Französische Polizei fordert Verbot von Tor und öffentlichen WLAN-Netzen

Dies soll durch erweiterte Notstands- und Antiterrorgesetze festgeschrieben werden. Zudem will man VoIP-Dienste zwingen, ihre Schlüssel bei staatlichen Stellen zu hinterlegen. Die Entwürfe könnten schon im Januar dem Parlament vorliegen. Allerdings zweifelt selbst das Innenministerium, ob sie verfassungsgemäß sind.

Nach den Attentaten vom 13. November in Paris hat sich die französische Polizei für eine Ausweitung der Notstands- und Antiterrorgesetze ausgesprochen, die eine Verwendung des Anonymisierungsdiensts Tor und frei verfügbare öffentliche WLAN-Netze verbieten würde. Das ist in Dokumenten des Innenministeriums festgehalten, die Le Monde zugespielt wurden.

Tor Logo (Bild: Tor Project)Das WLAN-Verbot würde nur im Notstand greifen. Die Polizei glaubt, solche Netze erschwerten die Identifikation Verdächtiger. Sie beantragt auch eine ganze Reihe weiterer Notstandsregelungen, die mit Telekommunikation nichts zu tun haben – etwa anlasslose Identitäts- und Gepäckkontrollen sowie die Möglichkeit, in einer Verdächtigenkartei geführte Personen für 48 oder 72 Stunden in Gewahrsam zu nehmen.

Ein Verbot von Tor wird hingegen als allgemeine Antiterror-Maßnahme vorgeschlagen. Zudem soll Verschlüsselung zwar nicht verboten werden, aber VoIP-Dienste müssten dem Staat die nötigen Schlüssel für Lauschangriffe bereitstellen, es würde also – wie in Kasachstan – eine staatliche Hintertür geschaffen.

Tor ist bereits in China gesperrt. Auch Russland und der Iran stehen ihm skeptisch gegenüber und suchen einen Angriffspunkt, um es auszuhebeln.

Flagge Frankreich (Bild: ZDNet.de)Die Gesetzesänderungen könnten bereits im Januar dem Parlament vorgelegt werden. Le Monde zufolge hat aber auch das Innenministerium Zweifel, ob sie verfassungsgemäß sind, wie eine Notiz eines Bearbeiters zeige.

Bei den Anschlägen von Paris am 13. November verloren mindestens 129 Menschen ihr Leben. Über 350 weitere wurden verwundet. Die extremistischen Attentäter, die sich auf den Islam berufen, haben nach heutigem Erkenntnisstand möglicherweise Verschlüsselung ihrer Kommunikation eingesetzt. Auf Verwendung von Tor gibt es bisher keine Hinweise. Der mutmaßliche Drahtzieher Abdelhamid Abaaoud konnte aufgrund einer unverschlüsselten Nachricht aufgespürt werden.

Der Anonymisierungsdienst Tor stammt ursprünglich von der US-Marine. Er hat nach den Veröffentlichungen Edward Snowdens zu Massenüberwachung durch die US-Geheimdienste an Beliebtheit gewonnen. Wie Motherboard festhält, benutzen ihn nicht nur Terroristen, Pädophile und Cyberkriminelle, sondern auch Oppositionelle in Diktaturen, Journalisten, Whistleblower – und Menschen, denen ihre Privatsphäre wichtig ist.

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11 Kommentare zu Französische Polizei fordert Verbot von Tor und öffentlichen WLAN-Netzen

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  • Am 8. Dezember 2015 um 6:41 von Mac-Harry

    Ist es eine Lösung, der Gesellschaft die Bewegungsfreiheit zu nehmen? Nein! Die Lösungen müssen anders aussehen.

  • Am 8. Dezember 2015 um 8:29 von Sebastian

    Hollywood hat schon vor Jahrzehnten unknackbare Verschlüsselungen gezeigt: Eingeweihte Personen ersetzen einfach relevante Wörter durch belanglose. Ein Besuch bei der Oma oder ein Date mit der neuen Freundin – selbst öffentlich auf Facebook gepostet würde kein Fremder erkennen, was tatsächlich gemeint ist. Aber egal, verbieten wir einfach mal Verschlüsselung. Mit der gleichen Logik könnte man auch das Internet abschalten und sicherheitshalber gleich das Telefonnetz mit.
    Die Erfolge sprechen für sich: In der Türkei wurde noch nie ein Länderspiel Deutschland-Frankreich von Terroristen attackiert und in China gab es noch keinen einzigen islamistischen Anschlag. Nordkorea und Kuba sind diese Probleme ebenfalls fern. Frankreich möchte einfach nur von Staaten lernen, die Terrorismus seit Langem sehr erfolgreich verhindern. Dafür bekommt die Regierung bestimmt unendliche Dankbarkeit von ihrer Bevölkerung – wie in Nordkorea.

