Keine deutschen Tablet-PCs im Deutschen Bundestag

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags dürfen ihre Reden jetzt offiziell von einem iPad ablesen. Das beschloss der zuständige Ausschuss. Doch nicht jeder Tablet-PC genügt den Anforderungen des hohen Hauses.

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags dürfen ihre Reden jetzt offiziell von einem iPad ablesen oder – höflicher formuliert – das iPad als Gedächtnisstütze für ihren ansonsten frei vorgetragenen Debattenbeitrag benutzen. Das beschloss der zuständige Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung. Doch nicht jeder Tablet-PC genügt den Anforderungen des hohen Hauses.

Einige Parlamentarier staunten nicht schlecht, als der Abgeordnete und FDP-Obmann der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, Jimmy Schulz, nicht einen Stapel Papier, sondern seinen iPad auf das Rednerpult legte. Die Benutzung eines Computers ist nämlich eigentlich verboten.

MdB Jimmy Schulz (FDP) bei seiner ersten „iPad-Rede“ im Bundestag (Video: Deutscher Bundestag).

Wo kämen wir denn da hin, wenn ein alt-ehrwürdiger CDU-Abgeordneter seine ausgedruckte Rede präsentiert und von den FDP-Yuppies statt Beifall nur Zwischenrufe wie „Internetausdrucker“ erntet? Dass das ein Schimpfwort ist, erfährt er erst am nächsten Tag aus der Zeitung und im Fernsehinterview fragt man ihn, ob er sein Mandat überhaupt noch ernsthaft ausüben könne, da er ja nicht einmal in der Lage sei, mit normalen Büroarbeitsgerät umzugehen.

Dabei scheint das gar nicht so schwer zu sein: Selbst Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), den man getrost nicht mehr zu den Digital Natives zählen darf, spielt im Plenum demonstrativ mit dem Tablet herum.

Die iPad-Rede von Jimmy Schulz zog indes weite Kreise: Vom Bundestagspräsidium, das sich „verapplet“ vorkam, gab es einen Rüffel und das wiederum sorgte für Schlagzeilen in den Medien. Selbst Steve Jobs erreichte die Nachricht vom deutschen Abgeordneten „iPad-Jimmy“. Er schickte umgehend seinen Vice President für Software-Technologie Guy L. „Bud“ Tribble nach Berlin, um Schulz Schützenhilfe zu leisten.

Die Mitglieder des Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung gerieten in eine Zwickmühle. Hätten sie das iPad verboten, dann müssten sie sich den Vorwurf der Technikfeindlichkeit und Rückständigkeit gefallen lassen. Schließlich gibt es wenig objektive Gründe, einem Abgeordneten vorzuschreiben, welches Medium er für sein Manuskript benutzen darf.

Seit heute sind daher iPads auch offiziell erlaubt. Das begrüßt neben Jimmy Schulz auch der 65-jährige Bundeswirtschaftsminister. Er habe endlich die Möglichkeit, im Bundestag online zu gehen, sagte er bereits gestern, noch bevor der Ausschuss seinen Beschluss überhaupt gefasst hatte.

Trotzdem hat sich der Ausschuss nicht gerade mit Ruhm bekleckert, denn von einer freien Wahl des Mediums kann keine Rede sein. Der einstimmige und offensichtlich ernst gemeinte Beschluss verbietet nämlich Geräte mit einem aufklappbaren Deckel. Ferner muss das Gerät geräuschlos sein. Lüfter sind explizit verboten. Auch Tastaturen sind tabu, weil das Klappern der Tasten Geräusche verursacht. „Papierrascheln“ scheint hingegen nicht zu stören.

Das ist gut für Apple. Das iPad erfüllt alle diese Kriterien. Falls ein Abgeordneter aber lieber den deutschen Tablet-PC WeTab benutzen möchte, hat er Pech gehabt: Der hat nämlich einen Lüfter und gilt somit nicht als geräuschlos. Er hat im Bundestag demnach nach wie vor nichts zu suchen.

Ein schlechtes Gewissen müssen die Ausschlussmitglieder aber nicht haben. Das WeTab mit dem Lüfter, der Intels Atom-Prozessor kühlt, scheint zumindest in der Version 1.0 auch ohne die tatkräftige Unterstützung des Bundestags ein Flop zu werden.

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