Immer Ärger mit der Erotik

Den Start der .xxx-Domain hielten viele Firmen für sich nicht für wichtig. Ein aktueller Skandal um den französischen Präsidenten zeigt jetzt jedoch, dass auch Unternehmen, die nichts mit der Porno-Branche zu tun haben, einmal über die neue Domainendung nachdenken sollten.

Man kann ICM Registry, dem Unternehmen hinter der neuen Top-Level-Domain .XXX, kaum vorwerfen, dass es auf die Auswirkungen des Starts am 6. Dezember nicht hingewiesen hätte. Mehrmals hat es angekündigt, dass es für den Markenschutz wichtig sei, sich den eigenen Namen oder die eigene Marke unter der „Erotik-Domain“ zu sichern – oder eben dauerhaft löschen zu lassen.

Das war während der sogenannten Sunrise-Period“ bis zum 28. Oktober 2011 in Deutschland über sieben bei ICM Registry akkreditierte Registrare möglich. Und auch die rührten kräftig die Werbetrommel. „Die Sunrise-Phase für .XXX hat fantastischen Anklang gefunden, sowohl bei Bewerbungen um die .XXX-Domains unter Sunrise A, als auch bei Anträgen auf Blocking von Markennamen unter Sunrise B“, freute sich CEO Stuart Lawley im Herbst.

Stuart Lawley, CEO von ICM Registry, hat Firmen ein Angebot gemacht, dass sie nicht ablehnen konnten (Bild: ICM Registry).
Stuart Lawley, CEO von ICM Registry, hat Firmen ein Angebot gemacht, dass sie nicht ablehnen konnten (Bild: ICM Registry).

Manch einer dachte, dass er als Anbieter von Werkzeugmaschinen, Logistikdienstleistungen oder Stricksocken und ohne Absichten, ins Erotik-Geschäft einzusteigen, mit seiner bisherigen .de-Domain gut bedient ist. Aber auch für solche Zweifler hatte Lawley ein Angebot, dass sie nicht ablehnen konnten: „Wir möchten noch einmal darauf hinweisen, dass der Schutz von Marken nach Ende der Sunrise-Periode deutlich schwieriger, teurer und zeitaufwändiger werden kann. Deshalb ermutigen wir alle Unternehmen, die ihre Markenrechte unter der Top-Level-Domain .xxx wahren möchten dazu, von den exklusiven Schutzmöglichkeiten Gebrauch zu machen.“

Und das beste: Das sei schon für eine „niedrige einmalige Bearbeitungsgebühr“ möglich. Über die exakte Höhe der Gebühren entschied der Registrar. Sie lag in der Praxis zwischen 200 und 300 Dollar. United Domains verlangte beispielsweise einmalig 249 Euro Bearbeitungsgebühr. Nur zur Information: Für 79 Euro pro Jahr konnten dort Unternehmen der Erotik-Branche eine .xxx-Domain zur Nutzung registrieren.

Voraussetzung, um eine Domain blocken zu lassen war, dass der Markenname eingetragen ist. Die versteckte Drohung: Wer sich diese einmalige Gelegenheit entgehen lässt, muss mit Anwalts- und Verfahrenskosten in vielfacher Höhe rechnen, um seine Ansprüche durchzusetzen.

Unternehmen, die die Sunrise-Phase verpasst haben oder sich bei dem tollen Angebot, eine Bearbeitungsgebühr von 249 Euro für etwas zu bezahlen, das sie überhaupt nicht haben wollen, an die Schutzgelder der Mafia oder gewisse Gewerberegister und Branchensuchdienste erinnert fühlen, können ihre Markenrechte immer noch geltend machen. Es gibt schließlich die sogenannte Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy (UDRP) der ICANN. Danach hat auch ICM Registry im Falle eines gemeldeten Verstoßes zu handeln versprochen.

Peinliche Panne des französischen Präsidenten

Aber, es kam natürlich wie es kommen musste: Nicht alles lief so, wie man das erwartet hatte. Richtig dicke hat es im gerade anlaufenden Wahlkampf den französischen Präsidenten erwischt: Jemand hat sich die Domains sarkozy.xxx und sarkozy2012.xxx unter den Nagel gerissen. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass dieselbe Person auch im Besitz einer .xxx-Domain mit dem Namen seines Herausforder Francois Hollande ist. Die Motive für diese schändliche Tat sind unklar, der Verantwortliche ist inzwischen zwar bekannt, will sich aber nicht zu seinen Motiven äußern.

Immerhin lässt sich ausschließen, dass es sich um eine großangelegte Verschwörung handelt: Der arbeitslose Übeltäter hat gegenüber ZDNet-Frankreich erklärt, er habe zufällig von der Verfügbarkeit der .xxx-Domain erfahren und „einfach mal so“ aus Langeweile ein paar Namen ausprobiert. Er sei erstaunt gewesen, dass der Name des Präsidenten noch frei war. Mit der Domain habe er nichts Besonderes vor, „zumindest nichts Pornographisches“.

Inzwischen hat der französische Präsident offenbar reagiert - aber der Imageschaden ist schon entstanden (Screenshot: ZDNet).
Inzwischen hat der französische Präsident offenbar reagiert – aber der Imageschaden ist schon entstanden (Screenshot: ZDNet).

Bei der UMP, der Partei des Präsidenten, war man in Bezug auf die .xxx-Domains ähnlich ahnungslos wie auch sonst in Internetfragen: Man habe nicht gewusst, dass es die geben werde und wolle weiter nichts dazu sagen. Reagiert hat man aber offenbar umgehend: Die Domaine www.nicolassarkozy.xxx ist schon mal geblockt, die Namen ump, nicolasarkozy und nicolas-sarkozy sind ebenso nicht erreichbar wie inzwischen sarkozy.xxx und sarkozy2012.xxx.

Dafür hat gestern Abend ein Unbekannter über den Dienst Domains by Proxy, der es erlaubt, einen Domainnamen zu erwerben, ohne seine Identität preiszugeben, sich weitere .xxx-Domains unter dem Namen des sozialistischen Herausforders Hollande gesichert. Namen der Spitzenkandidaten von Front National und Grünen sind derzeit noch frei, die jeweiligen Parteien beantworten Fragen danach nicht.

Lediglich Modem, die Partei des ebenfalls als Präsidentschaftskandidat auftretenden François Bayrou, hat bisher auf die Anfrage von ZDNet.fr geantwort: Man erwerbe systematisch Domains, die im Zusmamenhang mit dem Namen der Bewegung und ihrer wichtigsten Vertrer stehe.“In dieser Angelegenheit“ sei man jedoch noch nicht aktiv geworden, da sie bisher nicht bedeutsam erschienen sei. Wenige Minuten nach dem Gespräch hatte Matthieu Lamarre, der Verantwortliche für den Internetauftritt von Bayrou, die Domains bayrou.xxx, bayrou2012.xxx und francoisbayrou.xxx gesichert. Lieber spät als nie. Daraus sollten Unternehmen lernen.

Seinen Namen unter der .xxx-Domain zu schützen, heißt nicht unbedingt, dass man sich damit auch neue Geschäfstfelder erschließen muss (Screenshot: ZDNet).
Seinen Namen unter der .xxx-Domain zu schützen, heißt nicht unbedingt, dass man sich damit auch neue Geschäfstfelder erschließen muss (Screenshot: ZDNet).

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