Verschärfter Arbeitskampf: Amazon-Mitarbeiter bestreiken fünf Standorte

Mit Beginn der Nachtschicht haben heute Mitarbeiter in Bad Hersfeld erneut die Arbeit niedergelegt. Zum Beginn der Frühschicht zogen Angestellte in Leipzig, Graben, Rheinberg und Werne nach. Sie wollen den Versandhändler weiterhin zu Tarifverhandlungen bewegen.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat zu verschärften Warnstreiks bei Amazon in Deutschland aufgerufen. Mit Beginn der heutigen Nachtschicht um 0 Uhr legten Mitarbeiter in Bad Hersfeld (Hessen) die Arbeit erneut nieder. Beschäftigte der Standorte Leipzig (Sachsen), Graben (Bayern), Rheinberg und Werne (Nordrhein-Westfalen) zogen zum Beginn der Frühschicht nach. Die Streiks sollen diesmal bis Mittwoch, den 17. Dezember, bis zum Ende der Spätschicht andauern.

Amazon-Logistikzentrum in Leipzig (Bild: Amazon)

Wie schon im vergangenen Jahr setzt Verdi darauf, den Druck auf Amazon im Weihnachtsgeschäft zu erhöhen. Durch die Weihnachtsaktionen steige das Auftragsvolumen und damit auch der Druck auf die Mitarbeiter, wie die Gewerkschaft kritisiert.

„Amazon weigert sich weiterhin kategorisch, das Recht der Beschäftigten auf einen Tarifvertrag anzuerkennen und hält Gewerkschaften für überflüssig. Das Unternehmen will willkürlich die Arbeitsbedingungen diktieren, das ist der einzige Grund für Amazons Blockadehaltung. Dagegen wehren sich die Beschäftigten und auch Kunden und Bürger sollten sie darin unterstützen“, sagte Stefanie Nutzenberger, Verdi-Bundesvorstandsmitglied und zuständig für den Handel.

Der Druck der Beschäftigten für existenzsichernde Einkommen und gute Arbeitsbedingungen werde nicht nachlassen, betonte Nutzenberger. Amazon selbst habe es in der Hand, die Streiks im Weihnachtsgeschäft zu beenden, wenn das Unternehmen dazu bereit sei, einen Tarifvertrag abzuschließen.

Schon im Oktober wurden die fünf Amazon-Logistikzentren in Bad Hersfeld, Leipzig, Graben, Werne und Rheinberg bestreikt. Das Unternehmen, das bislang nicht auf die Forderungen der Arbeitnehmervertretung eingeht, kündigte daraufhin an, 10.000 Saisonarbeiter zusätzlich in der Vorweihnachtszeit beschäftigen zu wollen. Ihm zufolge verdienen diese befristet angestellten Kräfte das gleiche wie dauerhaft beschäftigte. Das sind abhängig vom jeweiligen Standort zwischen 9,75 Euro und 10,62 Euro brutto pro Stunde. Zudem zahlt Amazon nach eigenen Angaben Boni und Zuschläge für Überstunden oder Arbeiten an Sonn- und Feiertagen.

Der Tarifstreit zwischen Amazon und Verdi läuft seit Ostern 2013. Die Arbeitnehmervertreter fordern für die Mitarbeiter des Versandhändlers einen Tariflohn auf Einzelhandelsniveau. Bislang gilt für sie der Tarif der Logistikbranche.

Insgesamt beschäftigt Amazon an neun deutschen Standorten rund 10.000 festangestellte Mitarbeiter. Aufgrund der Arbeitsbedingungen in den Logistikzentren stand es schon häufiger in der Kritik. Die Beschäftigten klagen unter anderem über den hohen Anteil an befristeten Arbeitsverhältnissen, über unzureichende Pausenregelungen und über hohen Leistungsdruck. Aus diesem Druck resultiere auch der hohe Krankenstand zwischen 15 und 19 Prozent, wie es von Seiten Verdis heißt. Die Gewerkschaft wirft Amazon zudem vor, seinen Mitarbeitern zum Teil mehrere hundert Euro weniger an Lohn zu bezahlen als es in vergleichbaren Beschäftigungsverhältnissen im Einzel- und Versandhandel üblich ist.

Verdi lädt auch Kundinnen und Kunden dazu ein, im Konflikt mit Amazon Stellung zu beziehen: Auf Change.org können sie eine Online-Petition unterzeichnen, in der Amazon-Chef Jeff Bezos aufgefordert wird, für faire Arbeitsbedingungen zu sorgen. Beim Zurücksenden von Ware an Amazon können sie zudem einen von Verdi bereitgestellten Retourenaufkleber verwenden, der sich für Tarifbindung ausspricht.

„Die Streiks richten sich nicht gegen die Kundinnen und Kunden, sondern gegen die Arbeitsbedingungen bei Amazon“, so Nutzenberger. Lieferverzögerungen könnten wegen der Streiks nicht ausgeschlossen werden, und Kundinnen und Kunden sollten Bestellungen nicht allzu kurzfristig aufgeben. Amazon selbst versicherte am Montagmorgen hingegen, dass sich der Ausstand nicht auf die Lieferzeiten auswirke: „Die Päckchen kommen pünktlich an.“ Beim Standardversand müssen Kunden ihre Bestellung bis Mitternacht am 21. Dezember aufgeben, damit die Ware rechtzeitig zum Weihnachtsfest verschickt wird. Amazon-Prime-Mitglieder können sich bis zum Mittag des 23. Dezember Zeit lassen. Heute vor einem Jahr war übrigens Amazons Spitzenbestelltag mit mehr als 4,6 Millionen Artikeln.

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