„Screenwise“: Google bezahlt Nutzer für Tracking-Erlaubnis

Das Marktforschungsprojekt soll die alltägliche Internetnutzung untersuchen. Für den Privatsphäre-Verzicht winken Bargeld und Amazon-Geschenkgutscheine. WLAN-Router oder Browsererweiterung erfassen langfristig das Surfverhalten.

Google hat Knowledge Networks mit einer Studie über die Internetnutzung beauftragt. Für das Projekt „Screenwise“ sucht das Unternehmen eine Gruppe typischer Verbraucher, die langfristig bereit sind, ihre Surfgewohnheiten offenzulegen. Als Entschädigung winken Geschenkgutscheine von Amazon. Bei Installation einer datensammelnden Hardware gibt es zudem 100 Dollar sowie monatlich 20 Dollar während der Teilnahme.

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„Helfen Sie uns, Google besser zu machen“, fordert der Suchkonzern seine Nutzer auf der Projektseite auf. „Als Teilnehmer fügen Sie eine Browsererweiterung hinzu und lassen Google wissen, welche Sites Sie besuchen und wie Sie diese nutzen.“ Dem Unternehmen zufolge soll so mit Hilfe von verbesserten Produkten und Diensten die Online-Erfahrung zu optimieren. Das beauftragte Marktforschungsunternehmen Knowledge Networks ist eine US-Tochter der GfK Gruppe (Gesellschaft für Konsumforschung), die in Deutschland vor allem für die Messung von Einschaltquoten des Fernsehens bekannt ist. Es soll mit Screenwise eine Panelstudie durchführen, die bei einer gleich bleibenden Gruppe von Personen oder Haushalten laufende Veränderungen der Verhaltensweisen ermitteln kann.

Die Studienteilnehmer müssen mindestens 13 Jahre alt sein, über ein Google-Konto verfügen und bereit sein, den Browser Chrome zu nutzen. Für Registrierung sowie Download der Erweiterung für Chrome bekommen sie einen ersten Einkaufsgutschein im Wert von 5 Dollar. Für jeweils dreimonatige Teilnahme folgen weitere Gutscheine, sodass innerhalb eines Jahres 25 Dollar für Käufe bei Amazon zusammen kommen. Davon haben sich offenbar so viele Bewerber locken lassen, dass der Andrang nicht mehr zu bewältigen ist: „Bitte kommen Sie später zurück, um weitere Einzelheiten zu erfahren“, heißt es auf der Anmeldeseite.

Deutlich höhere Prämien stellt Knowledge Networks denjenigen in Aussicht, die zu Hause ein Gerät installieren, das ihre Internetnutzung mitloggt. 2500 ausgewählte Haushalte sollen dafür einmalig 100 Dollar sowie 20 Dollar für jeden Monat ihrer Teilnahme erhalten, wenn sie sich kurzfristig dazu entschließen. Zum Tracken der Webnutzung dient der „Screenwise Data Collector“ von Cisco, der als Router und WLAN-Zugangspunkt fungiert und den Webtraffic aller verbundenen Geräte erfasst.

Vor allem aber müssen die Teilnehmer deutliche Einschränkungen ihrer Privatsphäre in Kauf nehmen. In den Datenschutzrichtlinien nimmt sich Google heraus, die aggregierten Daten aller Teilnehmer mit Dritten zu teilen – etwa akademischen Institutionen, Werbetreibenden und Verlagen. Die Informationen sollen sich in der Regel nicht zu einzelnen Teilnehmern zurückverfolgen lassen. Bei der Weitergabe von anonymisierten individuellen Daten an Forschungsinstitute will Google „versuchen, persönlich identifizierbare Teilnehmerinformationen vorher zu entfernen“. Sie könnten dennoch bei Dritten ankommen, räumt der Suchkonzern ein, wenn sie in einer URL oder anderen Daten enthalten seien.

In einer Stellungnahme gegenüber ZDNet stellte ein Google-Sprecher Screenwise als kleines Projekt in der Panelforschung dar, wie es viele andere Web- und Medienunternehmen durchführten, um mehr über die Mediennutzund von Verbrauchern im Web und anderswo zu erfahren. Er hob dabei die freiwillige Teilnahme hervor: „Jeder kann sich aus Interesse oder der Belohnungen wegen für die Teilnahme entscheiden. Zudem hat jeder volle Transparenz sowie Kontrolle über die Internetnutzung, die im Panel erfasst wird. Die Teilnehmer können in der Gruppe bleiben, solange sie wollen, sie aber auch jederzeit verlassen.“

Die Informationen über das Screenwise-Projekt tauchen auf, nachdem Google gerade durch seine aktualisierten Privatsphäreregeln ins Visier von Datenschützern geraten ist. Datenschutzbehörden der EU sind ebenso alarmiert wie das Electronic Privacy Information Center (EPIC) in den USA. EPIC hat kürzlich eine Klage gegen die FTC eingereicht, mit der es die US-Handelsbehörde zwingen will, gegen Googles neue Regeln vorzugehen.

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