SAP HANA: Erfahrungsbericht des ersten mittelständischen Anwenders

Vor kurzem hat Schukat Electronic SAPs Wunderwaffe HANA in Betrieb genommen. Der Familienbetrieb nutzt auch ein ERP-System aus Walldorf und setzt HANA für prozessübergreifende Analysen und Reports ein. ZDNet erklärt, wie und warum er das tut.

Entgegen gewissen Gerüchten und Annahmen handelt es sich bei der SAP-Appliance für HANA nicht mehr um eine hochpreisige Speziallösung, die sich nur für Großkunden eignet. Wie Lothar Büttner, Vice President für SAP HANA in der DACH-Region, angibt, ist HANA Edge ab 40.000 Euro zu bekommen – allerdings nur ab der Version 7.3 SP5 des NetWeaver Business Warehouses. Somit könne von hohem Investitionsaufwand keine Rede mehr sein.

Wozu aber könnte der Mittelstand eine solche Appliance sinnvoll einsetzen? „Mittelständler müssen ebenso mit explosionsartig Datenmengen zurechtkommen wie Großunternehmen, etwa aus der Sensorik oder Produktion, und diese auswerten“, weiß HANA-Experte Ingo Brenckmann von SAP. „Je schneller die Auswertung erfolgt und sie Erkenntnisse liefert, desto größer ist der Wettbewerbsvorteil.“ HANA-Nutzer, die auf den SAP-Webseiten erwähnt sind, berichten von Beschleunigungen um den Faktor 1000 und höher, die ihnen der Echtzeitzugriff auf die Datenbank bietet, die sich im Hauptspeicher befindet.

IDC-Analyst Rüdiger Spies (Bild: IDC)

IDC-Analyst Rüdiger Spies sieht in dem Bemühen der Mittelständler, einen systemübergreifenden Überblick über ihre Prozesse durch Analysen und Reports zu erhalten, als zweiten Grund, HANA einzuführen. „Der deutsche Mittelstand ist zwar sehr innovativ, aber nicht in der Nutzung seiner IT“, klagt Spies. „Mit innovativer Technologie wie HANA könnten sich Mittelständler durchaus differenzieren.“

Da sieht auch Georg Schukat so, Geschäftsführer von Schukat Electronic in Monheim am Rhein. Sein Familienbetrieb ist weltweit eines der ersten mittelständischen Unternehmen, das SAP HANA einsetzen. Seit Mai 2012 liefern Berichte, die auf die HANA-Datenbank, nämlich das NetWeaver Business Warehouse, zugreifen, aktuelle Einblicke in die Durchlaufzeiten des Hauptprozesses, der Georg Schukats Geschäft im Vertrieb von Elektronikbauteilen ausmacht.

Schukat Electronic wurde 1964 von Hans-Georg Schukat in Monheim am Rhein gegründet und ist bis heute ein unabhängiges Familienunternehmen. Mit 200 Herstellern von aktiven, passiven und elektromechanischen Bauteilen verbindet Schukat eine langjährige Partnerschaft. Den Kunden bietet die Firma zum einen als Franchisepartner Entwicklungs- und Logistiksupport, zum anderen ist Schukat ein Katalogdistributor für 9000 B2B-Kunden in 50 Ländern.

„Jeder zweite Auftrag wird im Webshop entgegengenommen“, erklärt der Geschäftsführer, „und im ERP-System von SAP verbucht und fakturiert. Die Bestellung wird an unser Lagersystem weitergereicht, wo die Kommissionierung vorgenommen und an das Versandsystem geliefert wird.“ Das Versandsystem erledigt die Bereitstellung für den jeweils günstigsten oder schnellsten Paketdienstleister. Danach erfolgen die Transportverfolgung sowie die Kundenbenachrichtigung über das CRM-System.

Die Hardware für SAP HANA wird von zahlreichen Serverherstellern bereitgestellt, etwa von IBM, da sdafür die EX5-Serverfamilie in verschiedenen Ausführungen anbietet (Bild: IBM).

Um jedoch herauszubekommen, wie und an welchen Stellen dieser Prozess optimiert werden kann, benötigt Georg Schukat sowohl einen Überblick in die Gesamtdurchlaufzeit als auch Zugriff auf feine Details in den einzelnen Systemen, die bislang nur Einzelreports erlauben – jeweils pro System. „Wir wollten fein aufgeschlüsselt herausfinden, wie lange die gesamten Durchlaufzeiten pro Auftrag und im Durchschnitt sind“, berichtet er. „Außerdem wollten wir diese Prozesse und Laufzeiten optimieren, mussten also herausfinden, wo die jeweiligen Stellschrauben sind.“ Der Druck für diese Prozessoptimierung sei hoch, da die US-Konkurrenz verspricht, binnen 24 Stunden auch europäische Kunden zu beliefern.

