Ist Office 365 Enterprise-ready?

Die früheren Cloud-Office-Angebote von Microsoft hatten zahlreichen Schwächen. Mit dem Start von Office 365 verspricht der Konzern, diese zu beheben. Sebastian Gerling untersucht im Gastbeitrag für ZDNet, ob das gelungen ist.

Mit Office 365 tritt Microsoft mit dem Ziel an, die Schwachpunkte der Vorgängerversion BPOS (Business Productivity Online Suite) zu beheben und seine Online Services Enterprise-ready zu machen. Technologisch basiert Office 365 auf den aktuellen Wave-14-Technologien von Microsoft und besteht aus vier Basiskomponenten: SharePoint Online, Exchange Online, Lync Online und Microsoft Office. Sie lassen sich in verschiedenen Funktionsumfängen miteinander kombinieren.

Besonders im Bereich Benutzerfreundlichkeit und Integration in bestehende Unternehmensumgebungen hat Microsoft große Veränderungen vorgenommen. So steht beispielsweise mit dem neuen Feature der Federated IDs eine Single-Sign-On-Funktionalität bereit, womit Endanwender mit einmaligen Authentifizieren im Firmennetz auf den gesamten Funktionsumfang der Online Services zugreifen können.

Unterschiede von BPOS und Microsoft Online Services

Sebastian Gerling, der Autor dieses Gastbeitrags für ZDNet, ist Unit Manager beim Dienstleister Logica. Seine Schwerpunkte sind Prozessoptimierung, Business Intelligence und Collaboration mit Microsoft SharePoint (Bild: Logica).
Sebastian Gerling, der Autor dieses Gastbeitrags für ZDNet, ist Unit Manager beim Dienstleister Logica. Seine Schwerpunkte sind Prozessoptimierung, Business Intelligence und Collaboration mit Microsoft SharePoint (Bild: Logica).

Im Bereich SharePoint Online hat Microsoft erkannt, dass der Markt unternehmensindividuelle Lösungen fordert. Die Anpassungsmöglichkeiten wurden im Vergleich zur Vorgängerversion daher nachhaltig erweitert. Insbesondere ist es in Office 365 möglich, Workflows mit dem SharePoint Designer zu implementieren und mit sogenannten Sandboxed Solutions eigene Lösungen und Erweiterungen – beispielsweise Webparts – einzuspielen. Sandboxed Solutions werden mit Visual Studio erzeugt und können vom Administrator direkt in der entsprechenden SiteCollection bereitgestellt werden. Im Vergleich zu normalen SharePoint-Lösungen stehen aber nur eingeschränkte Funktionalitäten bereit, da Office 365 keinen Einsatz von Lösungen zulässt, die die gesamte SharePoint-Infrastruktur betreffen.

Im Vergleich zu BPOS ist vor allem die Einbindung der Microsoft-Office-Familie in das Online-Angebot neu. Mit den Office Web Apps können Endanwender in Office 365 unterschiedliche Dokumentarten im Browser bearbeiten, ohne dass eine Client-Installation nötig ist. Dies ist derzeit für Word, PowerPoint, Excel und OneNote möglich. Der Vorteil liegt darin, dass sich Dokumente gemeinsam und vor allem gleichzeitig Bearbeiten lassen. Erreicht wird dies durch die Sperrung der Dokumententeile (Absätze oder Folien), die gerade von einer anderen Person bearbeitet werden. Der Nachteil der Office Web Apps liegt in dem zur Client-Variante stark eingeschränkten Funktionsumfang.

Auch mit der neuesten Version der Online Services stehen in der Cloud nicht alle Funktionalitäten einer On-Premise-Variante zur Verfügung. Beispielsweise können keine öffentlichen Ordner erstellt werden, Lync Online lässt sich nicht mit Standard-Telefonanlagen kombinieren, und SharePoint Online bietet keine Möglichkeit, die schnelle Suche oder die BI-Funktionalitäten der Performance Point Services zu nutzen.

Lizenzierungen für Office 365

Die Lizenzierung der Microsoft Online Services ist im Vergleich zur Vorgängerversion stark verändert worden. Microsoft bietet ein Small-Business-Paket für kleine Unternehmen und ein Enterprise-Paket für große Unternehmen an. Innerhalb dieser Pakete gliedert sich die Lizenzierung noch einmal nach unterschiedlichen Nutzerkreisen.

Das Small-Business-Paket richtet sich vor allem an kleine Unternehmen. Es ist auf 50 Nutzer limitiert und kommt ohne eine eigene IT-Abteilung aus. Für 5,25 Euro monatlich pro Nutzer garantiert Microsoft eine Verfügbarkeit von 99,9 Prozent und stellt viele Basisfunktionen zur Verfügung. Mit diesem Angebot macht Microsoft die Nutzung der Online Services insbesondere für Selbständige und kleinere Unternehmen wie Arztpraxen oder Handwerksbetriebe mit zehn bis 40 Mitarbeitern interessant. Sie können damit ohne großen internen Aufwand, ohne hohe Investitionskosten und bei voller Kostentransparenz für alle Mitarbeiter und für externe Dienstleister Microsoft Basisfunktionen bereitstellen.

