Innenminister de Maizière will die Adressvergabe im Internet verstaatlichen

Die private Verwaltung sei nicht zukunftssicher. Es sei ein Phänomen, dass dies überhaupt funktioniere. Staatliche Kontrolle könne das Vertrauen der Bürger in sichere Online-Kommunikation stärken.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will die Vergabe von Adressen im Internet unter staatliche Aufsicht stellen. Das sagte er nach Informationen von Spiegel-Online nach Gesprächen in Washington.

Der Umstand, dass derzeit weitgehend private Einrichtungen das Internet kontrollieren, sei „keine ausreichende Antwort für die Zukunft.“ Staatliche Einrichtungen müssten eine „Schutzpflicht für sichere Online-Kommunikation“ übernehmen. Es gehe um das Vertrauen der Bürger, dass Dienste wie Online-Banking und E-Mails tatsächlich sicher seien.

Zuvor hatte sich de Maizière in einem Interview mit der taz ähnlich kritisch geäußert. Es sei ein Phänomen, dass die Adressvergabe überhaupt funktioniere, obwohl sie nur von Privatleuten verabredet sei.

Derzeit werden Domains in Deutschland von der genossenschaftlich organisierten DENIC vergeben. Ihre Mitglieder sind Unternehmen, die Domains der TLD .de an Privatleute und Unternehmen vertreiben und die Verwaltung übernehmen. Nichtmitglieder können als Reseller oder Registration Service Provider auftreten.

Die DENIC geht strikt nach dem Prinzip „First-come-first-served“ vor. Streitigkeiten, etwa wegen verletzter Marken- und Namensrechte, müssen von einem Gericht entschieden werden. Die DENIC bietet lediglich Hilfestellungen bei der Konfliktlösung an, etwa das Setzen eines Dispute-Eintrags.

Auf europäischer Ebene vergibt IP-Adressen und AS-Nummern das RIPE NCC (Réseaux IP Européens Network Coordination Centre) als Regional Internet Registry (RIR). Auch RIPE NCC ist eine von Mitgliedern getragene Non-Profit-Organisation. Eine wichtige Aufgabe besteht darin, Richtlinien aufzustellen, damit die knappen IPv4-Adressen bedarfsgerecht vergeben werden.

Falls die Adressvergabe in staatliche Hände kommt, könnten Behörden Domains und IP-Adressen ohne Mitwirkung der Justiz abschalten oder Bedingungen an die Vergabe und Verlängerung knüpfen. Beispielsweise könnte der Betrieb von DNS-Servern nur noch bestimmten Nutzergruppen erlaubt sein.

Update 04.05.2010 16.36 Uhr:
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums dementierte heute gegenüber ZDNet, dass Bundesinnenminister de Maizière eine staatliche Vergabe von IP-Adressen anstrebe. Der Minister habe sich in den zugrunde liegenden Presseberichten allgemein zur Rolle des Staates im Umgang in dem Internet geäußert. Die Passagen bezögen sich jedoch nicht auf die Vergabe von Internetadressen. Der Minister habe vielmehr im zitierten taz-Interview wörtlich geäußert: „Die Adressvergabe funktioniert, obwohl sie nur von Privatleuten verabredet ist.“

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12 Kommentare zu Innenminister de Maizière will die Adressvergabe im Internet verstaatlichen

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  • Am 3. Mai 2010 um 21:27 von Christoph Grüneberg

    Panikmache?
    Ich habe mir gerade die Quellen auf die sich dieser Artikel gründet, also beim SpiegelOnline also auch bei der TAZ durchgelesen. Wo bitte ist da die Rede davon, dass die Vergabe der Domainnamen verstaatlicht werden soll?

    SPON: „Bei dem Besuch in Übersee äußerte sich der Bundesinnenminister nachdenklich über die Rolle des Staates im Netz. Zu dem Umstand, dass derzeit weitgehend private Einrichtungen das Internet kontrollieren, sagte er: „Das wird keine ausreichende Antwort für die Zukunft sein“. Bislang greife der Staat erst dann ein, wenn es im Internet kriminell wird.“

    Nun ja, wie „das Internet“ kriminell wird, ist mir zwar ein Rätsel, aber von Verstaatlichung ist da keine Rede.
    Weiter bei SPON: „Es werde in der Zukunft, so de Maizière, aber um Datensicherheit im Netz gehen, nicht nur um Datenschutz – also um das Grundvertrauen der Bürger, dass E-Mails oder Online-Überweisungen generell sicher seien. Daher stelle sich die Frage: „Was ist die Rolle des Staates im Internet?“ Zur Diskussion stünde etwa, ob staatliche Einrichtungen eine Schutzpflicht für sichere Online-Kommunikation übernehmen sollen. Man könne aber auch den Standpunkt einnehmen, dass derartiger Datenaustausch immer mit einem Risiko behaftet sei, das Nutzer akzeptieren müssten.“

    Von den Domainnamen oder Adressen ist im gesamten Artikel keine Rede, es geht um die Kommunikation.

