Bundesverwaltungsgericht erlaubt Videoüberwachung öffentlicher Plätze

Im Verfahren ging es um die 24-Stunden-Überwachung der Reeperbahn durch zwölf Kameras. Eine solche Maßnahme dürfen die Bundesländer in ihren Polizeigesetzen regeln. Die Ziele rechtfertigen den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die offene Videoüberwachung der Reeperbahn in Hamburg zulässig ist (Aktenzeichen 6 C 9.11). Auch das Hamburgische Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei ist als Grundlage rechtskonform. Die Richter halten das Sicherheitsbedürfnis und das Interesse der Polizei, Straftaten zu verhindern, für eine ausreichend, um Einschnitte in die Grundrechte von Anwohnern und Passanten zu rechtfertigen. Der vor dem in Leipzig ansässigen Gericht verhandelte Fall war bundesweit von Interesse, weil es um die Frage ging, ob die Videoüberwachung öffentlicher Plätze grundsätzlich erlaubt ist.

Nach dem Hamburgischen Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei dürfen die Ordnungshüter unter anderem öffentlich zugängliche Orte mittels Bildübertragung und -aufzeichnung offen beobachten. Voraussetzung ist allerdings, dass an diesen Orten wiederholt Straftaten begangen worden sind und sich die Annahme begründen lässt, dass damit zu rechnen ist, dass dort auch künftig Straftaten begangen werden.

Leitstelle für Videoüberwachung (Foto: Mobotix).
Leitstelle für Videoüberwachung (Foto: Mobotix).

Die Bildaufzeichnungen sind laut Gesetz spätestens nach einem Monat zu löschen, es sei denn, sie werden zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung benötigt. Auch wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine aufgenommene Person künftig Straftaten begehen wird, und die Aufbewahrung aus Sicht der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung erforderlich ist, dürfen sie länger gespeichert werden.

Auf dieser Grundlage hatte die Hamburger Polizei auf der Reeperbahn zwölf Videokameras installiert. Diese lassen sich um 360 Grad schwenken, variabel neigen und besitzen eine Zoomfunktion. Sie werden aus der Einsatzzentrale heraus gesteuert, in der die Bilder auf einer Monitorwand angezeigt und von Mitarbeitern rund um die Uhr beobachtet werden.

Dagegen hatte die Mieterin einer Wohnung in einem Haus an der Reeperbahn geklagt. Sie fühlte sich durch die gegenüber ihrem Haus an einem Pfahl in circa vier Meter Höhe befestige Kamera in ihren Rechten verletzt. Das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht Hamburg hatten der Polizei verboten, mit der Kamera auch die Wohnräume der Frau und den Eingangsbereich des Hauses zu erfassen. Im Juni 2010 wurde mit technischen Maßnahmen dafür gesorgt, dass die Kameras keine Aufnahmen mehr liefern, wenn sie auf Fenster oder Balkone von Wohnhäusern gerichtet waren.

Im Sommer 2011 entschied sich die Polizei, die für 620.000 Euro installierten Kameras abzuschalten. Sie bleiben jedoch vor Ort, um bei besonderen Anlässen, etwa Demonstrationen oder Veranstaltungen, gegebenenfalls wieder einsatzbereit zu sein.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ging es nur um die Videoüberwachung des öffentlichen Straßenraums. Die hält das Bundesverwaltungsgericht für rechtmäßig. Das Gericht hat zudem festgestellt, dass die Bundesländer den Einsatz von Überwachungskameras in ihren Polizeigesetzen regeln dürfen. Der Gesetzgeber strebe mit der offenen Videoüberwachung von Brennpunkten der Straßenkriminalität legitime Ziele an, nämlich derartige Delikte zu verhüten und Vorsorge für deren strafrechtliche Verfolgung zu treffen. Diese Ziele rechtfertigen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

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