Google integriert Microsofts Web-Konzept Pointer Events in Chrome

Auf Wunsch einer Mehrheit der Entwickler macht es seine Ablehnung von letztem Jahr rückgängig. Der Druck auf Apple als letzten Gegner der Schnittstelle steigt. Der Anbieter von Safari zieht separate Erkennung von Maus- und Touch-Ereignissen im Browser vor.

Google hat eine Entscheidung von 2014 korrigiert und sich durchgerungen, einen von Microsoft vorgeschlagenen Webstandard namens Pointer Events zu unterstützen. Dazu wurde es durch Feedback von Webentwicklern gebracht. Rick Byers aus Googles Chrome-Team schreibt im Issue-Tracker: „Danke an alle für das Feedback. Wir haben es laut und deutlich vernommen und arbeiten jetzt an einem Plan, um Pointer Evens in Chrome einzubauen.“

(Bild: Google)

Microsofts Idee war es, eine einzige Schnittstelle sowohl für Touchscreens wie auch Mausbedienung anzubieten – statt zwei verschiedene, nämlich Touch Events und Mouse Events. Sie eignet sich auch für Stiftbedienung. Das ist für Microsoft nicht zuletzt deshalb interessant, weil sein Betriebssystem auf vielen Hybridgeräten läuft. Apple, das iOS für Touch-Geräte reserviert und dessen Macs ohne berührungsempfindlichen Bildschirm kommen, zog separate Schnittstellen vor. Mozilla fand Gefallen an Microsofts Idee, aber gegen eine Allianz aus Apple und Google hätten sie sich wohl nicht durchsetzen können.

Für den jetzigen Erfolg hat Microsoft hart arbeiten müssen: Unter anderem schrieben seine Entwickler selbst den Code, mit dem sich Pointer Events (Zeigerereignisse) in Google Chrome und Mozilla Firefox realisieren lassen. Insgesamt 1088 Entwickler stimmten im Chrome-Tracker für Pointer Events, und Dutzende begründeten dies in Kommentaren.

Googles Zusage betrifft zunächst Vorabversionen von Chrome. Dass die Technik den Weg in eine Final finden wird, sagt es vorerst nicht zu.

Apple hatte Pointer Events 2012 als „technisch unsolide“ abgekanzelt. Auch Google meldet noch Bedenken an, vor allem hinsichtlich einer durch konstantes Monitoring deutlich reduzierten Akkulaufzeit auf Mobilgeräten. Byers zufolge arbeitet es diesbezüglich an einer Korrektur, die zur Folge haben könnte, dass Entwickler Code noch einmal umschreiben müssen, der Pointer Events nutzt. Byers: „Ich bin optimistisch, dass eine Lösung gefunden werden kann.“

Nach Googles Kehrtwende könnte auch Apple unter ausreichendem Druck stehen, um Pointer Events in Safari zu integrieren. Das hofft zumindest Peter-Paul Koch, einem der wichtigsten externen Unterstützer des Microsoft-Vorschlags. Auch Dominique Hazaël-Massieux vom Standardisierungsgremium World Wide Web Consortium hatte sich in einem Interview positiv über Pointer Events geäußert. „Wir glauben, dass das die richtige Technologie fürs Web ist.“

Logo Internet Explorer 11 (Bild: Microsoft)

Zugleich wird die Debatte als Machtverschiebung unter den Entwicklern von Webtechnologien gesehen: Immerhin erhielt Microsoft Unterstützung von jenen Webentwicklern, denen es mit seiner von Standards abweichenden Browsertechnik jahrelang das Leben schwer gemacht hat. Das ist bemerkenswert – selbst wenn eine einheitliche Schnittstelle für Maus und Touch für diese Gruppe eine deutliche Arbeitserleichterung bedeutet.

Mit seinem neuen Browser Project Spartan hat Microsoft Bereitschaft signalisiert, alte Zöpfe endgültig abzuschneiden. Er soll nicht nur schneller und schlanker sein, sondern auch Erweiterungen unterstützen. Der traditionsreiche Internet Explorer wird weiterhin verfügbar bleiben – der neue Browser aber als Standardbrowser für Windows 10 die Zukunft von Microsofts Browserentwicklung einläuten.

Zugleich scheint Apples Einfluss auf die Konsensfindung bei Webstandards ein wenig zurückzugehen. Bereits im April 2013 hatte sich Google aus der gemeinsamen Arbeit an der Browser-Engine WebKit zurückgezogen, indem es einen Fork namens Blink schuf. Zudem steht unter iOS immer stärker das App-Ökosystem im Mittelpunkt. Microsoft hingegen, mit seiner geringen Verbreitung im Mobilbereich, hat mehr Anreize als Apple, sich um ein starkes Web zu bemühen – mit Anwendungen, die nicht hinter nativen zurückbleiben müssen.

[mit Material von Stephen Shankland, News.com]

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Themenseiten: Apple, Browser, Google, HTML 5, Microsoft, Mozilla, Touchscreen, W3C

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