Warum SOA nervt

Das Tragische an Standards ist jedoch, dass die Anwender sie wollen, die Hersteller aber nur, um sich neue Märkte zu erschließen. Sobald sich ein Return on Investment (ROI) abzeichnet, erwacht der Unternehmensegoismus. Das hat zur Folge, dass Standards, bei denen eine Konkurrent einen technischen Vorsprung zu haben scheint, blockiert werden – und gleichzeitig die Zahl der herstellerspezifischen „Standards“ explodiert. Heute gibt es SOA von IBM, BEA, SAP und vielen mehr. Interaktions-Spezialist Tibco bietet sich neuerdings sogar als Standardisierer der Standards an. Da ist es Gift, wenn die Analysten von Gartner melden, dass schon 2005 allein mit der SOA-Komponente Enterprise Service Bus 114,8 Millionen Dollar umgesetzt wurden und weiterhin hohe Wachstumsraten erwartet werden.

Diese Zahlen wecken nicht nur die Begehrlichkeit der Anbieter, sondern bedeuten darüber hinaus, dass sich die Industrie wieder einmal ein Konzept von den Anwenderunternehmen bezahlen lässt, bevor es ausgereift ist. Besonders auffällig ist das bei ERP-Software, die zunehmend mit Slogans wie „SOA ready“ oder „SOA inside“ angepriesen wird. Tatsächlich bedeutet das nicht viel mehr, als dass der Anbieter dabei ist, seine internen Entwicklungsprozesse zu optimieren und dafür zu sorgen, dass Innovationen künftig einfacher einzupflegen sind. Inwieweit er diese Vorteile an den Kunden weitergibt, ist fraglich.

Diese Vorteile sind natürlich eklatant. Wer möchte keine IT, die sich nach Wunsch an veränderte Geschäftsanforderungen anpasst. Doch die Erfahrung lehrt die Anwender Misstrauen bei derart weitreichenden Versprechen. Und die ersten Praxisbeispiele, mit denen derzeit die IBM auf Tour ist, zeigen deutlich, dass den Anwendern SOA als Technik herzlich schnuppe ist. Sie alle räumen ein, dass sie, als sie ihr Portal oder ihr Projekt zur Lieferschein-Automatisierung gestartet haben, nicht wussten, dass sie sich mit SOA befassen.

Unglücklicherweise haben Entwickler in der Regel kein eigenes Budget. Hier liegt der eigentliche Grund für die vielen eingangs erwähnten Kongresse. Es gilt nicht die Leute mit Sachverstand, sondern die mit dem Geldbeutel für SOA zu begeistern. Der Effekt ist, dass viele das Kürzel SOA inzwischen wie einen Stoßseufzer aussprechen.

Themenseiten: Analysen & Kommentare, IT-Business, SOA

Fanden Sie diesen Artikel nützlich?
Content Loading ...
Whitepaper

Artikel empfehlen:

Neueste Kommentare 

Noch keine Kommentare zu Warum SOA nervt

Kommentar hinzufügen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *