Yahoo! | Lars Rabbe | Innovation ist, anderen die Möglichkeit zu geben, Großartiges zu leisten

In diesem Interview aus der ZDNet Reihe "CIO-Visionen" spricht Lars Rabbe über Tools und Techniken, die die Entwicklung von Yahoo voranbringen, und wie man die Kultur der Innovation fördert.


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von Dan Farber, ZDNet

Yahoos CIO Lars Rabbe arbeitet in einem hart umkämpften, sich schnell ändernden Markt, in dem neue Ideen Auswirkungen auf Millionen Nutzer haben. Seine derzeitige Herausforderung: Innovationen rund um Web 2.0 und Social Networking. Rabbe trifft sich für ein „CIO-Visionen“-Interview mit ZDNet-Chefredakteur Dan Farber. Er spricht über Tools und Techniken, die die Entwicklung von Yahoo voranbringen, und wie man die Kultur der Innovation fördert.

Yahoo hat Pionierarbeit für das Web als Plattform für Innovationen in vielen Bereichen geleistet. Was bedeutet Innovation Ihrer Meinung nach? Wie definieren Sie sie?

Innovation ist für mich eigentlich, anderen die Möglichkeit zu geben, Großartiges zu leisten. Man möchte ein Umfeld schaffen, in dem Leute Neuerungen einführen können, das ihnen erlaubt, aus alten Mustern auszubrechen und nicht nur ihre tägliche Arbeit zu tun. Sie sollen weitergehen können, großartige Gedanken entwickeln und große Dinge schaffen, die sie dann auf den Markt bringen können, ohne Beschänkungen, und ohne dass sie bestimmte Dinge benutzen oder mit bestimmten Produkten arbeiten müssen.

Können Sie als CIO ein gutes Beispiel für eine Idee nennen, die nach nicht viel aussah, aber sich zu einem echten Hit entwickelte?

Das Unternehmen Flickr, das wir gerade gekauft haben, ist ein gutes Beispiel dafür. Es hat mit einem relativ einfachen Konzept begonnen, und es hat die Art verändert, wie die Leute Zugang zu Fotos haben und Inhalte im Internet markieren. Ich glaube, das Tagging-Konzept wird noch viel breiter eingesetzt werden und in der Zukunft viele Dinge im Internet stark verändern.

Haben Sie für Innovationen bei Yahoo oder anderen Firmen einen Empfehlungskatalog?

Ich glaube, ich habe als CIO in verschiedenen Firmen gelernt, dass man funktionierende Interaktionen zwischen IT und Technik, Forschung und so weiter benötigt. Für gewöhnlich kommt diese Interaktion nur zustande, wenn man erreicht, dass die IT-Abteilung einen guten Ruf hat, der Glaubwürdigkeit schafft. Es hängt davon ab, dass die IT-Leute großartige Produkte entwickeln und zeigen, dass sie genauso innovativ sind wie die Forschungsabteilung. Es ist mir in andern Firmen gelungen, solche IT-Gruppen zu etablieren, und ich glaube, es läuft bei Yahoo ebenso. Wenn das erreicht ist, gibt es einen gutes Hin und Her zwischen externen Produkten, interner Nutzung und so weiter.

Wir arbeiten gerade daran, unsere Produkte Yahoo-Kalender und E-Mail für drahtlose PDAs zur internen Nutzung einzuführen. Dieser Prozess beeinflusst die Entwicklung des Endverbraucherprodukts. Das ist der erste Schritt: Interaktion findet statt, und wir helfen dabei, das neue Produkt zu entwickeln. Wir helfen so auch, die Richtung dieses Produkts zu beeinflussen.

Einer der Innovationsbereiche ist ja das Organisationsmanagement. Yahoo ist auf viele Standorte verteilt. Fallen Innovationen je nach Standort unterschiedlich aus?

