Keine ungenehmigte Veröffentlichung von Bildnissen eines Fotojournalisten bei Twitter

Bildnisse eines Fotojournalisten bei der Arbeit via Twitter zu veröffentlichen, ist ohne dessen Einwilligung unzulässig. Laut Oberlandesgericht Köln setzt die Pressefreiheit zwingend voraus, dass ungestörte Recherche und Informationsbeschaffung gewährleistet sind.

Ein freier Journalist und Kameramann war am Tag, als ein bekannter Fernsehmoderator vom Vorwurf der schweren Vergewaltigung freigesprochen worden war, in dessen Heimatort gefahren, um dort die Reaktionen auf das Urteil einzufangen. Als er sich in der Nähe des Wohnhauses des Moderators aufhielt, fotografierte ihn dessen Vermieterin. Die Fotografien veröffentlichte der Moderator anschließend bei Twitter mit abfälligen Kommentaren, etwa „lichtscheues Gesindel“ und das „Pack“.

Der Journalist klagte dahin auf Unterlassung. Das Oberlandesgericht Köln gab ihm Recht (Aktenzeichen 6 U 166/10). Die Fotografien beträfen zwar ein zeitgeschichtliches Ereignis, jedoch stünde ihrer Verbreitung ein überwiegendes Interesse des Fotografierten entgegen. Denn er sei in der Öffentlichkeit gänzlich unbekannt und habe sich in der Vergangenheit insbesondere nicht an der öffentlichen Debatte um die Medienberichterstattung über den Beklagten beteiligt.

Bei der Abwägung sei darüber hinaus auf Seiten des Journalisten die mit der Veröffentlichung ebenfalls betroffene Pressefreiheit zu berücksichtigen. Davon sei bereits die Informationsbeschaffung umfasst. Diese würde aber grundsätzlich eingeschränkt, wenn Journalisten befürchten müssten, bei einer vergleichbaren Recherchearbeit im Bild gezeigt zu werden.

Vor diesem Hintergrund spreche vieles dafür, dass das öffentliche Berichterstattungsinteresse die Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung des Moderators durch die von dem Journalisten gewählte Recherchemethode überwiegen könne. Zugunsten eines das öffentliche Informationsinteresse überwiegenden berechtigten Interesses des Journalisten spreche auch die im Bildzusammenhang stehende ehrverletzende Kommentierung. Die grob abfälligen, beißend-ironisierenden Kommentare des Beklagten führten in der Abwägung zu der Bewertung, dass die für sich genommen neutralen Fotografien persönlichkeitsrechtsverletzende Qualität aufwiesen, so das Kölner Gericht.

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