Streitpunkt Software-Patente: Sind Microsofts Ansprüche berechtig?

Mit der Behauptung, dass die Open-Source-Softwarebranche 235 Microsoft-Patente verletze, hat Microsoft ein kniffliges Problem ins Rampenlicht gerückt: Wie stark sollte ein Unternehmen sich hinsichtlich Patentverletzungen selbst kontrollieren?

Mit der Behauptung, Open-Source-Software verletze seine Patente, möchte Microsoft nach eigenen Angaben Open-Source-Unternehmen dazu bewegen, Lizenzvereinbarungen über geistiges Eigentum abzuschließen – ähnlich wie mit dem Linux-Anbieter Novell bereits 2006. Aber Branchenkenner sind der Meinung, dass die implizite Forderung, Unternehmen mit Open-Source-Software sollten doch bitte herausfinden, welche Microsoft-Patente sie verletzen, und entsprechende Verhandlungen mit Microsoft aufnehmen, unrealistisch sind.

Im Allgemeinen ist die Suche nach möglichen Verletzungen von Softwarepatenten nicht praktikabel, wenn man die schiere Anzahl, Vielfalt und Intransparenz von Patenten in den USA in Betracht zieht. Aber nicht nur das: Microsoft verfolgt nämlich selbst die Politik, erst einmal abzuwarten, ob Patentinhaber sich wegen möglicher Patentverletzungen melden.

Die Suche nach möglichen Patentverletzungen kann sich für ein Unternehmen sogar finanziell nachteilig auswirken. Denn im Falle einer Verurteilung wegen einer Patentverletzung ist der Schadenersatz dreimal so hoch, falls das Unternehmen von der Verletzung wusste, verglichen mit der Summe, die fällig wird, wenn die Verletzung unbekannt war.

„Die Angst vor wissentlichen Verstößen ist so groß, dass Firmen ihre Ingenieure häufig ausdrücklich anweisen, die Finger von Patenten zu lassen“, sagt Matthew Schruers, Rechtsberater einer Technologie-Lobby-Organisation namens Computer and Communications Industry Association. Wegen des Problems wissentlicher Verstöße, des Aufwands für die Suche nach Patenten sowie der Schwierigkeit, sie auch wirklich zu verstehen, „sind wir inzwischen so weit gekommen, dass die meisten Software-Anwendungsentwickler nicht mehr guten Gewissens behaupten können, sie hätten eine vollständige Suche nach Patenten durchgeführt“, so Schruers. Die CCIA zählt Microsoft zwar zu ihren Kunden, bezeichnete deren jüngsten Vorstoß in puncto Patente jedoch als „höchst bedenklich“.

Obwohl Microsoft innerhalb der letzten drei Jahre 1,4 Milliarden Dollar bezahlt hat, um die Patente von anderen Rechteinhabern zu lizenzieren, deutet das Unternehmen jetzt an, in dieser Hinsicht künftig eine eher passive Rolle einzunehmen.

„Falls ein Unternehmen der Meinung ist, wir würden dessen geistiges Eigentum nutzen, sollten sie uns ansprechen“, so Microsoft in einer Erklärung. Ob Microsoft bestimmte Parteien wie Red Hat oder Linux-Kernel-Hüter Linus Torvalds von den behaupteten Patentverletzungen informiert hat, gaben die Redmonder nicht bekannt.

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