Microsoft-Aktionärin klagt wegen verschlampter Browserauswahl

Nach Meinung von Kim Barovic hätte die Untersuchung weitergehen müssen. Sie wirft der Führung Pflichtvernachlässigung vor. Der nie näher geklärte "technische Fehler" führte zu einer EU-Strafe in Höhe von 561 Millionen Euro.

Eine Microsoft-Aktionärin hat eine Klage gegen den Konzern eingereicht, weil dieser zeitweise versäumt hatte, die von der EU vorgeschriebene Browserauswahl in sein Betriebssystem Windows 7 zu integrieren. Das berichtet Reuters. Kim Barovic sieht die Führung einschließlich des Gründers Bill Gates und des damaligen CEOs Steve Ballmer in der Verantwortung, da sie ihre Pflichten vernachlässigt habe. Außerdem sei die interne Nachforschung nicht weit genug gegangen und der direkte Schuldige nie ermittelt worden.

Die Klage liegt dem Bundesbezirksgericht für den Westen des Staats Washington vor, wo Microsofts Firmensitz Redmond liegt. Das Unternehmen hat dazu eine Stellungnahme abgegeben: „Frau Barovic hat den Aufsichtsrat gebeten, ihre Forderung zu prüfen und selbst gegen die Geschäftsführung zu klagen. Der Aufsichtsrat hat diese Forderung eingehend geprüft und keine Grundlage für einen solchen Prozess gefunden.“

Der Fehler kostete Microsoft 561 Millionen Euro in Form einer EU-Strafe. EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia erklärte: „Rechtlich bindende Verpflichtungen in Kartellfragen spielen für unsere Vollzugsstrategie eine sehr wichtige Rolle, da sie eine schnelle Lösung von Wettbewerbsproblemen versprechen. Selbstverständlich erfordern solche Entscheidungen, dass sie strikt eingehalten werden. Nichteinhaltung ist ein schwerwiegender Verstoß, der entsprechend geahndet werden muss.“

Die EU hatte im Juli 2012 ein Kartellverfahren gegen den Softwarekonzern aus Redmond eingeleitet. Auslöser waren Beschwerden von Konkurrenten, weil Microsoft die 2010 eingeführte Browserauswahl unter Windows 7 angeblich nicht mehr anbot. Es räumte kurz darauf ein, dass das Auswahlfenster in Windows 7 SP1 von Februar 2011 bis Juli 2012 aufgrund eines nie näher geklärten „technischen Fehlers“ nicht mehr enthalten gewesen sei. Davon waren rund 28 Millionen PCs betroffen.

Einem damaligen Bericht zufolge hätte Microsoft die Auswirkungen des „technischen Fehlers“ schon früh minimieren können. Demnach erhielt das Unternehmen über seine Support-Website schon rund fünf Wochen nach der Einführung des Service Pack 1 für Windows 7 von einem Nutzer einen Hinweis darauf, dass die Browserauswahl fehlt.

Das Debakel um die Browserauswahl hatte 2012 schon direkte Folgen für CEO Steve Ballmer. Damals machte eine Bewertungskommission, die für die Gehälter und Bonuszahlungen zuständig ist, den Manager für den erneuten Streit mit Brüssel mitverantwortlich. Sie kürzte auch den Bonus des ehemaligen Windows-Chefs Steven Sinofsky, der inzwischen nicht mehr für Microsoft arbeitet.

[mit Material von Max Smolaks, TechWeekEurope.co.uk]

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