    In der Taz wird deutlich, worum es geht: „Warum soll der Staat auf Vorschriften verzichten, nur weil ein Phänomen international verbreitet ist? Wenn Toyota in Deutschland ein Auto verkauft, gilt die deutsche Zulassungsordnung. Auf den G-20-Treffen reden wir über internationale Regeln für die Finanzbranche, die national umgesetzt werden. Übrigens hat die Internetgemeinde so etwas schon selbst gemacht: Die Adressvergabe funktioniert, obwohl sie nur von Privatleuten verabredet ist.“

    Es geht lediglich darum, dass es möglich ist internationale Abkommen zu treffen, er nennt die Adressvergabe als BEISPIEL, wie sich solche Probleme sogar unter Privat lösen lassen. Und weiter in der TAZ:
    „Das erstaunt den deutschen Juristen de Maizière?

    Es ist zumindest ein Phänomen.

    Warum muss sich der Staat einmischen, wenn es auch ohne ihn funktioniert?

    Weil das Internet kein rechtsfreier Raum sein darf. In der analogen Welt wollen wir keine No-go-Areas, in die sich kein Außenstehender mehr hineinwagen kann. Das darf es auch in der digitalen Welt nicht geben. Sonst haben wir vielleicht bald eine Verkehrung der Diskussion, in der wir sagen müssen: So viel Schutz, wie die Verbraucher vom Staat wollen, kann er ihnen im Netz gar nicht bieten.

    Also ein Gütesiegel vom Staat, wie es die Deutschen lieben?

    Eine Zertifizierung kann ich mir vorstellen. Es geht nicht zu allererst um Verbote. Auch der Straßenverkehr funktioniert ja nicht, weil Linksfahrer bestraft werden. Er funktioniert, weil das Rechtsfahrgebot in der Bevölkerung auf Akzeptanz stößt. “

    Einmal das Wort Adressvergabe erwähnt und schon geht die Phantasie mancher Autoren etwas wild.

    Die hier getroffene Aussage „Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will die Vergabe von Adressen im Internet unter staatliche Aufsicht stellen.“ ist zumindest in den als Beweis angegeben Artikeln nicht wiederzufinden, die Überschrift „Innenminister de Maizière will die Adressvergabe im Internet verstaatlichen“ kann man nur als reißerisch bezeichnen.

    Sorry, der Artikel ist einfach nur schlecht, die Umfrage bestätigt das ja auch.

  • Am 3. Mai 2010 um 22:35 von Gismo

    Umfrage
    Die Antwortmöglichkeiten der Umfragen sind in letzter Zeit irgendwie immer subjektiver geworden, als wollte man das Ergebnis in eine bestimmte Richtung lenken, ohne dass ich das unterstellen möchte.

    • Am 4. Mai 2010 um 7:58 von @Pinguwien


      …Was für ein Cybersozialist. DDR-esk.

      Naja, mal Spaß bei Seite, Herr De Maizière verkennt da einen wichtigen Fakt:

      Die Bürger_innen haben nur noch wenig bis gar kein Vertrauen mehr in Politiker, die nur dann im Bundestag auftauchen, wenn es um ihre Diätenerhöhung geht. Die sich einem unsinnigen Fraktionszwang unterwerfen um bloß nicht selbst denken zu müssen. Die sich lieber von Lobbyisten ins Ohr flüstern lassen als sich bei Abgeordnetenwatch die Fragen des Volkes durchzulesen und wahrheitsgetreu zu beantworten. Die ihre Wähler_innen belügen. Die (nicht nur) im Wahlkampf teils fieseste Demagogie einsetzen die ich sonst nur in Videos im Geschichtsunterricht Anfang bis Mitte des letzten Jahrhunderts erwarten musste und nicht auf Youtube.
      Ich könnte jetzt weiter machen, ich denke aber die Intention wird deutlich.
      Das ist der Grund, weshalb dieser Plan eine Welle der Empörung hervorrufen wird.

      Liebe Politiker, lasst das Netz in Ruhe. Das Netz funktioniert. Ihr nicht, liebe Politiker. Ihr nicht.

      Gruß,

      Dominik

    • Am 4. Mai 2010 um 10:00 von Kilian

      AW: Umfrage
      stimme dem zu, die Nein-Antwort mit nur einer Begründung zu belegen ist billig!!