Ich glaube eher, dass Präsenz an vielen Standorten zusätzliche Ideen hervorbringt. Wir haben schon viele Ideen kommen sehen, von denen wir dachten, dass sie auf unserem Markt nicht anwendbar sind – und dann sehen wir, wie sie in anderen Märkten aufblühen.
Ein Beispiel: Wir haben kürzlich Yahoo Answers eingeführt, das ursprünglich im Fernen Osten entwickelt wurde und dort extremen Erfolg hatte. Es war ursprünglich vom Team in Taiwan entwickelt worden. Sie haben an verschiedenen Aspekten gearbeitet und es richtig zum Laufen gebracht. Wir haben es anschließend auf den US-Markt zugeschnitten und auch weitgehend international aufgelegt. Das wäre nicht passiert, wenn es nicht den taiwanesischen Markt gäbe, wo das Produkt erfolgreich eingeführt werden konnte.

Es gibt noch viele Beispiele, in denen ein Produkt auf einem Markt geboren wird, durch besondere Bedingungen sehr erfolgreich läuft, und wir diese Erfahrungen auf andere Märkte übertragen können.

Welche Risiken können aus Innovationen entstehen? Wenn man ständig neue Produkte herausbringt, neue Produkte testet, ist da nicht irgendwann das Risiko groß, zu viele Dinge draußen zu haben, zu unorganisiert zu werden und zwar Innovationskultur zu pflegen, die aber nicht mehr unter Kontrolle ist?

Dieses Risiko besteht. Wir versuchen dies sind so gut wie möglich in der Waage zu halten. Wie gesagt, einer der Hinderungsgründe für Innovationen sind zu viele Regeln und Beschränkungen. Es muss sie schon geben, nur in moderater Form. Man braucht Standards, so wie AJAX gerade zum internen Standard für Anwendungen wird. Wir versuchen, Standards zu schaffen. Es besteht ein großes Risiko, dass eine Integration unmöglich ist, wenn jeder tut, was er möchte.

Einer unserer größten Werte ist die Möglichkeit, alle Produkte allen registrierten Yahoo-Nutzern anzubieten – und all jenen, die jeden Monat dazukommen. Wenn das nicht geht, war die Innovation umsonst. Wir müssen also gute Ideen aufgreifen und zusammenbringen. Wir müssen sicherstellen, dass sie sich einfügen. Wir müssen neue Technologien in das Umfeld einfließen lassen, ihnen zum Durchbruch verhelfen und sie auf bestehende Produkte anwenden.

Und welche Formen von Kommunikation haben Sie zur Verfügung, um Innovationen zu steuern? Schließlich geht es um Kommunikation – Ideen austauschen, Teams zusammenbringen, Ideen in kleinen Teams verwirklichen. Blogs und Wikis?

Ja, alles das. Ich persönlich glaube, dass großartige Ideen selten aus nur einer ursprünglichen Idee kommen. Man muss Ideen zum Leben zu erwecken und gestalten, damit auch andere Leute die ursprüngliche Idee verstehen, sie verbessern und umsetzen. Die der ursprünglichen Idee folgenden Interaktionen sind unglaublich wichtig.

Eine der größten verbleibenden Herausforderungen für CIOs ist, unstrukturierte Informationen zu organisieren und abzurufen. Wir haben bei der Strukturierung von Informationen in Datenbanken und beim Abrufen von Daten gute Arbeit geleistet. Wir können Petabytes von Informationen in unseren Datenbanken haben und abrufen, was aber noch nicht heißt, dass wir das Problem der unstrukturierten Information gelöst haben. Es gibt viele Content-Management-Systeme und genauso viele für die Dokumentenverwaltung. Sie ermöglichen aber keine Einstufung der Qualität und direkte Suche dessen, was man gerade braucht. Ich glaube, die Tools, die wir für Social Network in Web 2.0 entwickeln, werden das Problem firmenweit lösen.

Ein anderer Aspekt von Yahoo ist die Ausrichtung auf die Kommunikation zwischen Menschen und nicht allein auf die Internet-Suche. Damit definiert ja sein Erfinder, Tim Berners-Lee, das Web. Welche Hindernisse müssen Innovationen beim Aufbau eines so genannten Social Network überwinden?

