Smartphone-Apps: Wie die Helferlein das Web verändern

Ob die Marktforscher hier – wie bei IT-Neuheiten schon oft geschehen – etwas zu euphorisch sind, wird sich herausstellen. Ein wichtiger Aspekt ist aber sicherlich, dass weltweit vier Milliarden Menschen ein Mobiltelefon besitzen und der Anteil der Smartphones daran zunimmt.

Zum Vergleich: Stationären Zugriff auf das Internet haben derzeit weltweit rund 1,4 Milliarden Menschen, erläuterte Jana Sievers in ihrem Vortrag auf der Entwicklerkonferenz in Köln. Sievers ist für den Berliner Mobil-Werbungsanbieter Madvertise tätig. Für die Mobilwerbungsspezialistin sind Apps in erster Linie ein riesiger Werbemarkt: Sie spricht davon, dass Entwickler zum „Publisher“ werden sollten, um „Traffic durch In-App-Advertising zu monetarisieren“.

Madvertise hat sich zur Aufgabe gemacht, Softwareentwickler dabei zu unterstützen, ihre App-Entwicklungskosten wieder einzuspielen oder Apps durch Werbung günstiger anbieten zu können. Den Softwareschreibern wird dabei „volle Transparenz durch Echtzeit-Reporting“ angeboten. Dass man als Entwickler völlig unbeleckt von Marketing-Know-how im App-Markt noch Erfolg haben kann, stellt Madvertise in Frage: Die Anzahl der Downloads werde vom Preis und der Markenbekanntheit beeinflusst, sagt Sievers.

Vermarktet werden die Apps über spezialisierte Internet-Shops, allen voran den iTunes-Store von Apple, der in seinem App-Bereich bereits rund eine Viertelmillion Programme für iPod, iPhone und iPad offeriert. Der Android Store ist mit rund 115.000 angebotenen Apps etwa halb so groß und weltweit die Nummer zwei. Nokias Ovi-Store erreicht mit gerade einmal 6000 Apps derzeit Platz drei.

Nicht zu vergessen sind illegale App-Shops, die beispielsweise für iPhones von Apple nicht lizenzierte Software anbieten. Dabei kann man echte „Software-Perlen“ finden, aber auch jede Menge Machwerke von Cyberkriminellen, die es nur auf die Bank- oder Kreditkartendaten des Nutzers abgesehen haben. Von der Nutzung ist abzuraten. Viele Nutzer denken freilich nicht lange über den Sinn und Zweck einer App nach und laden herunter, was ihnen gerade in den Sinn kommt. Nur so sind die riesigen Downloadzahlen zu erklären.

Kritiker weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich durch die App-Flut das Web massiv verändern wird: Denn wer sich daran gewöhnt, bestimmte Webangebote über die App aufzurufen, nutzt immer weniger die üblichen Browser, die bislang noch zur „Grundausstattung“ bei der Navigation im Internet gehören. Wie aus einer Untersuchung des US-Marktforschungsunternehmens Parks Associates hervorgeht, zeigt sich dieser Trend besonders bei den jüngeren Zielgruppen unter 35 Jahren. Die künftige Entwicklung der Webnutzung wird sich folglich verändern.

Dabei könnte der App-Boom sogar die Grundidee des World Wide Web gefährden, nämlich die eines universell verbundenen, freien Informationssystems. So sind bestimmte Apps nur für wenige Plattformen verfügbar – oft wird bevorzugt die konsumfreudige iPhone-Kundschaft adressiert. Das ist wirtschaftlich nachvollziehbar, denn für Entwickler ergibt sich ein enormer Mehraufwand, wenn sie für verschiedene Plattformen schreiben und pflegen wollen.

Einheitliche Standards sind nicht absehbar – im Gegenteil: Nach dem kommerziell erfolgreichen Vorbild Apple setzen auch der Blackberry-Hersteller RIM, Microsoft, Google (Android), Hewlett-Packard (WebOS) und Nokia (Symbian) auf proprietäre App-Lösungen, die nur auf der jeweiligen Betriebssystem-Plattform funktionieren. Der Nutzer ist damit entweder zu ewiger Treue zu seiner Plattform verdammt oder muss bei einem Wechsel tief in die Tasche greifen.

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