EU-Kommissarin Neelie Kroes: Über Netzneutralität soll der Markt entscheiden

"Niemand sollte gezwungen werden, die Video-Downloads eines anderen mitzufinanzieren, wenn er nur einige Mails abrufen will." Allerdings benötigt der Kunde "Klarheit - in einer nicht technisch geprägten Sprache." Die Kommission bereitet dazu gerade eine Initiative vor.

ISPs in Europa drohen keine politischen Vorschriften, wie sie den Traffic in ihren Netzwerken verwalten. Das schreibt zumindest die Kommissarin für die Digitale Agenda Neelie Kroes in einem Artikel für eine französische Zeitung. Sie hält es für ratsamer, den Markt über die Frage der Netzneutralität entscheiden zu lassen.

Wörtlich schrieb Kroes diese Woche in Libération: „Was Netzneutralität betrifft, so benötigen die Verbraucher eine echte Wahl, welche Art Internetverbindung sie bestellen. Eine Wahl würde auch Innovationen sowie Investitionen der Internet-Provider antreiben, was allen zugutekommt.“

Neelie Kroes (Foto: EU-Kommission)
Neelie Kroes (Foto: EU-Kommission)

Was genau Kroes mit Wahlmöglichkeit meinte, präzisierte später ihr Sprecher: „Neelie Kroes unterstützt die Idee, dass die Menschen ihre Internetverbindung wählen können. Darunter fällt selbstverständlich auch ein Komplettdienst, aber wenn Ihnen ein Provider ein einfacheres Paket zu einem niedrigeren Preis anbietet, und Ihnen ist das aus Kostengründen oder wegen Ihres Anforderungprofils recht, was sollte das Problem sein? Beispielsweise sollte niemand gezwungen werden, die Video-Downloads eines anderen mitzufinanzieren, wenn er nur einige Mails abrufen oder mit seinen Enkeln skypen will.“

Unter Netzneutralität ist das Konzept zu verstehen, dass jede Art von Daten egal aus welcher Quelle von Zugangsprovidern und anderen Netzbetreibern gleich behandelt werden – ohne Möglichkeit, etwa bestimmte Dienste zu priorisieren. Die Niederlande haben dieses Prinzip im vergangenen Jahr zum Gesetz erhoben, und Befürworter eines freien Internet sähen gerne ein entsprechendes EU-Gesetz – wogegen sich Kroes aber jetzt offenbar stemmt.

Was Kroes allerdings fordert, ist „Klarheit – in einer nicht technisch geprägten Sprache“. Der Kunde müsse genau wissen, welche Art von Internetzugang er buche. Eine Initiative dazu bereite sie gerade vor, schreibt Kroes.

Im Januar des Jahres 2010 hatte sich Kroes noch für Netzneutralität in Europa ausgesprochen. Provider sollten ihr zufolge lediglich bei Sicherheitsproblemen oder zur Bekämpfung von Spam den Zugang zum Internet einschränken dürfen, nicht jedoch aus kommerziellen Gründen.

[mit Material von Nick Heath, ZDNet.com]

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1 Kommentar zu EU-Kommissarin Neelie Kroes: Über Netzneutralität soll der Markt entscheiden

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  • Am 19. Januar 2013 um 1:25 von JoT

    In diesem Fall findet aber keine Priorisierung statt. Eine preisliche Differenzierung des Angebots Internetnutzung bedarf keiner Priorisierung von Daten, sondern lediglich der verursachungsgerechten Bepreisung der End-Konsumenten. Auch die Forderung nach Transparenz bezüglich der AGB zielt nicht auf Handlungen ab, bei denen ISP’s Daten priorisieren, sondern auf deren auf notwenigerweise auf Nachfrage basierende Veränderung des Angebots Internetnutzung, wovon die End-Konsumenten bis jetzt immer ein einheitliches Bild vermittelt bekommen haben. Ich wäre daher Vorsichtig, was Sie hier Frau Kroes unterstellen.

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