Beim Enterprise-Paket sind der Zahl der Anwender keine Grenzen gesetzt. Die einzelnen Varianten des Angebots lassen sich bedarfsorientiert miteinander kombinieren. Grundsätzlich stellt Microsoft zwei Ausprägungen bereit: die Kiosk-Worker Plans (K1 und K2) und die Enterprise Plans (E1, E2, E3 und E4). „Plan“ ist der Begriff, den Microsoft in diesem Zusammenhang für seine Pakete und Angebote verwendet.

Kiosk-Worker-Plans

Mit dem Kiosk-Worker-Angebot wird der Teil der Nutzer abgedeckt, der in seinem täglichen Arbeitsumfeld nur in sehr geringem Umfang mit der Verarbeitung von Informationen betraut ist. Mitarbeiter, beispielsweise aus der Produktion, können so kostengünstig in eine Online-Unternehmenslösung integriert werden. In der einfachen K1-Version für 3,57 Euro pro Monat und Nutzer sind die Exchange-Kiosk- und SharePoint-Kiosk-Version enthalten. Diese umfassen eine 500-MByte-Mailbox, Outlook Web Access, Anti-Virus, SharePoint-Zugang ohne Speicherplatz sowie die SharePoint Site Search. In der K2-Variante (9 Euro pro Monat udn Nutzer)wird dieses Angebot um die Office Web Apps erweitert und schafft so für die Nutzer die Möglichkeit, gespeicherte Dokumente zu bearbeiten.

Vier Enterprise-Pakete

Die Enterprise Plans richten sich an die Mitarbeitergruppe, deren Arbeit zu einem Großteil aus der Erstellung, Bearbeitung und Publikation von Informationen besteht. Microsoft bietet hierfür die Pakete E1 bis E4 an, die sich jeweils durch den Funktionsumfang unterscheiden.

Das Paket E1 entspricht dem aktuellen BPOS-Angebot. Es kostet 9 Euro pro Monat und Nutzer und richtet sich insbesondere an die Kunden, die direkt umsteigen wollen. Es umfasst 500 MByte SharePoint-Speicherplatz, eine 25 GByte große Mailbox, Lync Online sowie die Basisfunktionalitäten von SharePoint und Exchange. Darauf aufbauend werden mit der E2-Variante (14,25 pro Nutzer im Monat) zusätzlich die Office Web Apps ausgeliefert, die es Anwendern erlauben, bestimmte Office-Dokumente direkt im Browser zu bearbeiten.

AUTOR

Sebastian Gerling...

... ist Unit Manager bei Logica in Deutschland. Seine Schwerpunkte sind Prozessoptimierung, Business Intelligence und Collaboration mit Microsoft SharePoint. Darüber hinaus engagiert er sich im Bereich Enterprise 2.0, leitet die regionale Cloud- sowie SharePoint-User-Gruppe in München und schreibt in seinem Blog Consultant’s Digest.

Das Paket E3 (22,75 pro Nutzer je Monat) enthält aufbauend auf E2 noch SharePoint-Ergänzungen, insbesondere die Bereitstellung von Formularen sowie Excel-, Access- und Visio-Services und erweiterte Exchange-Funktionen wie Voicemail und Archivierung. Zusätzlich besteht im Rahmen von E3 die Option, für alle lizenzierten Nutzer Office Professional Plus auf deren Clients bereitzustellen. Ermöglicht wird dies durch einen direkten Download aus Office 365. Die Nutzungsmöglichkeiten erlöschen mit dem Auslaufen der Lizenzen. Im E4-Paket (25,50 pro Nutzer je Monat) ist darüber hinaus noch die Voice-Integration von Lync Online enthalten.

Die Vielfalt der Kombinationsmöglichkeiten, die über die beschriebenen Pakete hinaus auch die Ergänzung um einzelne Plans, beispielsweise Exchange Plan 1, umfasst, zeigt, dass der Reifegrad der Online Services für den Einsatz in Unternehmen deutlich gestiegen ist. Mit den Enterprise-Paketen ist es für große Unternehmen jetzt möglich, maßgeschneiderte Lösungen für einzelne Unternehmensbereiche oder das gesamte Unternehmen bereitzustellen, und dabei auf die individuellen Anforderungen der einzelnen Anwender einzugehen. Außerdem besteht jederzeit die Möglichkeit , die abonnierten Services upzugraden oder zu kündigen.

Themenseiten: Cloud-Computing, Gastbeiträge, IT-Business, Logica, Microsoft, SaaS

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1 Kommentar zu Ist Office 365 Enterprise-ready?

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  • Am 26. Juli 2011 um 7:05 von Michael Gebauer

    P-Pläne ohne SSL für Sharepoint Online sind ein KO-Kriterium
    Office 365 für kleine Unternehmen und Selbstständige ist definitiv nicht enterprise-ready. Allein die Tatsache, dass die Sharepoint-Online-Services in den P-Plänen ausschließlich ohne SSL bereitgestellt werden, sind ein KO-Kriterium. Welcher Selbstständiger oder welches kleine Unternehmen stellt wichtige Daten ins Netz, bei denen der Zugriff unverschlüsselt erfolgt?

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