Rechteinhaber dürfen grundsätzlich IP-Adressen von Urheberrechtssündern einsehen

Das hat der Bundesgerichtshof heute entschieden. Ein gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung - wie vom OLG Köln angenommen - muss dafür nicht vorliegen. Für den BGH ist ein Antrag auf Adressherausgabe "in aller Regel ohne weiteres begründet".

Internet-Provider müssen Rechteinhabern auf deren Verlangen den Namen und die Anschrift des Nutzers einer IP-Adresse mitteilen, wenn diese ein urheberrechtlich geschütztes Musikstück offensichtlich unberechtigt in eine Online-Tauschbörse eingestellt haben. Das hat der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs heute im Streit zwischen einem Musikvertrieb und der Deutschen Telekom entschieden.

Konkret ging es um das Album „Alles kann besser werden“ von Xavier Naidoo. Die Naidoo Records GmbH hatte dem klagenden Musikvertrieb das ausschließliche Recht eingeräumt, die Tonaufnahmen über Online-Tauschbörsen zu vermarkten. Um diese Rechte zu wahren, hatte der Musikvertrieb ein Unternehmen damit beauftragt, IP-Adressen von Personen zu ermittelten, die im September 2011 den Titel „Bitte hör nicht auf zu träumen“ über eine Online-Tauschbörse offensichtlich unberechtigt anderen Personen zum Download angeboten hatten.

Die Internetnutzer waren Kunden der Deutschen Telekom und hatten dynamische IP-Adressen zugewiesen bekommen. Das Schnüffel-Unternehmen verlangte von der Deutschen Telekom unter Berufung auf Paragraf 3, Nummer 30 des Telekommunikationsgesetzes die Herausgabe von Namen und Anschrift der Nutzer, denen die genannten IP-Adressen zu den jeweiligen Zeitpunkten zugewiesen waren.

Da die Telekom dieser Aufforderung nicht nachkommen wollte, musste die Sache vor Gericht entschieden werden. Das Landgericht Köln hatte den Antrag zunächst abgelehnt. Auch die Beschwerde dagegen blieb ohne Erfolg: Das Oberlandesgericht Köln hatte angenommen, die Herausgabe der Adressen setze eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß voraus. Die sah es hinsichtlich des Musiktitels „Bitte hör nicht auf zu träumen“ jedoch nicht als gegeben an.

Der Bundesgerichtshof hat nun jedoch die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und dem Antrag stattgegeben: Der bei offensichtlichen Rechtsverletzungen bestehende Anspruch des Rechtsinhabers auf Auskunft gegenüber einer Person, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbracht hat, setze nicht voraus, dass die Verletzung des Urheberrechts in gewerbsmäßigem Ausmaß betrieben wurde. Solch eine Einschränkung widerspräche laut BGH auch dem Ziel des Gesetzes, Rechtsverletzungen im Internet wirksam zu bekämpfen.

Rechtsinhabern stehen Ansprüche auf Unterlassung und Schadenersatz nicht nur gegen in gewerblichem Ausmaß handelnde Verletzer, sondern gegen jeden Verletzer zu. In Fällen, in denen ein Auskunftsanspruch besteht, haben Gerichte ISPs auf Antrag zu erlauben, Namen und Anschrift der Nutzer, denen zu bestimmten Zeitpunkten bestimmte IP-Adressen zugewiesen waren, unter Verwendung von Verkehrsdaten zu erteilen. Ein solcher Antrag setzt laut Bundesgerichtshof kein gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung voraus, sondern ist unter Abwägung der betroffenen Rechte des Rechtsinhabers, des Auskunftspflichtigen und der Nutzer sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in aller Regel ohne weiteres begründet.

Themenseiten: Deutsche Telekom, Gerichtsurteil, Urheberrecht

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1 Kommentar zu Rechteinhaber dürfen grundsätzlich IP-Adressen von Urheberrechtssündern einsehen

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  • Am 14. August 2012 um 12:02 von Mustafa

    Hallo,
    was ist dann mit der Vorratsdatenspeicherung?
    Das deutsche Bundesverfassungsgericht erklärte die deutschen Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung mit Urteil vom 2. März 2010 für verfassungswidrig und nichtig. Das Urteil verpflichtete deutsche Telekommunikationsanbieter zur sofortigen Löschung der bis dahin gesammelten Daten. Zur Begründung gab das Gericht an, dass das Gesetz zur anlasslosen Speicherung umfangreicher Daten sämtlicher Nutzer elektronischer Kommunikationsdienste keine konkreten Maßnahmen zur Datensicherheit vorsehe und zudem die Hürden für staatliche Zugriffe auf die Daten zu niedrig seien.[3] Die Regelung zur Vorratsdatenspeicherung verstoße laut Bundesverfassungsgericht gegen Art. 10 Abs. 1 Grundgesetz (GG).[4]
    Warum speichern die Telekommunikationsanbieter diese Daten immer noch? Kann es sein, dass es hier sich ein Markt gebildet hat? Arbeiten dann die Rechteinhaber mit den Telekommunikationsanbieter zusammen? Was muss man tun, damit die Telekommunikationsanbieter diese Daten löschen?
    Danke
    Mustafa

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