charakteristische an der KI-Technik ist, dass sie selbständig dazulernt. Algorithmen spulen nicht mehr nur vorgegebene Programme ab, sondern entwickeln sich permanent weiter. Gerade in der IT-Sicherheit ist das ein entscheidender Vorteil. Ein Beispiel ist unser Produkt „Mobile Protect Pro“: Die Sicherheitssoftware erkennt selbstständig Anomalien und spürt so auch bislang unbekannte Schadprogramme auf, bevor das mobile Endgerät von „Schädlingen“ befallen werden kann.

Kollege statt Konkurrent

Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sollen bis 2025 rund 1,5 Millionen Jobs wegfallen. Allerdings sollen in diesem Zeitraum auch genauso viele neue entstehen. Denn dem IAB zufolge werden in Zukunft vor allem Naturwissenschaftler und neue IT-Experten benötigt. Doch nicht nur das ‒ durch Technologien wie KI und Robotik entsteht eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze.

Auf der einen Seite werden zusätzliche Ingenieure, Techniker und Softwareentwickler gebraucht: Sie treiben die Forschung und Entwicklung weiter voran, führen Wartung und Kontrolle aus und springen immer dann ein, wenn Kollege Roboter an seine Grenzen stößt. Auf der anderen Seite werden durch die Übernahme linearer Arbeitsabläufe durch Roboter Synergien freigesetzt, wodurch Menschen sich vermehrt kreativen oder sozialen Tätigkeiten widmen können. Dadurch ergeben sich Chancen, dem demographischen Wandel entgegenzuwirken und den Fachkräftemangel abzumildern.

Mensch und Roboter (Bild: Shutterstock/Willyam Bradberry)

Noch ein weiterer Grund sollte uns optimistisch stimmen: Durch die erhöhte Produktivität werden Waren erheblich günstiger. Dadurch steigt die Nachfrage, was die Umsätze treibt und mit ihnen das freiwerdende Investitionsvolumen – kurzum: Neue Arbeitsplätze können besonders in Industrien entstehen, die von raschen Innovationszyklen geprägt sind.

Denn die menschliche Kreativität und Innovationskraft wird auch in Zukunft nicht zu ersetzen sein. Schließlich ist der Mensch erste Anlaufstelle, wann immer Strategien zu entwickeln, neue Produkte zu testen und innovative Lösungen gefragt sind. Um jedoch sicherzustellen, dass Roboter nicht zu Konkurrenten, sondern zu wertvollen Kollegen werden, müssen wir uns auf die neue Ausgangslage gründlich vorbereiten – und das möglichst schnell.

Nachwuchs für MINT-Fächer begeistern

Die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit ist Bildung. Industrie 4.0, Digitalisierung und der Siegeszug der Robotik verändern jedoch die Voraussetzungen, denen Bildungsarbeit genügen muss. Stichwörter MINT und Kreativität. Doch ist es nicht allein die Aufgabe des Staates, diese wichtigen Fähigkeiten zu lehren und zu fördern. Auch die Unternehmen müssen ihren Beitrag leisten. Das fängt bei der Aus- und Weiterbildung an, umfasst die Zusammenarbeit mit Fach- und Hochschulen und muss bis in die Schulen hineingetragen werden.

Wir als T-Systems veranstalten zum Beispiel zusammen mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes seit 2003 die RoboNight: Hier machen Schüler-Teams ab 12 Jahren mithilfe des Lego-Mindstorms-Baukasten erste praktische Schritte in Sachen Robotik.

HIGHLIGHT

Überblick zu IoT-Standards

Im Bereich IoT gibt es zahlreiche Initiativen und Konsortien. Bislang laufen deren Bestrebungen jedoch überwiegend parallel nebeneinander her. Doch damit dies alles überhaupt funktionieren kann, braucht man neben neuen Produkten auch neue Standards – insbesondere für die Kommunikation der Geräte untereinander und für die Sicherheit. Die ZDNet-Schwestersite silicon.de gibt einen Überblick.

