SharePoint 2010: Microsofts neue Wunderwaffe

SharePoint ist derzeit das Microsoft-Produkt mit den am schnellsten wachsenden Umsatzzahlen. Dennoch fragen sich viele, was SharePoint eigentlich kann und bezweckt. Das jetzt angekündigte Release 2010 soll das ändern.

Im Windschatten der Vorstellung und Markteinführung von Windows 7 in der vergangenen Woche fand in Las Vegas Microsofts SharePoint Conference statt. Dass die Medien über diese Veranstaltung eher stiefmütterlich berichteten, ist angesichts des Rummels um das neue Microsoft-Betriebssystem nachvollziehbar. Rückblickend könnte es sich jedoch als Fehler erweisen. Zwar gehört das Betriebssystem zu Microsofts Brot-und-Butter-Geschäft, aber angesichts der zunehmenden Bedeutung von Browsern, Cloud Computing, Virtualisierung und dem wachsenden Interesse an alternativen Office- und Mail-Lösungen – etwa von IBM oder Google – nimmt seine Bedeutung langfristig ab. SharePoint hat seine beste Zeit dagegen noch vor sich.

Das Problem: So ganz genau hat wohl auch Microsoft anfangs nicht verstanden, was sich mit SharePoint alles machen lässt. Die Positionierung schwankte daher zwischen einer Art Intranet-Ersatz, einem Tool zur Zusammenarbeit von Projektteams und einem Dokumentenmanagementsystem. Letzteres wurde inzwischen ad acta gelegt – was zu einer enormen Akzeptanzzunahme bei den Spezialanbietern von Systemen für Dokumentenmanagement, Archivierung und Enterprise Content Management geführt hat. Inzwischen zählen sie sogar zu den eifrigsten Verfechtern der Microsoft-Lösung, sehen sie darin doch einen Katalysator für ihr eigenes Geschäft.

Das hilft auch Microsoft. Das Geschäft mit SharePoint ist inzwischen das am schnellsten wachsende in der Geschichte des Unternehmens, repräsentiert ein Volumen von 1,3 Milliarden Dollar und steht quasi als Symbol für Microsoft in der Ära nach Bill Gates. Manche Kommentatoren haben das bereits vor einiger Zeit vorausgesagt. So spekulierte etwa ZDNet-Autor Dana Blankenhorn vor zwei Jahren darüber, ob SharePoint Microsofts neue Geheimwaffe im Kampf um die Bindung der Kunden an den Softwareriesen wird.

Seine Argumentationskette: Die Abhängigkeit von Microsoft, die einst (und vielfach wohl auch noch heute) durch Client-Anwendungen wie Office gegeben war, wird künftig durch die Serverprodukte und SharePoint zementiert. Damals war SharePoint oberflächlich gesehen nur ein Dokumentenmanagementsystem, das jedem Mitarbeiter in einem Unternehmen erlaubte, Kollegen Dokumente einfach zugänglich zu machen und für ihn selbst relevante Dokumente zu finden.

Diese Funktionalität ließe sich problemlos mit Open-Source-Komponenten nachbilden. Etwa durch Alfresco für das Content Management, Liferay als Portal, JasperSoft für das Reporting, Jive für die Forenfunktionen sowie Zimbra als E-Mail-Server. Aber was kostet es, all das zusammenzubringen und zusammenzuhalten, verglichen mit der Möglichkeit, einfach etwas von Microsoft zu nutzen, das zudem noch reibungs- und nahtlos mit den vorhandenen Office-Anwendungen zusammenarbeitet?

Die Kehrseite der Medaille: Sobald Firmen anfangen, SharePoint wirklich zu nutzen, ist es nahezu unmöglich, sie jemals wieder davon zu überzeugen, andere Microsoft-Anwendungen oder Dateiformate aus dem Unternehmen zu verbannen. Denn SharePoint ist an diese Formate und Anwendungen gebunden, und mit zunehmender SharePoint-Nutzung steigen auch die Kosten eines Umstiegs exponentiell. So gesehen hatten die während der Ansprachen von Steve Ballmer und des SharePoint-Vaters Jeff Taper auf der Konferenz in Las Vegas im Hintergrund eingeblendeten, sich langsam drehenden, animierten und abstrahierten Spinnennetze eine hohe Symbolkraft – und sagten vielleicht mehr, als Microsoft wirklich wollte.

Themenseiten: IT-Business, Microsoft, Steve Ballmer, Strategien, Technologien

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4 Kommentare zu SharePoint 2010: Microsofts neue Wunderwaffe

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  • Am 27. Oktober 2009 um 0:48 von Ölly

    Micrisoft Sharepoint: Kommentar über den Bericht
    Ich antworte hier einfach mit einem alten Sufi-Witz (ca. 500 Jahre alt):

    Es trafen sich einmal alle Dorftrottel, da sie meinten, sie müßten endlich einen Führer haben. Sie waren sich alle einig darüber, daß ihr Führer lesen und schreiben können müßte.
    Einer der Dorftrottel konnte sehr gut reden und war deswegen der einzige Kandidat.
    Er hielt eine glänzende Rede.
    Aber später kam ein weiterer Dorftrottel zu ihm und sagte:
    „Du hältst Dein Manuskript falsch herum“!
    Darauf antwortete der Dorftrottel:
    „Ist doch egal, wierum ich es halte, Hauptsache, ich kann es lesen!“

  • Am 29. Oktober 2009 um 10:00 von Dirk Löhn

    SharePoint wird zum Betriebssystem 2.0 für Unternehmen
    Sharepoint wird immer mehr zu einem neuen Betriebssystem im Netz, dass in der Lage ist, nahezu alle elektronischen Betriebsprozesse abzubilden. Es hat das Potenzial, die nächste „Killerapplikation“ zu werden. Mal gespannt, wie sich Google dagegen positioniert. Als Lektüre dazu: http://www.locatech-it.com/blog/technologien-plattformen/sharepoint/sharepoint-2010-%e2%80%93-betriebssystem-20-fur-ihr-unternehmen/

    • Am 1. April 2010 um 13:29 von Bolle

      AW: SharePoint wird zum Betriebssystem 2.0 für Unternehmen
      Herr Löhn träumt wohl auch noch von der Weisswurst

      • Am 11. Juni 2010 um 17:23 von Dirk Löhn

        AW: AW: SharePoint wird zum Betriebssystem 2.0 für Unternehmen
        Von was träumt denn Herr Bolle? Tatsache ist, dass bereits SharePoint 2007, obwohl noch lange nicht ausgereift, das am schnellsten wachsende Produkt von Microsoft geworden ist. Jetzt mit SharePoint 2010 wird sich der Prozess beschleunigen. M.E. gibt es keine wirklich guten Alternativen für die professionelle Unternehmensnutzung. Google ist auf dem Weg, aber noch lange nicht so weit und hat – zumindestens im Unternehmenskontext – noch lange nicht die Akzeptanz, zumal die meisten Unternehmen kaum bereit sind, ihre Daten in die virtuelle Wolke auszulagern.

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