LTE: erste Erfahrungen aus den Friendly User Trials von O2

In welchen Schritten bringt O2 das neue, schnelle LTE-Funknetz? Wo soll LTE 800 funken? Wo LTE 2600? Wann gibt es passende Endgeräte? ZDNet hat Marcus Thurand, Head of Mobile Access im Bereich Access & Transport bei Telefónica O2 Germany befragt.

 Marcus Thurand, Head of Mobile Access im Bereich Access&Transport bei Telefónica O2 Germany (Bild: Telefónica O2).
Marcus Thurand, Head of Mobile Access im Bereich Access&Transport bei Telefónica O2 Germany (Bild: Telefónica O2).

ZDNet: Teléfonica O2 hat im Mai 2010 für 1,4 Milliarden Euro ein enormes Frequenzspektrum von fast 100 MHz ersteigert . Mit allen Chancen für ein superschnelles Netz, aber auch mit der Verpflichtung, zuerst das flache Land mit mobilem Breitband zu versorgen. In welchen Stufen wollen Sie das deutsche LTE-Netz jetzt konkret ausrollen?

Thurand: Im August 2010 startete O2 den Aufbau der beiden LTE-Pilotnetze mit jeweils ungefähr 20 Sites in München und in Halle. Diese Pilotnetze dienen zur Verifizierung der LTE-Eigenschaften in einer Life-Umgebung mit Friendly Usern als Nutzern. Doch auch den Aufbau der Netze für die kommerzielle LTE-Nutzung hat O2 bereits zu Beginn dieses Jahres gestartet. Die Einführung LTE-Produkten von O2 für Endkunden ist für das erste Halbjahr 2011 geplant. Zuerst versorgen wir ländliche Gebiete wie beispielsweise Klein Wanzleben und Alsleben in Sachsen-Anhalt, sowie weitere Orte mit der neuen Funktechnik. O2 unterstützt damit die Breitbandinitiative der Bundesregierung, um ländlichen Gebiete mit schnellen Internetzugängen auszustatten. Die Erschließung dieser weißen Flecken ist aber nur der erste Schritt. Sobald die Auflagen der Bundesnetzagentur erfüllt sind, werden wir LTE 800 auch in den Städten anbieten. Schon in wenigen Monaten könnte es so weit sein.

ZDNet: Für die neue Funktechnik sollen zwei verschiedene Frequenzen genutzt werden. Wo setzt man LTE 800 ein? Und wo LTE 2600?

Thurand: Die Frequenzen bei 800 MHz werden, bis die entsprechenden Lizenzauflagen erfüllt sind, zunächst nur in den sogenannten White Spots genutzt. Danach wird der Roll-Out bedarfsgerecht in den übrigen Gebieten erfolgen. Die Frequenzen bei 2,6 GHz dagegen kommen zunächst in den sogenannten Daten-Hot-Spots wie etwa Flughäfen und Bahnhöfen zum Einsatz, in denen es einen erhöhten Bedarf an mobiler Breitbandnutzung gibt. Nach Erfüllung der Lizenzauflagen wird 800 MHz auch in Städten zur Versorgung mit LTE innerhalb von Gebäuden eingesetzt und 2,6 GHz zur Versorgung von Datenhotspots mit einem erhöhten Kapazitäts- und Durchsatzbedarf.

ZDNet: Haben Sie schon Erkenntnisse aus den Friendly User Trials?

Thurand: Die ersten Wochen des Friendly User Trials waren für uns sehr aufregend und wir haben unglaublich viele Daten gesammelt, die wir zur Zeit noch auswerten. Allerdings zeichnet sich schon das eine oder andere Ergebnis ab. So haben wir festgestellt, dass Nutzer zu Anfang sehr große Downloads starten, um einen Eindruck von der Leistungsfähigkeit von LTE zu bekommen. Danach fallen sie dann in ein normales Nutzungsschema zurück. Die bisherigen Tests im Netz bestätigen unsere Erwartungen an das Potenzial von LTE, aber wir haben auch noch ein bisschen zu tun, um unseren Kunden das perfekte LTE-Erlebnis zu präsentieren.

ZDNet: Wie man hört, gibt es noch wenig Endgeräte für Daten over LTE?

