IT-Fachkräfte in der Krise: Ab 40 wird ausgemustert

Im Jahr 2015 wird der Anteil der Mitarbeiter über 50 Jahren in der ITK-Branche auf 40 Prozent gestiegen sein, so die IG Metall. Trotzdem reagieren die meisten Unternehmen nur schleppend auf diesen demografischen Wandel. Noch immer werden ältere Mitarbeiter lieber mit einem mehr oder minder goldenen Handschlag verabschiedet, als dass sich die Unternehmen Gedanken darüber machen, wie sie ihre alternden Belegschaften fit halten – fachlich und gesundheitlich. Auch der Branchenverband Bitkom hat auf dem letzten IT-Gipfel davor gewarnt, dass in der Praxis der Prozess des lebenslangen Lernens faktisch zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr zum Erliegen komme.

Hartmut Buck, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation beschreibt die Problematik am Beispiel der Entwickler: „Gängige Praxis in größeren Rechenzentren ist es, die Entwickler ab einem gewissen Alter nur noch für Wartung und Pflege der Systeme einzusetzen, die sie zuvor entwickelten. Kommt die Technologieplattform dann an ihr Ende, sind die Entwickler deutlich jenseits der 40 und nicht mehr in andere Teams integrierbar.“ Denn spätestens nachdem ein, zwei neue Programmiersprachengenerationen in die IT Einzug gehalten hätten, gebe es für diese älteren Fachkräfte ohne grundlegende Weiterbildung keine Chancen mehr.

Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat das Problem erkannt. Es sieht bis 2010 eine langsame und stetige Zunahme der älteren Arbeitskräfte, ab 2010 bis 2020 erfolge dieser Generationswechsel dann jedoch sprunghaft. Bereits 2000 gab es mehr Arbeitskräfte ab 50 Jahren (9,4 Millionen) als bis zu 30 Jahren (8,6 Millionen). Ab 2020 stehen 13,2 Millionen Ältere 7,6 Millionen Jüngeren gegenüber – also etwa doppelt so viele Arbeitskräfte ab 50 Jahren als solche unter 30 Jahren. In Zusammenarbeit mit zahlreichen anderen Organisationen bietet das Ministerium als Lösungsansatz einen Werkzeugkasten für demografieorientierte Personalarbeit an.

Noch aber ist das Älterwerden der Arbeitnehmer in den meisten Unternehmen ein Thema, das weitgehend ausgespart wird. Gerade in der IT-Branche. „Es gibt ältere IT-Experten“, sagt der Arbeitswissenschaftler Hien, „die zu leugnen versuchen, dass sie älter sind.“ Aber selbst für solche Menschen komme irgendwann der Punkt, an dem sie merkten, dass es so nicht weitergehe. „Das können körperliche Defizite oder gar schwere Erkrankungen sein, aber auch schwere psychische Erkrankungen. Solche Menschen gehen dann teils noch immer zur Arbeit, aber sie sind nicht mehr leistungsfähig.“

Raimund H. ist ein Beispiel dafür – schaffte allerdings gerade noch rechtzeitig den Absprung: Seit Anfang des Jahres arbeitet er in einem mittelständischen Unternehmen als IT-Leiter. Schon in der Probezeit ging er abends um halb sieben heim. „Ich habe wieder Zeit für ein Leben nach der Arbeit“, sagt er, „davon profitiert auch mein Arbeitgeber.“

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4 Kommentare zu IT-Fachkräfte in der Krise: Ab 40 wird ausgemustert

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  • Am 5. März 2008 um 18:24 von Chris H. Schmidlin

    Problematik bekannt – Konzerne in der Verantwortung
    Wieso soll es in der IT anders sein als in anderen Industriezweigen?
    Mangelndes Verantwortungsgefühl der Manager wird sich früher oder später auch hier rächen.

    Durch Verzicht auf die Erfahrung langjähriger Mitarbeiter verschleudert die Wirtschaft jährlich Milliarden.

    Durch die Auslagerung zu Dienstleistern vor Ort oder sogar in andere Kulturkreise wird die Verschwendung noch gesteigert, da der Reibungswiderstand hoch ist.

    Persönlich finde ich die Entwicklung nicht nur bedenklich sondern auch gefährlich. Knowhow geht nicht nur verloren, sondern wird erst gar nicht mehr gebildet. Das eigene IT-Personal wird einfach verbrannt und dann weggeworfen. Ein grundlegendes Umdenken ist dringend nötig!
    Das fängt bei der Ausbildung an, sollte mit normalen/geregelten Arbeitszeiten weitergehen und für Ältere angepasste Karierepläne beinhalten.

  • Am 6. März 2008 um 0:25 von Manfred Hoffmann

    Ältere IT-Fachkräfte gehören in Projekte
    Die Diskussion um die Ausmusterung der über 40jährigen vergißt, die Rahmenbedingungen in Frage zu stellen. Das kann auch ein Grund für die Betonung der Altersfrage sein: Angst schüren unter den Mitarbeitern, damit sie nicht mehr kritisch Entscheidungen und Prozesse hinterfragen, die natürlich nicht naturbedingt passieren. In dieser Art kann Innovation auch grundsätzlich unterdrückt werden. Denn es ist zu bemerken, dass Innovationen nur wenig mit Jugend direkt zu tun haben, sondern mit Nachdenken. Und es ist manchmal so, dass Erfahrenere kürzere Wege im Nachdenken benötigen als Jüngere, die noch nicht so viel Erfahrung haben. Also ist meine Devise: cool bleiben auch als über 50 jähriger.

    • Am 6. März 2008 um 9:27 von D.K.

      AW: Ältere IT-Fachkräfte gehören in Projekte
      Es bleibt nichts anderes übrig als cool zu bleiben. Als arbeitsloser 50er gibt es kaum eine Chance auf Vermittlung. Ich habe das hinter mir und mache mich jetzt als IT-Berater selbständig. Was soll man auch anderes tun, wenn man sich nicht als so alt fühlt wie die Gesellschaft es meint.

  • Am 20. Juni 2009 um 16:46 von Henry von Steubenfels

    Die alten teuren Fachkräfte
    müssen ja irgenwann mal gegen frische Ware ausgetauscht werden, die schnell Code runterhacken. Wenn der Code dann scheisse ist läuft man zur Kanzlerin, jammert etwas von Fachkräftemangel und hofft dann auf billige, willige und braungebrannte Jungs aus Bangalore oder verlegt seine IT Abteilung gleich dahin, wie zB eine deutsche TELCO oder ein Bankhaus das macht. Eigentlich müssten die dann deutsch durch indisch ersetzen. Bleibt zu hoffen, das ein noch deutsches Bahnunternehmen sowas nicht macht, einige Züge kommen den indischen ja schon recht nah. Zum Glück sind die Jungs aus Bangalore schlau, und gehen gleich dorthin, wo ordentlich bezahlt wird. BITKOM und Co können schön bei Angie weiterjammern.

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