Frankreich schafft Behörde zum Kampf gegen Filesharer

Die Nationalversammlung verabschiedet im zweiten Anlauf das umstrittene Gesetz. Als Grundlage dient das Urheberrecht. Raubkopierern droht nach mehrmaliger Verwarnung eine Internetsperre von bis zu einem Jahr.

Mit 296 zu 233 Stimmen und 28 Enthaltungen haben die Abgeordneten der französischen Nationalversammlung gestern Abend für die Annahme eines Gesetzentwurfs zum Thema Urheberrecht und Internet gestimmt. Dieser muss jetzt noch vom Senat geprüft und verabschiedet werden, was jedoch als Formsache gilt. Mit einer Entscheidung wird spätestens am Donnerstag gerechnet.

Das Gesetz soll die Grundlage für die Einrichtung einer „Haute Autorité pour la Diffusion des oeuvres et la Protection des Droits sur Internet“ (kurz: Hadopi) schaffen. Diese Behörde soll Raubkopierer in einem mehrstufigen Verfahren mit zwei E-Mails und einem Einschreiben über etwaige Urheberrechtsverletzungen belehren. Nach einer dritten Zuwiderhandlung droht Verwarnten eine Netzsperre von bis zu einem Jahr.

Nach Ansicht der Kritiker darf in der modernen Gesellschaft niemand vom Internet ausgesperrt werden. Kulturministerin Christine Albanel verteidigte den Gesetzentwurf wiederholt mit dem Argument, es gehe weniger um die Einschränkung der Freiheit als vielmehr um die erzieherische Wirkung. Sie versicherte, dass nur völlig unbelehrbare Raubkopierer eine befristete Internetsperre riskierten.

Unklar ist, wie die Sperren technisch durchgesetzt werden sollen, etwa wenn sich mehrere Personen einen Internetzugang teilen, wie es in Firmen oder Bildungseinrichtungen üblich ist. Außerdem bleibt es fraglich, ob das Gesetz und die damit geschaffene Behörde sich auf lange Sicht aufrechterhalten lassen. Erst vergangene Woche hatte das Europäische Parlament entschieden, dass ein Internetanschluss ohne gültiges Gerichtsurteil nicht gesperrt werden darf.

Anfang April hatte die französische Nationalversammlung überraschend gegen den jetzt verabschiedeten Gesetzentwurf gestimmt. Damals lehnten die lediglich 36 anwesenden der insgesamt 577 Abgeordneten das Gesetz mit 21 Nein- zu 15 Ja-Stimmen ab.

Französischen Medienberichten zufolge war die geringe Stimmenzahl auf die kurz danach beginnenden Parlamentsferien zurückzuführen. Vor allem zahlreiche Abgeordnete der konservativen Regierungspartei UMP, die den Entwurf befürwortet, hätten sich vorzeitig in den Urlaub verabschiedet, so dass die Opposition das Gesetz kippen konnte.

Staatspräsident Nicolas Sarkozy will sein Land mit dem Gesetz zum Vorreiter im Kampf gegen illegale Downloads machen. Die französischen Internetprovider hatten sich mehrfach gegen die Regelung ausgesprochen, da sie nicht die Verantwortung für die Einhaltung von Copyright-Gesetzen tragen wollen.

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