Ägypten verhängt Twitter-Sperre

Mittlerweile kann auch per Client nicht mehr auf das Social Network zugegriffen werden. Twitter hat die Blockade offiziell bestätigt. Ägyptens Schritt gilt als ungewöhnlich: Meist infiltriert die Regierung Kommunikationswege, anstatt sie zu zensieren.

Nach massiven Auseinandersetzungen zwischen Regierungskritikern und der Polizei in Kairo hat die ägyptische Regierung offenbar den Zugriff auf Twitter blockiert. Anwender aus dem ganzen Land berichten, dass sie die Site twitter.com nicht aufrufen können, Clients von Drittanbietern sollen aber funktionieren.

Twitter hat die Sperre mittlerweile bestätigt. Sie betrifft inzwischen twitter.com und Drittapplikationen.

Auf Anfrage von ZDNet hatte Twitter zunächst auf einen neu angemeldeten Account @TwitterGlobalPR verwiesen. Von dort wurden Interessierte zur Site von HerdictWeb weitergeleitet. Später hieß es: „Wir sind keine Experten, was die Nutzung von Twitter in unberechenbaren Situationen angeht, die Tausende von Meilen von unserem Firmensitz in San Francisco entfernt stattfinden.“

HerdictWeb wird vom Berkman Center for Internet and Society der Universität Harvard betrieben. Unter der Leitung von Jonathan Zittrain sammelt das Projekt Informationen über Sites, die in verschiedenen Ländern blockiert werden. Laut HerdictWeb hat es mindestens sieben Berichte gegeben, dass von Ägypten aus nicht auf Twitter zugegriffen werden kann.

Mark Belinsky von der gemeinnützigen Organisation Digital Democracy sagte gegenüber ZDNet, man werde erst herausfinden, was tatsächlich passiert sei, wenn sich der Staub wieder lege. Es sei schwer zu sagen, ob die Site nicht einfach überlastet sei. „Für gewöhnlich bremsen sie das Signal zu einem Schneckentempo herab, wie beispielsweise im Iran, was sie dann auf einen Ausfall der Infrastruktur schieben können – oder eine andere Ausrede erfinden.“

Eine Totalsperre sei jedoch untypisch für die ägyptische Regierung. Wenn dem so wäre, hieße das, dass die Proteste gegen das Regime von Präsident Husni Mubarak wirklich ernstgenommen werden. „Es wäre ein interessanter und verzweifelter Schritt für Ägypten, weil sein Staatsapparat seit jeher besser darin ist, Kommunikationswege zu infiltrieren als sie zu blockieren“, erklärte Belinsky. „Sie gehen so weit, sich die Passwörter der E-Mail-Konten von Dissidenten und Log-ins von Websites geben zu lassen, anstatt sie zu zensieren.“

Sobald es Probleme gebe, würden die Twitter-Nachrichten von Dritten verschickt. „Aber wenn eine kritische Masse erreicht ist, läuft die Organisation auf der Straße und nicht mehr online ab. Die Behörden wissen dann jedoch schon im Detail Bescheid, wer die Schlüsselorganisatioren sind“, schätzt Belinsky.

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