EU-Ultimatum zur Vorratsdatenspeicherung läuft ab

Bis Mitternacht hat die Bundesregierung Zeit, einen Gesetzentwurf vorzulegen. Andernfalls wird die Kommission das Vertragsverletzungsverfahren fortsetzen. Der nächste Schritt ist die Klage vor dem EuGH.

EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström hat Deutschland erneut mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gedroht, wenn es die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung nicht umsetzt. Die Frist laufe am heutigen Donnerstag um Mitternacht ab, erklärte Malmström. Das Handelsblatt hat ihre Aussagen aufgegriffen.

EU-Kommission

Deutschland hat sechs Jahre Zeit gehabt, die Regelung umzusetzen. Liegt bis Mitternacht kein Gesetz vor, will die EU-Kommission das Vertragsverletzungsverfahren fortsetzen. Der nächste Schritt wäre die Klage vor dem EuGH. Dieser könnte ein Bußgeld verhängen.

Natürlich ist es unwahrscheinlich, dass bis Mitternacht eine Umsetzung der Richtlinie vorliegt. CSU-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich und FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger streiten seit Monaten über dieses Thema.

Unterstützung für diese Haltung kommt aktuell von den großen IT-Verbänden. In einer gemeinsamen Stellungnahme sprechen sich VATM, eco, Bitkom, BDI, ANGA und DIHK gegen eine nationale Zwischenlösung aus. „Lieber eine EU-Strafzahlung als die Kosten, die der Wirtschaft durch die neuen EU-Regeln aufgebürdet werden“, lautet der allgemeine Tenor der Wirtschaftsvertreter. Es sei wenig sinnvoll, jetzt eine nationale Zwischenregelung aufzusetzen, während der EU-Rechtsrahmen gerade überarbeitet werde. Man warte auf eine „dauerhaft gesicherte gesetzliche Grundlage“.

Das Bundesverfassungsgericht hatte das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung Anfang März 2010 für verfassungswidrig erklärt. Zwar legte die Bundesjustizministerin im Juni einen neuen Gesetzentwurf auf Basis des Karlsruher Urteils vor, dieser ging Datenschützern und der Netzgemeinde jedoch zu weit, CDU und CSU aber nicht weit genug. Seither konnten sich die Regierungsparteien nicht einigen.

Im ungünstigsten Fall bekommt Deutschland vom EuGH ein Zwangsgeld aufgebrummt. Schweden war vor zwei Jahren verurteilt worden (Az. C-185/09), kam aber zunächst vergleichsweise glimpflich davon: Es musste lediglich die Gerichtskosten tragen. Die dortige Regierung weigert sich ebenfalls, die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in nationales Recht umzusetzen.

Ende Mai 2011 brachte die EU-Kommission Schweden erneut vor Gericht (Az. C-270/11). Sie fordert 9597 Euro pro Tag zwischen dem ersten und zweiten EuGH-Urteil und 40.947,20 Euro für jeden Tag der Nichtumsetzung nach dem zweiten Urteil. Das Verfahren ist noch anhängig.

[mit Material von Sibylle Gaßner, silicon.de]

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