Google-Chairman Eric Schmidt erklärt Nordkorea-Reise

Er fordert erneut ein offenes Web, ohne das Nordkorea nicht wirtschaftlich aufholen könne. Ein nordkoreanisch-ägyptisches Gemeinschaftsunternehmen betreibt das geschlossene Mobilfunknetz. Schmidts Tochter Sophie war mit dabei und berichtet von der Reise in ein "sehr, sehr seltsames" Land.

Nach seiner Rückkehr aus Nordkorea hat Eric Schmidt auf seiner Google+-Seite seine Eindrücke aus dem isolierten Land zusammengefasst. Er forderte dessen Regierung erneut auf, seinen Bürgern den Zugang zum Internet zu ermöglichen, was zugleich unabdingbare Voraussetzung für eine bessere wirtschaftliche Entwicklung sei. Noch weit deutlichere Worte fand seine Tochter Sophie, die ihn begleitet hatte, in einem ausführlichen und unverblümten Blogeintrag.

Das US-Außenministerium hatte von der Reise abgeraten, ohne den Google-Chairman und den mit ihm befreundeten US-Politiker Bill Richardson von ihren Reiseplänen abbringen zu können. Sie sprachen von einer „humanitären Mission“, aber Schmidts Teilnahme ließ darüber hinaus Mutmaßungen über weitere politische und wirtschaftliche Zusammenhänge aufkommen. Schmidt folgte der Einladung Richardsons, der schon in früheren Jahren schwierige Verhandlungen mit Nordkorea geführt hatte und gut mit den Verhältnissen vertraut ist.

Die Metro in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang fährt mit ehemaligen Zügen der Berliner U-Bahn, hergestellt zwischen 1957 und 1965 (Bild: David Eerdmans / GNU)

Schon unmittelbar nach seiner Rückkehr hatte Schmidt ein offenes Web für Nordkorea postuliert, da es sonst immer schwieriger für das Land werde, wirtschaftlich aufzuholen. „Es war eine private Reise nach Nordkorea, um über das freie und offene Internet zu sprechen“, berichtet Schmidt jetzt. „Die Nordkoreaner kamen, hörten uns zu und stellten viele Fragen.“

Schmidt erlebte eine „sehr eingeschränkte“ Technologie in Nordkorea. Es gebe ein 3G-Netzwerk in Zusammenarbeit mit einem ägyptischen Unternehmen. Es erlaube aber weder Datenverbindungen noch die Nutzung von Smartphones. Es gebe geschätzte 1,5 Millionen Mobiltelefone in Nordkorea. Neben einem strikt überwachten und nur für wenige zugänglichen Internet gebe es ein koreanisches Intranet für die Universitäten. Schmidt zufolge wäre es einfach, diese Netzwerke mit dem weltweiten Internet zu verbinden.

Die von den Koreanern demonstrierte Software basierte überwiegend auf Linux. Laut Schmidt „war es offensichtlich für uns, dass der Zugang zum Internet und all dem für die Regierung, das Militär und Universitäten möglich war, aber nicht für Öffentlichkeit“. Nordkorea müsse sich aber öffnen, wenn es wirtschaftlich aufholen wolle: „Wir haben diese Alternative sehr, sehr deutlich gemacht. Wenn das Internet in einem Land da ist, dann können die Bürger zweifellos darauf aufbauen. Aber die Regierung muss den ersten Schritt machen und das Internet öffnen.“

Sophie Schmidt hingegen beschrieb ganz undiplomatisch ihre „informellen Beobachtungen“ in Nordkorea unter der Überschrift „Es hätte kaum seltsamer sein können“. Die neun Mitglieder der Reisegruppe ließen Mobiltelefone und Notebooks in China zurück, „da wir gewarnt worden waren, dass sie in Nordkorea beschlagnahmt und vermutlich mit Gott weiß was für einer Malware infiziert würden“.

Sie warnte davor, aus ihren Erfahrungen in Pjöngjang abzuleiten, wie es wirklich in der Demokratischen Volksrepublik Korea aussehe. „Unsere Reise war eine Mixtur von äußerst inszenierten Begegnungen sowie Besichtigungen und einigen scheinbar echt menschlichen Augenblicken. Wir hatten null Interaktionen mit nicht vom Staat ausgewählten Nordkoreanern und waren nie weit weg von unseren beiden Aufpassern (zwei, damit einer auf den anderen aufpassen konnte).“

Sophie Schmidt erwähnte auch die Metro Pjöngjang, in der die Delegation die beste Gelegenheit hatte, eine nicht inszenierte Gruppe einfacher Nordkoreaner zu sehen. Sie beschrieb die eingesetzten Züge als „alt, aber sauber“. Es handelt sich um frühere Züge der Berliner U-Bahn, wie trotz Umlackierung teilweise an durch Scratchings beschädigten Fensterscheiben zu erkennen.

Inzwischen wurde eine erste minimale Öffnung bekannt. Ausländische Besucher müssen ihre Mobiltelefone jetzt nicht mehr an der Grenze abgeben. Sie können am Flughafen eine SIM-Karte kaufen, die ihnen internationale Gespräche ermöglicht, mit denen sie aber keine nordkoreanischen Teilnehmer anrufen können.

Ein ägyptischer Mitarbeiter des nordkoreanisch-ägyptischen Netzbetreibers Koryolink erklärte, dass bald auch Internetdienste für Besucher bereitgestellt werden sollen. Er wies jedoch Vermutungen zurück, diese Änderungen könnten mit dem Besuch des Google-Chairmans zusammenhängen.

[mit Material von Desiree Everts DeNunzio, News.com]

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