Verbraucherschützer dürfen jetzt Datenschutzverstöße abmahnen

Das Gesetz zum Verbandsklagerecht ist gestern in Kraft getreten. Auf seiner Grundlage können Verbraucherverbände oder Industrie- und Handelskammern Unterlassungserklärungen oder Abmahnungen gegen Unternehmen erwirken. Ob auch Mitbewerber Datenschutzverstöße abmahnen dürfen, ist noch gerichtlich zu klären.

Mit der Verkündung im Bundesgesetzblatt ist am gestrigen Dienstag, den 23. Februar, das Gesetz zum Verbandsklagerecht in Kraft getreten. Das vom Bundestag bereits Mitte Dezember beschlossene Gesetz räumt etwa Verbraucherverbänden oder Industrie- und Handelskammern das von ihnen seit langem geforderte Recht ein, datenschutzrechtliche Verstöße durch Unternehmen abzumahnen und Unterlassungsklagen zu erwirken. Von höchstrichterlicher Stelle zu klären ist hingegen noch, ob auch Mitbewerber Verstöße gegen das Datenschutzrecht abmahnen dürfen.

Datenschutz (Bild: Shutterstock)Der Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) sieht in dem Gesetz zur besseren „zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts“ grundsätzlich einen weiteren Schritt, um Missbrauch personenbezogener Daten durch Unternehmen zu verhindern. Der BvD weist allerdings auch darauf hin, dass dieses Recht auf Werbung, Markt- und Meinungsforschung, Auskunfteien, die Erstellung von Persönlichkeits- und Nutzungsprofilen sowie auf sonstigen Datenhandel oder vergleichbare kommerzielle Zwecke beschränkt ist. Nicht darunter falle etwa die reine Vertragsabwicklung oder der Beschäftigtendatenschutz.

Die Regelung, dass die Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder in die Verfahren einbezogen werden, gilt laut Jens Eckhardt, Vorstandsmitglied und Rechtsexperte im BvD, „nicht beim einstweiligen Rechtsschutz, wenn ohne mündliche Verhandlung entschieden wird“. Allerdings würden von den Gerichten die meisten Unterlassungsklagen und Verfahren im Wettbewerbsrecht häufig ohne mündliche Verhandlung entschieden. „Wir setzen deshalb auf die Einsicht der Gerichte, die Sachkompetenz der Datenschutzaufsichtsbehörden einzubeziehen und mündliche Verhandlungen durchzuführen“, sagt Eckhard.

Bereits Mitte Dezember, als der Bundestag das Verbandsklagerecht im Datenschutz beschlossen hatte, rief das beim Bundesverband Deutsche Startups e.V. heftige Kritik hervor. „Bislang haben 17 Datenschutzbeauftragte über die Einhaltung der Datenschutzstandards in Deutschland gewacht. Schon diese Fülle an Kontrollinstanzen stellt gerade junge Unternehmen vor große Herausforderungen, insbesondere, wenn sich die einzelnen Datenschutzbeauftragten nicht einig sind. Jedoch sind diese unabhängig und lediglich dem Gesetz unterworfen. Ein darüberhinausgehendes Verbandsklagerecht schafft eine enorme Zahl von privaten Kontrollinstanzen, die das Potenzial haben, unsere Start-ups mit einer Klagewelle zu ertränken“, erklärte Florian Nöll, Vorsitzender des Vorstands, damals in einer Pressemitteilung.

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Seiner Ansicht nach entsteht so „eine private Aufsichtsinstanz im Datenschutz, die keine Unabhängigkeit und Kompromissbereitschaft mehr kennt.“ Das Gesetz führe zudem zu einem stärker fragmentierten Datenschutz, damit letztendlich zu mehr Rechtsunsicherheit und konterkariere datenschutzrechtliche Harmonisierungsmaßnahmen auf europäischer Ebene.

Nöll weiter: „Im Ergebnis wird die Möglichkeit zunichte gemacht, dass in Deutschland irgendwann einmal Big-Data-Unternehmen entstehen, die hohe datenschutzrechtliche Standards wahren und im internationalen Wettbewerb in der digitalen Wirtschaft bestehen können. Die Aufsicht über die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben wird damit einer Privatmiliz übertragen und das deutsche Datenschutzrecht zum Wilden Westen erklärt.“

Der Gütesiegel-Anbieter Trusted Shops mahnt Online-Händler dringend, ihre Prozesse zur Datenerhebung und -verarbeitung zu kontrollieren sowie ihre Datenschutzerklärungen gegebenenfalls zu aktualisieren. Für Letzteres empfiehlt er wie gewohnt seinen kostenfreien Rechtstexter.

Außerdem weist Trusted Shops auf eine weitere Änderung hin, die das Gesetz mit sich bringt. So seien künftig AGB-Klauseln von Online-Händlern unwirksam, mit denen sie Verbraucher verpflichten, Anzeigen oder Erklärungen, die dem Unternehmer oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, in einer strengeren Form als der Textform abzugeben. Anders ausgedrückt: Sie dürfen von Verbrauchern zum Beispiel bei Kündigungen von Dauerschuldverhältnissen oder der Geltendmachung von Gewährleistungs- oder Garantieansprüchen beispielsweise keinen unterschriebenen Brief mehr verlangen. Eine E-Mail reicht dafür dann aus. Dieser Teil des Gesetzes tritt jedoch erst zum 1. Oktober 2016 in Kraft.

[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]

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