Internetknoten DE-CIX klagt gegen BND-Gesetz

Er macht damit seine Drohung vom April wahr. Die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland liegt dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig vor. Die DE-CIX Management GmbH sieht ihre kritische Haltung durch jüngste Aussagen im NSA-Untersuchungsausschuss gestärkt.

Der Betreiber des Frankfurter Internetknotens DE-CIX hat wie angekündigt Klage gegen das so genannte BND-Gesetz eingereicht, das es dem Bundesnachrichtendienst ermöglicht, Gesprächs- und Internetdaten einzusehen und von den beteiligten Stillschweigen einzufordern. Der Fall liegt dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig vor. Beklagter ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium des Inneren.

Blick in den DE-CIX in Frankfurt am Main (Bild: Stefan Funke/ CC BY-SA 2.0)Blick in den DE-CIX in Frankfurt am Main (Bild: Stefan Funke/ CC BY-SA 2.0)

Die DE-CIX Management GmbH schreibt: „Mit der Klage beabsichtigen wir, die Praxis der strategischen Fernmeldeüberwachung nach § 5 G10 durch den Bundesnachrichtendienst (BND) bei unserem Unternehmen einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen.“ Sie bezweifelt die Rechtmäßigkeit des G10-Gesetzes und hatte schon im April 2016 angekündigt, den BND verklagen zu wollen. Jetzt zitiert der Betreiber Aussagen im NSA-Untersuchungsausschuss als zusätzliche Unterstützung dieser Position – vor allem die Darstellung des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier, der Zugriffe des BND auf Internetknoten als „insgesamt rechtswidrig“ bezeichnete.

Es geht dabei insbesondere um die Auffassung des Geheimdienstes, über DE-CIX geleiteter ausländischer Verkehr sei nicht entsprechend deutschem Recht geschützt. DE-CIX, hinter dem der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) steht, ist der weltweit durchsatzstärkste Internetknoten. „Wir sind nicht davon ausgegangen, dass Transitverkehre als völlig vogelfrei betrachtet werden“, sagte DE-CIX-Aufsichtsrat Klaus Landefeld im April. Es gehe bei der Klage auch darum, für Klarheit zu sorgen.

Der DE-CIX-Betreiber werde im Fall einer Niederlage vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, kündigte Landefeld an. Auch könnten sich weitere Telekomfirmen mit Klagen gegen die BND-Überwachung anschließen. Zu den DE-CIX-Kunden zählen führende Unternehmen wie Vodafone, Deutsche Telekom und Verizon.

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PRISM: die NSA hört mit (Bild: ZDNet.de)Im Zuge der Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden kam auch DE-CIX selbst in die Kritik, weil der BND nach Medienberichten an seinem Knotenpunkt mit der Operation Eikonal große Mengen der dort übertragenen Telefon- und Internetdaten abfing und direkt an den US-Auslandsgeheimdienst NSA weiterleitete. Im NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags bestätigte Landefeld im März 2016 die seit 2009 fortbestehende Abhörpraxis des BND am DE-CIX. Außerdem habe sich der BND nicht nur für außerdeutsche, sondern auch für innerdeutsche Leitungen interessiert. Einem Informanten des ZDF zufolge ging es der NSA „vor allem um das Abhören von großen Industrieunternehmen“.

Wie Der Spiegel dieses Jahr schon berichtete, half der Bundesnachrichtendienst als NSA-Partner offenbar über Jahre hinweg dabei, Ziele in Westeuropa und Deutschland auszuspähen. Die vom US-Geheimdienst gelieferten Selektoren wie IP-Adressen oder Handynummern widersprachen demnach vielfach seiner eigenen Aufgabenstellung und waren gegen westeuropäische und deutsche Interessen gerichtet. Die NSA habe beispielsweise gezielt nach Informationen etwa über den Rüstungskonzern EADS, Eurocopter oder französische Behörden gesucht. Erst bei einer internen Überprüfung nach den Snowden-Enthüllungen sei der BND 2013 darauf gestoßen, dass dabei auch Politiker gezielt und unrechtmäßig ausgespäht wurden – und habe das Bundeskanzleramt als seine Aufsichtsbehörde nicht darüber informiert.

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1 Kommentar zu Internetknoten DE-CIX klagt gegen BND-Gesetz

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  • Am 19. September 2016 um 9:55 von hugo

    Das unser BND etwas unfähig ist, diese Unfähigkeit anscheinend dadurch kaschiert das er der NSA rechtswidrig ungefiltert alle Daten aufbereitet, sich also als Handlanger und Stiefelputzer mißbrauchen läßt finde ich beschämend.
    Das ein BND sehr wohl selber Daten benötigt, auch das Recht bekommen soll sich bestimmte Daten zu verschaffen steht außer Zweifel, aber die bisherige Praxis ist ungesetzlich, verantwortungslos und kriminell. Alle verantwortlichen BND-Mitarbeiter sollten wegen dieser Straftat entlassen werden. ( Daten von Bundesbürgern gesetzeswidrig an einem fremden Geheimdienst außer Landes bringen sollte als Landesverrat deklariert werden).
    Das Snwoden nach so langer Zeit immer noch wirkt, das wegen seiner Enthüllungen heute immer noch Fehler bereinigt werden müssen zeigt wie lange solche Behörden willkürlich gearbeitet haben ohne das irgendeine staatliche Kontrolle gezogen hätte. D.h auch unsere Minister im Innenministerium sind unfähig Kontrolle auszuüben.

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