Thurand: LTE-Daten-Dongles für 2,6 GHz und 800 MHz sind bereits kommerziell erhältlich. LTE-to-WLAN-Router für 800 MHz und für 2,6 GHz stehen bisher nur als Vorserienmodelle zur Verfügung. Kommerziell verfügbar sind diese LTE-to-WLAN-Router wohl frühestens im zweiten Quartal 2011. Laptops mit einem fest eingebauten LTE-Funkmodul sind uns überhaupt noch nicht bekannt.

ZDNet: Und wann kommen Endgeräte für Sprache over LTE?

Thurand: Noch in diesem Jahr. Bei LTE muss die Sprachkommunikation mit Voice over IP realisiert werden. Daher gelten sehr ähnliche Zusammenhänge wie beim Telefonieren über DSL, so dass unsere DSL-Serviceplattform auch für LTE eingesetzt werden kann. Dies bietet nicht nur Vorteile wegen der einheitlichen und wiederverwendbaren Netzwerktechnik, sondern auch im Hinblick auf kommende konvergente Dienste zeichnet sich ein enormes Potenzial ab, das wir nutzen wollen. Als Netzbetreiber können wir natürlich einen hochwertigen Sprachdienst anbieten. Gerade bei der Dienstgüte werden wir uns von anderen Voice-over-Internet-Anbietern unterscheiden.

Aktuell arbeiten wir an der Erweiterung unserer beschriebenen IP-Serviceplattform, um noch 2011 in Gebieten ohne DSL neben Daten- auch Sprachdienste über LTE anzubieten. Noch 2011 werden wir die passenden Endgeräte dafür in die O2-Shops bringen. VoIP-Unterstützung in Mobilfunktelefonen halten wir 2012 für realistisch.

ZDNet: Werden Sie Fallback-Mechanismen auf Voice over GSM und Voive over UMTS einbauen?

Thurand: Beide Fallbackvarianten existieren bereits in der Spezifikation und werden nächstes Jahr in den Systemtechniken zur Verfügung stehen. Weil es bisher aber noch keine LTE-Mobiltelefone in Deutschland gibt, konnten auch keine Interoperabilitätstests durchgeführt werden. Diese Fallbacks für einen kommerziellen Sprachdienst werden voraussichtlich erst 2012 technisch möglich sein. Allerdings gibt es auch andere Standards, die ein Fallback überflüssig machen.

ZDNet: Und wie läuft es mit LTE in anderen Ländern der Welt?

Thurand: In der Telefónica-Gruppe ist Deutschland das erste Land mit einem passenden Funkspektrum für LTE. In den kommenden Monaten und Jahren wird es aber weitere Frequenzversteigerungen in anderen Ländern geben. In Europa werden voraussichtlich 800 MHz und 2,6 GHz einheitlich für LTE vergeben. In einigen Ländern Lateinamerikas kommen, wie in den USA, die Frequenzen bei 700 MHz sowie 2,6 GHz zum Einsatz. Das Bild in China und Indien ist noch nicht so klar. Dort erwarten wir einen stärkeren Fokus auf LTE-TDD, während in Europa und den USA eher LTE-FDD bevorzugt wird.

ZDNet: Werden die Menschen in den weißen Breitband-Flecken das rasante Internet aus der Luft so begeistert aufnehmen, wie die Smartphone-Trendsetter in den großen Städten?

Thurand: Das werden wir sehen. Ich bin mir sicher, dass vor allem junge Nutzer sehr interessiert sind. Wer LTE einmal ausprobiert hat, will danach meistens nichts anderes mehr nutzen. Das zeigen unsere Friendly User Trials. Einen schnellen Internetanschluss will heute jeder haben, dazu muss man kein Trendsetter sein.

ZDNet: LTE bringt hohe Bandbreiten über Funk. Welche Vorteile bietet der UMTS-Nachfolger noch?

Thurand: LTE bringt auch extrem geringe Latenzzeiten. Die neuen Netze bieten höchste Übertragungsleistungen und sind dennoch mobil nutzbar. Unseren Kunden eröffnen sich dadurch neue Möglichkeiten, wie Onlinespiele oder Videokonferenzen, für die bisher immer ein DSL-Anschluss nötig war. Außerdem eröffnet LTE gleichzeitig stationäre, nomadische und mobile Anwendungsformen in einem einzigen Netz. Dadurch können wir neue konvergente Dienste anbieten, die verschiedene Aspekte des bisherigen Festnetzes und des Mobilfunks kombinieren.

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