Vorratsdatenspeicherung 2.0: EU will Googles Sucharchive

Eine Speicherung aller Suchanfragen im Internet mit der IP-Adresse für sechs Monate wäre für die Privatsphäre der Menschen gelinde gesagt eine Katastrophe. Will man tatsächlich ein „Frühwarnsystem“ implementieren, reicht es nicht aus, die Daten zu speichern, man muss sie auch analysieren – und zwar ohne einen konkreten Verdacht.

Dabei ist zu bedenken, dass die meisten Internetnutzer maximal für einen Zeitraum von 24 Stunden dieselbe IP-Adresse haben. Eine Suchmaschine wie Google kennt natürlich grundsätzlich die Zuordnung von dynamischen IP-Adressen und Internetanschluss nicht. Demnach lässt sich nicht über einen längeren Zeitraum nachvollziehen, ob jemand nach „verdächtigen“ Begriffen sucht.

In diesem Fall muss das „Frühwarnsystem“ bereits Alarm auslösen, wenn von einer IP-Adresse innerhalb von 24 Stunden einige wenige Male nach Begriffen wie Teens, Babes oder xxx-Movies gesucht wird. Mit dieser Methode dürfte die Liste der Verdächtigen in Europa recht lang werden. Dasselbe Problem ergibt sich, wenn Anwender hinter einem großem Firmen-NAT-Router sitzen. Dann lässt sich ohne Zugang zu eventuell vorhandenen Logdateien in der Firma nicht sagen, wer angeblich nach Kinderpornografie gesucht haben soll.

Um Nutzer über eine längere Zeit auf „verdächtiges Suchmaschinenverhalten“ zu beobachten, kommt man nicht umhin, neben der IP-Adresse auch andere Identifikationsmerkmale zu speichern. Das können zum Beispiel Cookies sein. Aber auch andere Daten wie eine eventuelle Google- oder Windows-Live-ID, mit der man bei der Suchmaschine eingeloggt ist, oder der digitale Fingerabdruck des Browsers sind für solche Zwecke geeignet.

Der Nutzer kann schnell in eine Zwickmühle geraten. Wer beispielsweise Cookies abschaltet, kann alleine dadurch das "Frühwarnsystem" auslösen, weil er vermeintlich versucht, seine Identität zu verschleiern, was ein "anständiger" Bürger nicht nötig hat.

Denkt man einen Schritt weiter, kommt man zu dem Schluss, dass es nicht ausreicht, die Suchbegriffe zu speichern. Schließlich kann man niemanden dafür verurteilen, dass er nach bestimmten Begriffen gesucht hat, selbst wenn sie noch so "verdächtig" klingen. Daher dürften bei einem "Frühwarnsystem" schnell Begehrlichkeiten geweckt werden, zu speichern, welche Seiten aus der Ergebnisliste der Benutzer tatsächlich angeklickt hat.

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7 Kommentare zu Vorratsdatenspeicherung 2.0: EU will Googles Sucharchive

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  • Am 9. Juni 2010 um 13:00 von tabbstah

    abschalten!
    ja entweder das internet abschalten oder das europarlament.
    viel mehr bleibt dann ja nicht mehr.

    Ps.: gab es da nicht mal überwachungsinstanzen die so ein "marketingverhalten" "überwachen" sollten?!?!?!

  • Am 9. Juni 2010 um 13:42 von Matthias FFM

    Vorratsdatenspeicherung 2.0
    … mir fehlt da noch die vorsorgliche Speicherung aller Chatdialoge …. das natürlich mit Suchindex nach den wichtigen Schlagwörtern und automatischer Mail (die natürlich durch alle SPAM-Filter per entsprechender Verordnung) durchgelassen werden muss ….

    Orwell lässt grüßen !!

  • Am 9. Juni 2010 um 15:17 von Cueball

    Verarsche der Bevölkerung
    Hi,

    ich bin immer wieder erstaunt, über die Menge der Artikel auf diversen Seiten, die sich darüber aufregen, dass man uns allen ein X für ein U vormachen will.
    Zudem ist es doch sehr erstaunlich was Regierung & Co sich alles einfallen lassen zum Thema: Internetkriminalität usw.
    Aber es wundert mich genau so sehr, dass immer nur geredet wird… getan wird quasi gar nichts.
    Die Situation wird immer schlimmer und die Regierungen arbeiten immer mehr Hand-in-Hand mit Medienunternehmen zusammen um uns das Leben noch schwerer zu machen, als es ohnehin bereits ist.
    Wann passiert endlich mal was??? Ich habe jeden Tag die Schnauze ein wenig mehr voll als den Tag zuvor – bin ich alleine??

    • Am 29. Juni 2010 um 15:53 von Goblin2k3

      AW: Verarsche der Bevölkerung
      Ein Problem ist ja, was in „Angriff auf die Freiheit“ schon erörtert wurde: Irgendwie scheinen sich nur die IT-Magazine ernsthaft mit der Thematik auseinanderzusetzen, während andere Presseorgane Begriffe wie „Terrorverdächtiger“ bereitwillig in ihr Vokabular aufnehmen. Es scheint fast, als wären nur Nerds an einem freien Internet interessiert sein. Offenkundig, weil nur sie es wirklich verstanden haben.

      Aber wie war das doch gleich: Meine Daten können sie ja ruhig haben, ich habe mir doch nichts vorzuwerfen. Das ist doch vom Staat, das kann doch nichts Böses sein…

  • Am 12. Juni 2010 um 18:28 von Baby

    Sanfte Verdummung
    Nein, Cueball, Du bist sicherlich nicht alleine. Aber trotzdem sind wir eine Minorität. Dem Großteil unserer lieben Bevölkerung fehlt nach meiner Einschätzung jegliches Verständnis für diese Thematik. Und genau wie die Werbung auf Emotionen und niederste Instinkte abzielt, macht es Politik. Ich nenne das die „sanfte Verdummung“. Dem Bürger wird ständig eingeredet, wie wichtig Politik ist. Verstehen kann er sie aber nicht. Und das soll er auch garnicht. Ihm muss nur klar gemacht werden, dass er 1x alle 4 Jahre sein Kreuzchen zu machen hat, und zwar möglichst weit oben auf dem Stimmzettel, und ansonsten mal lieber die Fresse hält.

  • Am 25. Juni 2010 um 15:22 von Freiheit

    Even bigger Brother wacthing YOU!
    Es lebe der Überwachungsstaat..sorry die Überwachungsunion! Bürokratisch…Bürokratischer…EU

  • Am 29. Juni 2010 um 13:19 von TabGedrueckt

    Armseelig
    Also zumindest ein Politiker sollte schon lesen und verstehen BEVOR
    er etwas unterschreibt…

    Meiner Meinung nach gehört JEDER, der diesen Wisch unterschrieben hat,
    seines Amtes enthoben!

    Der Verfasser selbstverständlich auch…

    Einfach nur lächerlich dass sowas keine Konsequenzen hat…

    Unter diesen Umständen: EU – nein danke!

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