Was meist als „Missbrauch“ bezeichnet wird, dürfte das größte Problem sein: Wie stellt man eine möglichst hochwertige Interaktion sicher? Das gesamte Konzept des Social Networking bedeutet, eine Reihe von Dingen zusammenzubringen. Zum Beispiel Suche nach Kontakten, soziale Kommunikation, die Möglichkeit zu bewerten und Informationen mit anderen auszutauschen. Konzepte für Ratings, Renommee, Kommunikation, Suche, alles muss ineinander greifen. Web 2.0 bedeutet für viele Leute wirklich die Möglichkeit, Inhalte selbst zu erstellen. Das soziale Netz ermöglicht es erst, nach Qualität zu unterscheiden und den richtigen Inhalt zu finden. Also den für den Einzelnen relevanten, hochwertigen Inhalt.

Es gibt ja große Unterschiede beim Informationszugriff. Bei CNET und Yahoo zum Beispiel kennt man sowohl den Ersteller als auch die Qualität. Nun muss man dafür sorgen, dass alles in diesem Web mit zehn Millionen Produzenten den gleichen Qualitätsmaßstäben unterliegt. Das ist die große Herausforderung.

Wir arbeiten an verschiedenen Produkten. Einige beginnen ineinander zu greifen und das Konzept eines Social Network zu integrieren. Wenn man Informationen findet, bekommt man auch Renommee des Autors, die Ratings und die Zugehörigkeit zur Community. Man weiß, was genau man gerade liest.

Welche Tools und Technologien ermöglichen es Ihnen, im Tagesgeschäft innovativ zu sein – auch in Anbetracht des Tempos, in dem Innovationen heutzutage nötig sind? Die Anwender sind ja im Grunde Ihre Alpha- und Beta-Tester. Dennoch, die Produkte müssen fast schon täglich geändert werden.

Das ist wieder die Frage, was Innovation eigentlich ist. Einige Elemente haben wir noch nicht angesprochen. Zum Beispiel die ständigen Einflüsse von außen. Wir sprechen viel mit VCs, wir sprechen mit Personen, die eine Firma gründen wollen. Wir sprechen mit Firmengründern, und bekanntlich haben wir viele Firmen aufgekauft. Darunter sind Unternehmen wie Flickr und del.icio.us. Wir integrieren diese Angebote in unsere existierende Palette. Wir nehmen diese Grundkonzepte und machen sie den Abermillionen von Yahoo-Nutzern zugänglich. Das erweitert das Konzept um neue Elemente. Die Innovation besteht darin, dass wir nur nur externe Elemente mit unseren eigenen Entwicklungen verknüpfen.

Ein weiteres Beispiel ist die neue Version unseres Mailsystems, das AJAX und DHTML nutzt, also sehr interaktiv ist. Der größte Teil der Client-Technologie stammt von einem übernommenen Unternehmen. Wir haben das auf sehr breiter Basis übernommen. AJAX ist schnell zu einem Standard für viele Projekte geworden. Der Durchbruch, der durch die Akquisition kam, wird innerhalb des Unternehmens weiter genutzt. Die Möglichkeit, solche Dinge in das Umfeld auszustreuen, fördert die Innovation innerhalb der Gesellschaft ungemein.

Eine letzte Frage: Von wo, glauben Sie, werden die nächsten großen Innovationen kommen? Aus welchen Technologiebereichen? Aus Geschäftsprozessen oder aus dem Organisationsmanagement?

Ich glaube, viel Innovation wird aus den angesprochenen Bereichen Web 2.0 und soziale Netze kommen. Da stehen wir noch ganz am Anfang. Wichtig ist es, Inhalte nützlich zu machen, weil viele nicht so nützliche Inhalte erstellt werden. Man muss den Nutzen ermitteln können und bei der Suche die Qualität mit einfließen lassen. Da werden sich noch viele Dinge ändern.

Ich denke auch, dass die Technologie weiterhin auf vielen Ebenen eine große Hilfe sein wird. Über Datenbanktechnologien haben wir gesprochen, auch Herstellungstechnologie gehört dazu. Ich hoffe, dass die Speichertechnologie sich weiterentwickelt und wir irgendwann nicht mehr auf Backup-Bänder angewiesen sind. Das sind absolute Notwendigkeiten. Die Technologie entwickelt sich in diese Richtung. Wir brauchen nur noch eine Firma, die ein Produkt mit Zugkraft entwickelt, das für uns wertvoll wird.

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