EuGH: Verkäufer müssen auch nach Widerruf Versandkosten tragen

Die AGBs des Heinrich-Heine-Versands stehen EU-Recht entgegen. Sie sahen eine Rücksendepauschale von 4,95 Euro vor. Der Bundesverband des Deutschen Versandhandels fordert die Anpassung des deutschen Rechts an die EU-Richtlinien.

Der Europäische Gerichtshof hat im Streit zwischen der Handelsgesellschaft Heinrich Heine und der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ein grundlegendes Urteil zu Rücksendekosten (PDF) im Versandhandel gefällt. Demnach dürfen Verbrauchern, die einen Vertragsabschluss im Fernabsatz widerrufen, nicht die Kosten der Zusendung der Ware auferlegt werden. Lediglich die Kosten der Rücksendung dürfen zu ihren Lasten gehen.

Die EU-Richtlinie über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, wozu auch der Onlinehandel gehört, bestimmt, dass Privatpersonen einen Vertragsabschluss innerhalb einer Frist von mindestens sieben Werktagen ohne Strafzahlung und ohne Angabe von Gründen widerrufen können. Übt der Käufer sein Widerrufsrecht aus, hat der Verkäufer eventuell bereits geleistete Zahlungen kostenlos zu erstatten. Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher bei einem Widerruf auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren.

Der Versandhandel Heinrich Heine hatte in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehen, dass der Verbraucher einen pauschalen Versandkostenanteil von 4,95 Euro trägt. Diesen Betrag sollte das Versandunternehmen auch dann nicht zu erstatten haben, wenn der Käufer sein Widerrufsrecht ausübt. Dagegen hatte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in mehreren Instanzen geklagt.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs gewährt das deutsche Recht Verbrauchern keinen ausdrücklichen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Zusendung bestellter Ware. Da der Bundesgerichtshof jedoch Zweifel hatte, ob das deutsche Recht mit der EU-Richtlinie vereinbar ist, ersucht er den Europäischen Gerichtshof um Auslegung der Richtlinie. Dieser hat jetzt festgestellt, dass die Richtlinie der deutschen Regelung entgegensteht.

Ziel der EU-Richtlinie sei es eindeutig, Verbraucher nicht von der Ausübung ihres Widerrufsrechts abzuhalten. Dürften die Mitgliedstaaten Regelungen zulassen, bei denen im Widerrufsfall die Kosten der Zusendung zulasten dieses Verbrauchers gehen, liefe das nach Ansicht der EU-Richter diesem Ziel zuwider. Außerdem stünde eine solche Belastung der Verbraucher einer ausgewogenen Risikoverteilung bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz entgegen.

Nach Ansicht des Bundesverband des Deutschen Versandhandels e.V. (bvh) führt das Urteil jedoch zu einer Benachteiligung deutscher Versender. Er fordert daher eine Änderung des deutschen Retourenrechts. Der Verband weist darauf hin, dass deutsche Verbraucher im Gegensatz zu denen in den Nachbarländern grundsätzlich keine Rücksendekosten übernehmen müssen. Ausnahme seien Bestellungen unter 40 Euro.

„Das EuGH-Urteil kommt nicht überraschend, denn es folgt der europäischen Fernabsatzrichtlinie in nachvollziehbarer Weise“, sagt Christoph Wenk-Fischer, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des bvh. „Allerdings gerät durch seine Auswirkungen das ausbalancierte deutsche System ins Ungleichgewicht. Der Gesetzgeber muss daher nun das deutsche Rückgaberecht an das Europarecht anpassen, damit Versandunternehmen Verbrauchern wie in den europäischen Nachbarländern Rücksendekosten berechnen können.“ Das, so der Verbandsfunktionär, sei notwendig, um dem Missbrauch des Retourenrechts in Deutschland vorzubeugen.

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1 Kommentar zu EuGH: Verkäufer müssen auch nach Widerruf Versandkosten tragen

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  • Am 16. April 2010 um 1:30 von Hans Kolpak

    Muß man Juristengeschwurbel verstehen?
    Ich versende frei Haus. Diese Freiheit nehm? ich mir. Und meinen Kunden steht es genauso frei, die ungeöffneten Dosen zurückzusenden, die sie in vollem Besitz ihrer Fähigkeiten und Kräfte bestellt haben. Seit 2004 hat das nicht ein einziger getan. Ist das wettbewerbswidrig? Laut Deutscher Wettbewerbszentrale ja.

    An diesem Umstand hat sich die Deutsche Wettbewerbszentrale das Hirn eingerannt und schließlich entnervt von mir abgelassen. Muß man Juristen verstehen? Nicht wirklich.

    Laut DWZ sind Kunden viel zu blöd, selbst zu entscheiden, ob sie zufrieden sind oder nicht. Laut DWZ sind Versandhändler viel zu blöd, selbst zu entscheiden, wie sie Kunden zufriedenstellen. Beide brauchen angeblich das unverständliche Geschwurbel von Juristen, das sie unglücklich und depressiv macht.

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