Der spielerische und dennoch ernsthafte Umgang mit dem Thema zeigt beispielhaft, mit welcher Motivation und Leidenschaft die Kinder und Jugendlichen smarten Maschinen begegnen. So steigern wir das Interesse an den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) und legen die Grundlage für die Ingenieursgeneration von morgen. Mit ausgeprägten Fähigkeiten in den MINT-Fächern sind die jungen Leute für den Arbeitsmarkt der Zukunft gerüstet. Und es gibt keinen Grund, warum junge, qualifizierte Menschen den Herausforderungen, die mit der Robotik Einzug halten, nicht gewachsen sein sollten.

Technologien als Chance begreifen

Jede Arbeit, die sich automatisieren lässt, wird auch automatisiert werden – davon können wir fest ausgehen. Denn Unternehmen können so ihre Effizienz und Produktivität steigern und gleichzeitig die Fehleranfälligkeit reduzieren. Für Wirtschaft, Staat und Gesellschaft heißt es daher, diesen Herausforderungen vorbereitet zu begegnen. Dann eröffnen die neuen Technologien die Chance, dass wir uns noch stärker auf unsere ureigenen Fähigkeiten konzentrieren können: Kreativität, soziale Intelligenz und Innovationskraft. Diese Fertigkeiten werden Maschinen auf lange Sicht nicht ausbilden können, davon sind Experten wie der Zukunftsforscher Daniel Dettling überzeugt.

Und Unternehmen wie T-Systems sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Neben Forschung und Entwicklung zur Verbesserung von künstlicher Intelligenz, Big Data und anderer Technologien besteht die Aufgabe darin, die Gesellschaft auf die damit verbundenen Anforderungen vorzubereiten. Die stetige Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter sowie die Befähigung der Jugend durch Kooperationen mit verschiedenen Bildungseinrichtungen sind nur zwei Beispiele dafür. Dann werden Roboter und künstliche Intelligenz zur echten Chance, um das Leben von Menschen weiter zu verbessern.

Themenseiten: Gastbeiträge, Künstliche Intelligenz, Roboter, T-Systems

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2 Kommentare zu Neue Technologien: Eher Chance als Bedrohung

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  • Am 14. Februar 2017 um 10:39 von Hugo

    Neue Technologien ist eine Chance, leider werden solche Chancen meist erst mal von der Industrie und den Konzernen mißbraucht. Zukünftige neue Technologien sollten von Beginn an einen strengen Datenschutz auferlegt bekommen und nicht den Konzernen überlassen werden. Lieber erst mal zuviel als zuwenig Datenschutz, vor allem wenns um Vernetzung geht. Auch die Sicherheit gegenüber Cyberangriffen sollte zur Verpflichtung werden, keinen Schutz und nur auf Gesetze hinweisen wäre in diesem Falle schon verbrecherisch fahrlässig.

  • Am 19. Februar 2017 um 19:35 von Daniel O.

    Der technische Fortschritt kommt nicht allen zugute. Die durch Rationalisierung verminderte Bedarf an menschliche Arbeit wurde nicht in allgemeine Arbeitszeitverkürzung gesteckt. Sondern manche arbeiten sehr viel und andere sind arbeitslos. Und neue Technik wird als Bedrohung gesehen weil eine Fachkraft in einer alten Technik kaum eine Chance hat auch in einer mit einer neuen Technik eine ähnlich gut bezahlten Stelle zu bekommen. In Deutschland hat man auch Arbeitsplätze auf Kosten anderer europäischer Länder gehalten. Durch Technik mögliche Verbesserungen wie z.B. Home Office wird in vielen Berufen kaum angeboten.
    Staat mehr politischer Teilhabe wir die Technik zu Überwachung und Zensur eingesetzt. Beim autonomen Fahren soll der KFZ-Halter für den etwaigen Pfusch der Autohersteller haften.
    In einem solchen, von Wirtschaft und Politik in den letzten 30 Jahren geschaffenen, Klima muss man sich nicht über Ablehnung von neuer Technik wundern.

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