  • Am 8. Dezember 2015 um 9:26 von Thomas David

    Super recherechiert? Der Terrorist wurde in Paris und nicht in Brüssel erschossen. Wer so einen Beitrag schreibt sollte so Fehler nicht machen.

    • Am 8. Dezember 2015 um 9:39 von Florian Kalenda

      Zugegeben, dummer Fehler, hat aber natürlich mit Recherche nichts zu tun.

  • Am 8. Dezember 2015 um 9:50 von Stefan

    Ich finde es erschreckend wie versucht wird, Tor und Verschlüsselung im Allgemeinen zu diskreditieren, indem man „Terroristen, Pädophile und Cyberkriminelle, Oppositionelle in Diktaturen, Journalisten, Whistleblower und Menschen, denen ihre Privatsphäre wichtig ist“ in einen Topf wirft.
    Die Schritte Frankreichs sind meiner Ansicht nach nicht in Richtung Sicherheit, sondern in Richtung Knebelung der eigenen Bevölkerung. In Frankreich läuft das aber noch anders als bei uns in Deutschland. Wenn es den Franzosen zu bunt wird, sind sie schneller dabei mit Steinen zu werfen, als das ein deutscher auch nur denkt. Wir fallen doch nur in Duldungsstarre.

    • Am 8. Dezember 2015 um 10:24 von Karl

      Terroristen könnten möglicherweise nicht nur Verschlüsselung ihrer Kommunikation eingesetzt haben. Sie könnten auch Brot gegessen haben und Auto gefahren sein. Wird das jetzt auch verboten?

  • Am 8. Dezember 2015 um 10:51 von Membot

    Ich bin schockiert, wie Frankreich dem IS in die Hände spielt.
    Man könnte fast den Eindruck gewinnen, IS und Frankreich hätten sich abgesprochen.
    Wurde nicht kurz nach dem Attentat immer wieder wiederholt, die Franzosen hätten keine Angst und würden sich in ihrer Großartigkeit nicht einschüchtern und verändern lassen? Und jetzt schafft die grande Nation peu á peu ihre Demokratie ab. Offenbar hat Frankreich doch sehr große Angst.

    Alles was Frankreich bisher tut und zu tuen plant, dient dem IS. Es kann doch nicht sein, dass das den Politikern, Beratern und dem Militär nicht bewusst ist.

    • Am 9. Dezember 2015 um 13:48 von Christine

      Ich kann dem Kommentar nicht folgen. Was gibt Ihnen so den Eindruck, dass Frankreich dem IS in die Hände spielt? Die französische Regierung sucht Lösungen, um die Werkzeuge der IS einzuschränken. Sicherlich bringen diese Maßnahmen eine Beschränkung der Freiheit mit sich, das macht mich auch nicht glücklich … aber die Freiheit selbst hat ihre Grenzen, da die Freiheit zu töten nicht existieren sollte. Ich bin selbst schockiert, dass man so pietätlose Kommentare schreiben kann: 130 unschuldige Menschen wurden erschossen, mehr als 350 weitere wurden verletzt. Und wenn diese Maßnahmen so kontraproduktiv wären, was schlagen Sie denn vor? Nichts tun und einfach bis zum nächsten Attentat warten? Übrigens das nächste könnte Sie oder einen ihrer Freunde treffen…

  • Am 8. Dezember 2015 um 13:38 von Dieter Amselfeld

    Endlich wird das illegale Tor verboten und ich hoffe das wird auch in DE bald so weit sein man sollte außerdem Filesharing allgemein sperren und verbieten sowie alle fragwürdigen Inhalte sperren. Öffentliche WLANs sind für Straftätger ideal daher gilt auch hier ein Verbot auszusprechen was auch kommen wird. Ferner muss die EU allgemein alle stärker überwachen. Frankreich macht es jetzt vor während Merkel auf ganzer Linie in allen Bereichen versagt.

  • Am 8. Dezember 2015 um 15:03 von Annette Schmidt

    Ich kann keine französische Quelle finden, wo diese Meldung bestätigt wird. Auch in dem Link auf die Zeitung Le Monde vom 5.12. steht nichts hinsichtlich des Tor Browsers. Könnten Sie bitte die Quellen zitieren, aus welchen Sie diese Meldung ableiten?

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