Vorratsdatenspeicherung: Kein deutscher Alleingang geplant

Justizminister Heiko Maas dementiert angebliche neue Pläne der Bundesregierung zur Vorratsdatenspeicherung. Ihm zufolge wartet Berlin derzeit auf eine "belastbare Aussage" der EU-Kommission zu dem Thema. Maas bestätigt allerdings Gespräche mit Innenminister de Maizière.

Justizminister Heiko Maas hat einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge am Wochenende Pläne der Bundesregierung zu einem deutschen Alleingang bei der Vorratsdatenspeicherung dementiert. Es gebe auch keine konkreten Verhandlungen zwischen dem Justiz- und Innenministerium, die Der Spiegel gemeldet hatte. Derzeit gebe es zum Thema Vorratsdatenspeicherung „nichts Neues“.

netzwerk-internet (Bild: Shutterstock)

Maas bestätigte dem Bericht zufolge lediglich, dass er seit „mehr als einem Jahr mit Innenminister Thomas de Maizière über die Probleme des Sammelns und Speicherns von Telefon- und Internetdaten“ rede. Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg, der vor rund einem Jahr die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gekippt hatte.

Der EuGH begründete seine Entscheidung damit, dass die Richtlinie einen besonders schweren Eingriff in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Inhalte darstellt, der nicht auf das absolut Notwendige beschränkt sei. Die Richter stellten damit laut Süddeutscher Zeitung aber auch klare Grenzen für eine neue Richtlinie auf, die auch für einen Alleingang Deutschlands oder eines anderen EU-Staats gelten würden.

Eine neue Richtlinie darf sich beispielsweise nicht generell auf sämtliche Personen, elektronische Kommunikationsmittel und Verkehrsdaten erstrecken. Es muss vielmehr eine Differenzierung, Einschränkung oder Ausnahme anhand des Ziels der Bekämpfung schwerer Straftaten vorgenommen werden. Den Richtern fehlten zudem objektive Kriterien, die den Zugang der zuständigen Behörden regeln und festlegen, welche Straftaten so schwerwiegend sind, dass sie die Vorratsdatenspeicherung und damit einen schweren Eingriff in Grundrechte rechtfertigen.

Sie kritisierten aber auch das Fehlen von Garantien dafür, dass die Daten wirksam vor Missbrauchsrisiken sowie vor jedem unberechtigten Zugang und jeder unberechtigten Nutzung geschützt sind. Die gekippte Richtlinie gestattete es Diensteanbietern, bei der Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen wirtschaftliche Erwägungen zu berücksichtigen.

Dem Bericht zufolge bemüht sich die Bundesregierung derzeit um eine „belastbare Aussage“ der EU-Kommission, „ob sie eine neue Richtlinie vorlegt“. Bisher habe man aber noch keine konkreten Reaktionen erhalten. Erst nach einer Antwort aus Brüssel werde die Bundesregierung über ihr weiteres Vorgehen entscheiden.

Hierzulande hatte das Bundesverfassungsgericht das vorgesehene Gesetz bereits 2010 für verfassungswidrig erklärt. Die damalige Regierung konnte sich im Anschluss nicht auf eine Neufassung einigen. Seit dem Urteil des EuGH, also seit März 2014, ist allerdings auch kein EU-Staat mehr verpflichtet, die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in nationales Recht umzusetzen.

Die Vorratsdatenspeicherung wird jedoch weiterhin als ein geeignetes Mittel im Kampf gegen den Terrorismus angesehen. Die Anschläge in Paris Anfang des Jahres, bei denen 17 Menschen ums Leben gekommen waren, hatten die Diskussionen darüber neu entfacht. In Deutschland gilt Bundesinnenminister de Maizière als Befürworter. Ute Elisabeth Gabelmann vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung wies Mitte Januar jedoch darauf hin, dass die in Frankreich geltende zwölfmonatige Vorratsdatenspeicherung die Attentate weder verhindert, noch maßgeblich zur Ergreifung der Täter beigetragen habe.

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