Bundespräsident Köhler verweigert vorerst Unterschrift unter Internetzensurgesetz

Von der Bundesregierung fordert Köhler "ergänzende Information" . Das Gesetz bezeichnen viele Experten als nicht verfassungskonform. Über die Motive des Bundespräsidenten herrscht Unklarheit.

Bundespräsident Horst Köhler wird das Internetzensurgesetz vorerst nicht unterschreiben. Das berichtet der Spiegel. Köhler hat von der Bundesregierung „ergänzende Informationen“ zu dem heftig kritisierten Gesetz angefordert. Erst nach Eingang dieser Informationen will er endgültig entscheiden, ob er das Gesetz unterschreibt.

Zahlreiche Politiker und Rechtsexperten halten das Gesetz für verfassungswidrig. Es könne dem Zweck der Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet nicht dienen. Der Aufbau einer Zensurinfrastruktur bei allen Providern sei daher nicht gerechtfertigt. Insgesamt 134.014 Bürger protestierten gegen das Gesetz im Rahmen einer Petition an den deutschen Bundestag – so viele wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

Unklar ist bis jetzt allerdings, ob es sich bei der Verzögerung der Unterschrift um ein „Gentleman’s Agreement“ zwischen Regierung und Bundespräsidialamt handelt. CDU/CSU und FDP vereinbarten bei den Koalitionsverhandlungen im September, das Internetzensurgesetz ein Jahr lang auszusetzen. Danach soll eine neue Evaluierung des Gesetzes stattfinden, bevor man es in Kraft setzt oder abschafft.

Allerdings können Exekutivgewalten wie die Bundesregierung Gesetze nicht in oder außer Kraft setzen. Im Rahmen einer Verwaltungsverfügung können bestenfalls „Durchführungsbestimmungen“ erlassen werden, die dem Wortlaut des Gesetzes nicht widersprechen. Die Verzögerung der Unterschrift des Bundespräsidenten wäre ein juristischer Kniff, das Inkrafttreten ein Jahr lang zu verzögern.

Themenseiten: Internet, Kommunikation, Privacy, Telekommunikation, Zensur

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