Nach Drohung von Ministerpräsident Erdogan: Türkei blockiert Twitter

Das Unternehmen soll mehrere gerichtliche Verfügungen zur Löschung illegaler Links missachtet haben. Nutzer in der Türkei können aber weiterhin per SMS twittern. EU-Kommissarin Neelie Kroes kritisiert die Sperre als sinnlos, feige und offensichtliche Zensur.

Twitter ist seit gestern in der Türkei nicht mehr erreichbar. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet, hatte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan nur wenige Stunden zuvor mit der „Auslöschung“ des Mikroblogging-Diensts gedroht, der unter anderem genutzt wurde, um Neuigkeiten über den Korruptionsskandal in der Türkei zu verbreiten.

Twitter

„Wir werden Twitter auslöschen. Es ist mir egal, was die internationale Gemeinschaft sagt“, erklärte Erdogan dem Bericht zufolge auf einer Wahlkampfveranstaltung in der westtürkischen Provinz Bursa. „Sie werden die Stärke der Türkischen Republik erleben.“

Die staatliche Nachrichtenagentur Anatolia meldete laut AFP, dass die Behörden den Zugang zu Twitter blockierten, weil sich das Unternehmen geweigert habe, zahlreiche Verfügungen türkischer Gerichte umzusetzen. Dabei sei es um die Löschung als illegal eingestufter Links gegangen.

Twitter prüft nach eigenen Angaben die Berichte. Nutzer in der Türkei könnten aber weiterhin Tweets per SMS verschicken, teilte das Unternehmen über sein @policy-Konto mit. Das „Schlupfloch“ soll in den Netzen von Avea, Turkcell und Vodafone funktionieren.

In einer ersten Reaktion twitterte Neelie Kroes, Kommissarin für Digitale Agenda und Vizepräsidentin der EU-Kommission: „Das Twitter-Verbot in der Türkei ist grundlos, sinnlos und feige. Das türkische Volk und die internationale Gemeinschaft werden dies als Zensur ansehen. Das ist es.“

Der Druck auf Erdogan, der seit 2003 Ministerpräsident des Landes ist, hat sich in den vergangenen Wochen erhöht. Unter anderem war ein angeblicher Mitschnitt eines Telefonats zwischen ihm und seinem Sohn Bilal aufgetaucht, in dem er ihn anweisen soll, einen größeren Geldbetrag verschwinden zu lassen. Erdogan bezeichnete die Aufnahme als Fälschung und drohte rechtliche Schritte an.

Vor zwei Wochen hatte Erdogan bereits Youtube und Facebook mit einer Sperre gedroht. Er behauptete, seine politischen Gegner missbrauchten Googles Videodienst und das Social Network für ihre Zwecke. „Wir überlassen dieses Land nicht der Gnade von Youtube und Facebook“, sagte Erdogan Anfang des Monats in einem Interview mit dem türkischen Fernsehsender ATV. „Wir werden die notwendigen Schritte einleiten.“

[mit Material von Steven Musil, News.com]

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Themenseiten: Politik, Soziale Netze, Twitter, Zensur

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Neueste Kommentare 

6 Kommentare zu Nach Drohung von Ministerpräsident Erdogan: Türkei blockiert Twitter

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  • Am 21. März 2014 um 10:20 von hugo

    Was muß in einem Menschen vorgehen der mit diktatorischer Gewalt Twitter abschalten läßt? Was würde sojemand erst mit einem Snowden anstellen? Solche Menschen gehören in Behandlung aber nicht in eine Regierung. Aber dafür leben diese Menschen sehr real in einer virtuellen Welt.

    • Am 21. März 2014 um 14:57 von Judas Ischias

      Er hat wohl,leider, zu gut bei den Chinesen abgeschaut.
      Vielleicht kann man sich noch ein bisschen bei Putin anbiedern, dann wird ihm wohl nichts passieren, es sei denn, dass das türkische Volk in so großen Massen auf die Straße geht, wie z.B. in Tunesien oder Ägypten, dann muss auch dieser merkwürdige Rechtsverdreher weichen.

      • Am 21. März 2014 um 16:37 von Nutzteurenhirn

        Leider habt ihr beiden keinerlei Ahnung und solltet deshalb auch nicht euer Unwissen verbreiten. Das ist gefährlich. Im Jahre 2011 wollte der Premier von England Twitter ebenfalls verbieten falls gesetzliche Richtlinien nicht eingehalten werden. Keinen hat es interessiert und es wurde auch nicht von einem Diktator gesprochen. Cameron ist ja auch kein Moslem stimmts? :) In Europa gibts es ja sowas nicht. Jedenfalls hat Twitter eingelenkt und die Richtlinien akteptiert. Warum wird Facebook nicht gesperrt? Weil facebook sich innerhalb der Gesetze bewegt. Ganz einfach. Twitter ist aber eines gerichtlichen Urteils nicht nachgegangen und deshalb wurden sie gesperrt. Noch heute sind Anwälte von Twitter in die Türkei gereist un das Problem zu lösen. Und Twitter wird bald wieder freigeschaltet werden. Aber warum nicht gleich so? Das solltet ihr euch fragen. Wenn England was will wirds ohne groß publik gemacht zu werden alles akzeptiert. In der Türkei muss man sich noch paar tage sträuben. Um die türkei nochmal medial runterzumachen. Was in Deutschland ja gang und gebe ist. Erdogan hat Twitter gesperrt. Lächerlich. Erst denken dann reden/schreiben.

        • Am 21. März 2014 um 21:45 von punisher

          @nutzteurenhirn

          Gegen welche Gesetze verstoßt den Twitter so plötzlich in der Türkei? Gabs die Gesetze vorher nicht oder hat Twitter eine neue Funktion eingeführt, die gegen geltendes Recht verstößt?

        • Am 22. März 2014 um 17:31 von Veräppler

          @nutzteurenhirn,
          wenn selbst der türkische Präsident Gül, Premier Erdogan für seine Entscheidung rügt, kann man beim besten Willen nicht davon sprechen, dass die Türkei medial runtergemacht wird!!!
          Und der Vergleich mit Cameron und Moslem passt auch überhaupt nicht. Oder ist der türkische Präsident gar kein Türke und kein Moslem? Weil sonst verstehe ich und passen deine Anschuldigungen nämlich gar nicht!!!

  • Am 22. März 2014 um 1:28 von Judas Ischias

    Was hast Du denn für Probleme? Hier hat niemand die Türkei runtergemacht. Und was bitte hat diese Blockade mit Moslems zu tun?

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