  • Am 4. Mai 2010 um 10:01 von Yussuf S.

    Der Innenminister auf der schiefen Ebene
    Mit solchen Äußerungen nährt der Innenminister die Befürchtungen, dass er bereit ist, den Staat in ein totalitäres Internet und einer damit möglichen Gleichschaltung der Massenmedien abrutschen zu lassen.

    Ein Staat, der freie Medien und/oder das freie Internet zur Disposition stellt, ist eine Demokratie auf Abruf. Es muss auch Herrn Dr. de Maiziere klar sein, welche Attraktivität von diesem neuen „single point of democratic failure“ ausgeht. Man muss naiv sein um zu glauben, dass demokratische Kontrolle in einem Staat funktioniert, der missliebige Meinungen „on his fingertips“ tot-schalten kann.

    >Machen wir uns nichts vor: Der nette „Onkel“ Dr. de Maiziere führt und auf eine schiefe Ebene, die mit tödlicher Sicherheit in einem neuen Faschismus enden muss – so wir ihm die Freiheit lassen. Hinter dem medien-kompatibleren Maske des aktuellen Innenministers tickt genau die gleiche demokratische Zeitbombe, wie das bei Schäuble oder Schily der Fall war!

    Y.S.

  • Am 4. Mai 2010 um 12:13 von Peter Squentz

    Traurig
    Es ist erschreckend, dass etablierte Organisationen wie DENIC und RIPE (NCC) angegriffen werden, um eine weitere politische Kontrolle des Internets durchzusetzen. Organisationen, die ihren Jobs seit vielen Jahren bekanntermaßen herausragend gut machen, für eine 100%ige Verfügbarkeit des DNS sorgen und auch eine gerechte Vergabe organisiert haben – das bei gleichzeitig außerordentlich geringen Preisen.

  • Am 4. Mai 2010 um 19:11 von Kai

    Es ist deprimierend..
    dass die Politik immer weiter in Richtung der totalen Kontrolle vordringt. Ja, die DENIC lässt Markenrechts-Streiteren von einem Gericht klären! und? was soll daran so schlimm sein? Wenn sowas irgendwo sinnvoll geklärt werden kann, dann doch wohl vor einem Gericht. Dafür gibt es doch Gerichte! wieso sollen wir dazu übergehen die geregelten bahnen zur willkür des Staates umzulenken? Die DENIC ist eine Organisation die einfach funktioniert.
    Das hat sie in all den Jahren die es Sie inzwischen gibt mehr als nur einmal bewiesen.

    Ebenso sieht es beim RIPE aus. Es funktioniert einfach. wenn wir anfangen solche Organisationen zu verstaatlichen dann können wir das Internet gleich abschalten.

    Gerade beim RIPE. Ich erinnere mich da an eine Aussage von der Bundeswehr das denen eine /32er IPv6 Allocation zu klein ist. (/32er bei IPv6 = 79.228.162.514.264.337.593.543.950.336 (2^96) IP-Adressen). Wenn das RIPE nun in staatlicher Hand wäre, dann würde der Staat für sämtliche Behörden oder staatlichen Einrichtungen die IPs nur so aus dem fenster hinaus werfen. Auch die Bundeswehr würde dann wohl ein /16 bekommen(2^112 IP-Adressen).

    Solche Oranisationen wie die DENIC oder das RIPE in Staatliche hände zu legen wäre wohl das schlimmste was man machen könnte.

    Als nächstes kommt dann die Forderung den DE-CIX zu verstaatlichen?

  • Am 5. Mai 2010 um 7:37 von SubaTom

    NEIN!
    … das wäre meiner Meinung nach der nächste Schritt zur Zensur! Damit hat es der Staat leichter Domains zu löschen.

    • Am 6. Mai 2010 um 23:43 von JW

      AW: NEIN! => Am Sonntag Piratenpartei wählen!!!
      Denn nur die sind wirklich für ein freies neutrales Netz ohne Zensur!

  • Am 10. Mai 2010 um 15:15 von SDahmen

    Gift und Galle …
    … könnte ich als Unternehmer spucken, wenn sich irgendwelche Kaderschranzen darüber wundern, dass Regelungen, die „nur von Privaten“ getroffen werden, dann auch funktionieren.

  • Am 12. Mai 2010 um 15:05 von Daniel

    Domains verstaatlichen?!
    Sorry, aber wer weiß dort überhaupt worum es geht. Ich erinnere mich noch gut an die Stoppschild-Aktion…

  • Am 16. Mai 2010 um 16:07 von 0ffh

    Warum es funktioniert…
    Ich würde mal sagen, die Adressvergabe funktioniert WEIL sie „nur“ von Privatleuten verabredet ist…

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