Da nun sämtliche Daten des Hauptprozesses in der HANA-Datenbank zusammengeführt vorliegen, lassen sich diese Informationen für Berichte und Live-Analysen verwenden, für die Einrichtung von Kennzahlen und Terminschwellen. „So wird die Dienstgüte unseres Services besser gewährleistet und die Kundenzufriedenheit erhöht“, so Georg Schukat. Zudem kann er nun auf einen Datenbankspezialisten verzichten, der bislang Abfragen optimieren musste, damit die Antwortzeiten stimmten.

HANA verhilft zur Selbsterkenntnis

„Die Performance ist gut“, freut sich Schukat, und die Handhabung der Analysen sei erheblich vereinfacht worden. Oberste Priorität hatte von Anfang an die Ermittlung des War-Zustands, um die Auftragsdurchlaufzeiten inklusive aller Schritte in den diversen Systemen zu ermitteln. „Den jeweiligen Ist-Zustand können wir mit Hilfe einer Live-Analyse jederzeit ermitteln und in einem Dashboard anzeigen – das sind echte Auswertungen mit realen Daten der Systeme.“

Das Durchspielen von Soll-Zuständen wird nach Schukats Vorstellung in der nächsten Phase mit dem Erstellen von Szenarien möglich sein. „So können wir für die Wirtschaftskrise Worst- und Best-Case-Szenarien erstellen und uns darauf einstellen – wir haben dafür KPIs als Frühwarnindikatoren eingerichtet.“ Sein Ziel sei nicht nur Erkenntnis durch Analyse, sondern auch Selbsterkenntnis. „Wir erhöhen unsere Wettbewerbsfähigkeit und finden durch Vergleich mit Branchendaten heraus, wo wir innerhalb unserer Branche stehen“, so Schukat. Er erhält also Einblick in seine eigene Position im Markt und dadurch sicherlich einen Ansporn, um seinen Service zu optimieren.

Dr. Marco Lenck, Technologievorstand bei der DSAG (Bild: DSAG)

Bringt SAPs neues Preismodell den Durchbruch?

Bislang wurden laut der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) trotz der großen Hoffnungen, die SAP auf Hana setzt, vom Mittelstand allerdings kaum Budgets für das Produkt eingeplant. Im Dialog mit SAP haben die Vertreter der Anwender schon früh darauf hingeweisen, dass es möglich sein müsse, auch kleinere SAP-HANA-Implementierungsprojekte, die bestimmte Standardszenarien wie Profitabilitäts- oder Vertriebsanalysen umfassen, anzugehen.

Den Vertretern der DSAG war auch sehr daran gelegen, dass abteilungsspezifische Projekte, wie zum Beispiel die Ergebnisrechnung, mit der Software SAP CO-PA Accelerator durchgeführt werden können, ohne vorher größere Summen in Infrastruktur investieren zu müssen. Mit Nachdruck hat die DSAG daher ein mittelstandsgerechtes Preismodell gefordert.

„Wir haben fast zwei Jahre dafür gekämpft, dass eine einfache SAP-HANA-Lösung für eine breite Masse von Unternehmen bezahlbar wird. Mit dem von SAP angekündigten Preismodell für die SAP HANA Limited Edition for Applications and Accelerators ist uns der Durchbruch gelungen. Unternehmen müssen für diese Anwendungsszenarien jetzt nur noch ein Viertel des ursprünglich veranschlagten Preises bezahlen“, freute sich Dr. Marco Lenck, Technologievorstand bei der DSAG, vor wenigen Tagen.

Und Peter Maier, Global Head für Industrie und Line of Business Solutions bei SAP, erklärte: „SAP HANA ist das am stärksten wachsende Produkt in der Geschichte von SAP, und zahlreiche Kunden investieren strategisch in diese In-Memory-Technologie. Mit dem angepassten Einstiegspreis wollen wir Kunden entgegenkommen, die erste Erfahrungen mit dieser neuen Generation von SAP-Unternehmenssoftware machen und ihre Roadmap auf SAP HANA ausrichten möchten“. Jetzt bleibt abzuwarten, wie viele Firmen das Angebot annehmen und dem Beispiel von Schukat Electronic folgen.

Themenseiten: Business Intelligence, Mittelstand, SAP

Fanden Sie diesen Artikel nützlich?
Content Loading ...
Whitepaper

Artikel empfehlen:

Neueste Kommentare 

Noch keine Kommentare zu SAP HANA: Erfahrungsbericht des ersten mittelständischen Anwenders

Kommentar hinzufügen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *