Deutsche High-Tech-Start-ups kommen kaum noch an Kapital

Im Jahr 2009 war ein Rückgang um 70 Prozent zu verzeichnen. Wagniskapitalgeber hierzulande scheuen das Risiko und erwarten zu viel von den Gründern. Viele Ideen veralten im Archiv oder werden im Ausland verwirklicht.

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Die Finanzierung von High-Tech-Gründungen in Deutschland ist infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise „dramatisch eingebrochen“. Darauf hat Fraunhofer Venture hingewiesen, der Gründungsberater der Fraunhofer-Gesellschaft. Fraunhofer Venture fordert eine neue Gründermentalität und einen einfacheren Zugang zu öffentlichen Mitteln.

Der Gründungsberater beruft sich dabei auf Angaben des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK). Demnach sind deutsche Venture-Capital-Investitionen im Jahr 2009 um 70 Prozent zurückgegangen. Der Finanzierungrückgang sei viel dramatischer als in den USA: Dort habe das Venture-Capital-Volumen 2009 um etwa 28 Prozent abgenommen.

Besonders hart trifft es nach Angaben von Fraunhofer Venture deutsche Unternehmen aus dem High-Tech- und Clean-Tech-Bereich, die in der Frühphase Geld benötigen. Das gesamte Seed-Investment (Frühphase) der deutschen Wagniskapitalgeber betrug 2009 gerade einmal noch 8 Millionen Euro. Das bedeute: Die private Finanzierung von Gründungen sei in diesen Branchen nahezu zum Erliegen gekommen. Dabei sei gerade der High-Tech- und Clean-Tech-Bereich kapitalintensiv und damit von Drittmitteln besonders abhängig.

Die knappen Mittel der Venture-Capital-Geber sind laut BVK vor allem auf die Krise zurückzuführen. Den Fonds gelinge es kaum noch, Investoren für ihre Arbeit zu finden. Nach Angaben von Fraunhofer Venture wäre es jedoch eindimensional, allein der Finanz- und Wirtschaftkrise den schwarzen Peter zuzuschieben. Thomas Doppelberger, Leiter von Fraunhofer Venture, sieht einen anderen Grund: Seed-Finanzierungen sind mit besonders hohen Risiken verbunden und „unterm Strich wenig rentabel“.

Da Investoren in Deutschland laut Doppelberger eine etwa im Vergleich zum Silicon Valley kleinere Auswahl an potenziellen Projekten vorfinden, entscheiden sie sich im Zweifelsfall gegen ein Frühphasen-Projekt hierzulande. Stattdessen investieren sie global in möglichst zukunftsträchtige Unternehmenskonzepte. Das wird sich auf die Zahl der Neugründungen auswirken. Doppelberger: „Ich erwarte in den nächsten Jahren nur sehr wenige High-Tech-Neugründungen aus Deutschland.“

Wenn der Gründungsmotor wieder zum Laufen gebracht werden solle, bedürfe es jedoch einer neuen Gründermentalität. Derzeit seien Ausgründungen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen selten. Zwar halte die Fraunhofer-Gesellschaft mit 3,4 Gründungen pro 1000 forschenden Mitarbeitern den Spitzenplatz, doch viel zu wenige Akademiker, die in Deutschland forschen, gründeten mit ihren Erfindungen tatsächlich ein Unternehmen. Nach Ende der Projektphase veralteten viele Patente im Archiv – oder ihr Potenzial werde im Ausland verwertet.

Wenn Deutschland ein Innovationsstandort mit Zukunft sein solle, dann genüge es nicht, Laborerfolge zu feiern, sondern diese müssten auch am Standort umgesetzt werden. Für Doppelberger ist dies eine Forderung an die Forschungsförderung: „Die wirtschaftliche Verwertung eines Projektes muss fokussiert werden. Nur wenn eine Umsetzung realistisch scheint, sollten weitere Fördermittel, zum Beispiel eine zweite Tranche, an die Forscher ausbezahlt werden.“ So könne der Ausgründungsgedanke bereits in der Forschungsphase gefördert werden und dies langfristig die deutsche Gründermentalität verändern.

Doppelberger fordert zudem, den Zugang zu öffentlichen Geldern zu vereinfachen. In Folge der Venture-Capital-Knappheit spielen für Gründer öffentliche Geldgeber, etwa der High-Tech-Gründerfonds, derzeit die entscheidende Rolle. Doch die Finanzspritzen je Gründung sind begrenzt, während gleichzeitig für viele Projekte die Anforderungen sehr hoch sind: Neben Eigenmitteln wird im Bewerbungsverfahren bereits ein kompletter Businessplan inklusive Exit-Strategie gefordert. Diese können viele Gründer schlicht noch nicht darstellen.

Eine Folge laut Doppelberger: Die Förderung von Bund und Ländern hat nicht die Durchschlagskraft, die sie haben könnte. Obwohl seit einigen Jahren mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden, verzeichnet der Gründungsreport des Zentrums für Europäische Gründungsforschung ZEW keinen Anstieg bei Neugründungen im High-Tech-Bereich. Da private Investoren für die Seed-Phase nicht zu gewinnen seien, müsse ein Expertengremium geschaffen werden, das rasch und unbürokratisch staatliche Mittel zur Verfügung stelle.

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