Hacker arbeiten an unabhängigem Satellitensystem

Einfache Bodenstationen sollen Satelliten verfolgen, die von Enthusiasten in eine niedrige Umlaufbahn gebracht wurden. Ziel ist eine nicht zensierbare Internetkommunikation. Das Projekt "Hackerspace Global Grid" setzt auf ein modifiziertes GPS.

Das Projekt Hackerspace Global Grid (HGG) verfolgt das utopisch anmutende Ziel, mit einem eigenen Satellitensystem und kostengünstigen einfachen Bodenstationen eine Internetkommunikation zu ermöglichen, die von keinem Land der Welt zensierbar ist. Aktivist Nick Farr rief schon im August zur Mitarbeit an dem Projekt auf, das er mit drohender Zensur wie etwa durch das in den USA vorbereitete Gesetz „Stop Online Piracy Act“ (SOPA) begründet: „Das erste Ziel ist ein nicht zensierbares Internet im Weltraum. Lasst uns das Internet aus der Kontrolle terrestrischer Institutionen holen.“

Farr und weitere Mitstreiter verkündeten ihre Pläne offensiv auf dem 28. Chaos Communications Congress 28C3. Nicht zu übersehen ist aber auch eine ausgeprägte Selbstironie in ihrer Präsentation (PDF), mit der sie zu erkennen geben, dass ihnen die praktischen Hindernisse durchaus bewusst sind. Das Projekt arbeitet mit der Forschungsplattform Constellation zusammen, die über Internet verbundene Computer nutzt, um die Forschung für Luft- und Raumfahrt voranzutreiben.

Die Hackerspace-Planer können nicht auf Satelliten setzen, die mit Raketen ins All geschossen werden und in einer festen Position im Orbit verharren. Es gelang aber privaten Enthusiasten in den letzten Jahren bereits, zu weit geringeren Kosten Satelliten mit Nutzlast in den Weltraum zu bringen. Sie mussten allerdings Ballons für den Transport in den Orbit einsetzen, und es ist schwierig, diese beweglichen Satelliten vom Boden aus genau zu lokalisieren. Als Lösung dafür sehen die HGG-Aktivisten ein Netz von Basisstationen vor, die zu einem Selbstkostenpreis von rund 100 Euro gebaut werden: „Der erste Schritt besteht darin, die präzise Synchronisation für das verteilte Netzwerk zu schaffen.“

Als realistische Grundlage sieht Armin Bauer, ein 26-jähriger Teilnehmer aus Stuttgart, den bestehenden GPS-Standard an. „Es ist so etwas wie ein umgekehrtes GPS“, erklärte er gegenüber der BBC. „GPS setzt Satelliten ein, um zu berechnen, wo wir uns befinden. Wir wollen GPS-Koordinaten nutzen, aber es erweitern, indem wir von festen Positionen an präzise bekannten Orten ausgehen.“

Bauer und seine Helfer wollen Prototypen der ersten drei Bodenstationen noch in der ersten Hälfte des Jahres 2012 fertigstellen. Sie hoffen, die ersten funktionsfähigen Modelle beim nächsten Kongress des Chaos Computer Club in einem Jahr verteilen zu können. Experten halten das Satellitenprojekt für grundsätzlich machbar, sehen aber auch technische Einschränkungen. „Satelliten in niedriger Umlaufbahn, wie sie bislang von Amateuren gestartet wurden, bleiben nicht an einer bestimmten Position“, zitiert die BBC Professor Alan Woodward von der Universität Surrey. „Das heißt nicht, dass sie nicht für Kommunikationszwecke genutzt werden können, aber offensichtlich nur für die relativ kurzen Zeiträume, in der sie im Sichtbereich sind.“

Kleinere Probleme wie diese halten die Weltraum-Hacker nicht davon ab, noch weit größere Pläne anzukündigen. Sie erklären als Ziel ihres „Hacker Space Program“, bis zum Jahr 2034 einen Menschen auf den Mond zu befördern, was zuletzt mit Apollo 17 im Jahr 1972 unternommen wurde. Mit ihrem „bescheidenen Vorschlag für die nächsten 23 Jahre“ demonstrieren sie ungebremsten Enthusiasmus: „Phase eins ist die Einführung eines offenen, freien und weltweit zugänglichen satellitenbasierten Netzwerks als bestmöglichem Schutz gegen terrestrische Zensur des Internets. Sollte das zu einfach erscheinen, lasst uns Phase zwei angehen: einen Hacker in den Orbit zu bringen. Bis 2034 planen wir die Landung eines Hackers auf dem Mond.“

Themenseiten: GPS, Hacker, Hardware, Telekommunikation

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