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Generalanwalt: Links zu urheberrechtsverletzenden Inhalten sind rechtens

Das Setzen eines Hyperlinks zu einer Website, auf der ohne Zustimmung des Rechteinhabers Inhalte wie Fotos veröffentlicht wurden, stellt an sich keine Urheberrechtsverletzung dar. Diese Auffassung vertritt der Generalanwalt des Gerichtshofs der Europäischen Union, Melchior Wathelet, in einem Gutachten zu einem Vorabentscheidungsverfahren zwischen Sanoma, Verleger des niederländischen Playboy, und dem Website-Betreiber GS Media.

Nach Einschätzung des Generalanwalts (PDF) kommt es nicht auf die Beweggründe der Person an, die den Link setzt, oder darauf, dass sie wusste oder hätte wissen müssen, dass die ursprüngliche Wiedergabe der Inhalte auf anderen Websites ohne Zustimmung des Rechteinhabers erfolgt ist. In seinen Schlussanträgen führte Wathelet aus, dass Hyperlinks auf einer Website das Entdecken anderer Websites und der geschützten Werke, die dort zugänglich sind, zwar erheblich erleichterten und den Besuchern damit einen schnelleren und direkteren Zugang zu den geschützten Werken böten, durch die Verlinkung würden diese, sofern sie bereits auf einer anderen Website frei zugänglich seien, aber nicht der Öffentlichkeit „zugänglich gemacht“, auch nicht wenn es sich um direkte Links handle. Stattdessen würde lediglich das Auffinden der geschützten Werke erleichtert. Die eigentliche „Zugänglichmachung“ sei durch die ursprüngliche Wiedergabe erfolgt.

Daher kommt der Gutachter zu dem Schluss, dass Hyperlinks auf einer Website zu geschützten Werken, die auf einer anderen Site frei zugänglich sind, nicht als „Handlung der öffentlichen Wiedergabe“ im Sinne der EU-Richtlinie 2001/29/EG (PDF) eingestuft werden kann, die dafür zwingend die Zustimmung des Rechteinhabers vorsieht. Das Tätigwerden des Betreibers der Website, der den Hyperlink setzt, ist Wathelet zufolge für die Zugänglichmachung der Inhalte für die Internetnutzer nicht unerlässlich. Ob dies im vorliegenden Fall anders war, müsse das zuständige Gericht in den Niederlanden klären.

Jedoch weist der Generalanwalt darauf hin, dass diese Schlussfolgerungen auf der Prämisse beruhen, dass die Inhalte auf den Drittwebsites für sämtliche Internetnutzer frei zugänglich sind. Jede andere Auslegung des Begriffs „Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit“ würde das Funktionieren des Internets erheblich beeinträchtigen und die Verwirklichung eines Hauptziels der Unionsrichtlinie, nämlich die Förderung der Entwicklung der Informationsgesellschaft in Europa, gefährden, so Wathelet.

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Ihm zufolge wissen Nutzer normalerweise nicht, ob ein geschütztes Werk, das im Internet frei zugänglich ist, ursprünglich mit oder ohne Zustimmung des Rechteinhabers für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Sie seien in der Regel auch nicht dazu in der Lage, dies herauszufinden. Liefen Anwender Gefahr, gerichtlich wegen Urheberrechtsverletzung belangt zu werden, wenn sie einen Link zu Werken setzen, die auf einer anderen Website frei zugänglich sind, würden sie noch mehr davor zurückscheuen, solche Links zu setzen, was der Funktionsweise des Internets, dessen Architektur als solcher und letztlich der Entwicklung der Informationsgesellschaft abträglich wäre, so der Generalanwalt.

Im vorliegenden Fall (Rechtssache C-160/15), in dem sich das oberste ordentliche Gericht der Niederlande (Hoge Raad) vor einem Jahr mit einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gewandt hatte, geht es darum, dass GS Media auf seiner Website GeenStijl Anzeigen und Links zu anderen Websites veröffentlicht hat, die urheberrechtlich geschützte Playboy-Fotos ohne Zustimmung des Rechteinhabers Sanoma zeigten. Die Ausgabe des Männermagazins, in dem die Fotos abgedruckt waren, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Handel erhältlich. Sanoma forderte GS Media daraufhin auf, den Link zu entfernen, was der Site-Betreiber aber nicht tat.

Mit einem abschließenden Urteil in der Sache ist erst in einigen Monaten zu rechnen. Die Richter des Gerichtshofs der Europäischen Union sind nicht an die Einschätzung des Generalanwalts gebunden, folgen dieser aber häufig.

ZDNet.de Redaktion

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